22.11.2008

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»Frau Raabe, schön sie endlich mal wieder zu sehen.«
>> Das kann ich leider nicht von Ihnen behaupten.«
»Ich weiß Ihre Ehrlichkeit zu schätzen.. bitte, setzten sie sich doch. Etienne dir macht es doch hoffentlich nichts aus zu stehen. Ich habe mein Büro gerade Renovieren lassen, deswegen mangelt es zurzeit an Möbeln.«
»Alles in bester Ordnung, Herr Rohan.«
»Etienne...«
»Ist schon gut Frau Raabe. Die Jugend von Heute trotzt ja nur so von Sarkasmus.. Also. Kommen wir zum wesentlichen. Wie Sie wissen neigt ihr Sohn leider dazu Lehrer, und sowohl auch Schüler, permanent anzulügen nur um sich geschickt aus so manchen Situationen, dazu gehören auch wichtige Schularbeiten, zu drücken.«
»Tut mir leid Herr Rohan, aber ich wüsste nicht weshalb es so wichtig war mich deswegen hier her zu bestellen. Ich meine, Lügengeschichten?  Ich bitte sie, jeder Lügt doch mal hie und da.«
»Naja, zu Anfang habe ich das auch gedacht, doch aufgrund der hohen Maße und der.. Sagen wir mal blühenden Phantasie der Geschichten, wäre es wohl für alle Beteiligten das beste, dass sie, und vielleicht auch ein Therapeut darüber in Kenntnis gesetzt werden..«
»Ich verstehe nicht..«
»Ihr Sohn hatte letzte Woche behauptet, er könne die Grammatikarbeit nicht mitschreiben, weil er zu abgelenkt wäre. Auf die frage hin was ihn denn so ablenke, erzählte er, das seine Mutter letzte Nacht brutal ermordet wurde. Und wenn das schon nicht genug war, beschrieb er die Ermordung so Haargenau detailliert, das man meinen könnte er hätte einen solchen Mord selbst durchgeführt..«                                  
»Oh bitte, seien sie doch nicht so melodramatisch <<
>>Etienne!<<
»Nein Mama! Er lässt mich da stehen wie nen' bekloppten! Haben sie schon mal was von realistischen Videospielen gehört? .. Mama jetzt fang doch nicht an zu weinen, das waren doch nur irgendwelche erfundenen Geschichten<<
»Etienne, du hast meinen Tod vorgetäuscht! Und dann auch noch auf so eine Perverse Weise! Du verstehst nicht wie schwer es ist, für ein alleinerziehendes Elternteil das mit ihren Beiden Söhnen gerade noch so über die Runden kommt? Etienne, du hast mich zutiefst enttäuscht.«                                                                                                            

Als sich nach einer dreimonatigen Therapie immer noch nichts gebessert - Sondern verschlimmert- hat, sieht Frau Raabe keinen anderen Ausweg mehr, als Etienne in Empfehlung von Dr.Kerstin-Hoffman an ein Internat für schwer Erziehbare Kinder anzumelden.                  

Oder wie Etienne gern sagte: sie schob ihn ab.

»Vergiss es!« Schrie dieser am Abend seiner Abreise. » Du kannst mich nicht einfach abschieben, wie willst du das überhaupt bezahlen? « Immer und immer wieder versuchte Etienne diese Karte auszuspielen, doch seine Mutter ging nicht darauf ein.
Er war doch erst Zwölf Jahre alt! Doch nach wie vor blieb seine Mutter Stur. Jetzt weiß Etienne wenigstens, von wem er das hatte. Er folgte seiner Mutter in die Küche, wo er ohne zu zögern weiter drauf losschrie. »Und was willst du überhaupt Leo erzählen? Er wird ganz sicher nicht aufhören zu weinen wenn ich morgen früh nicht mehr da bin.« Etienne zuckt zusammen, als seine Mutter aus versehen eine Vase umkippt.
Stille. Etiennes Mutter legte ein Tuch über die Scherben, mit dem Vorsatz es später weg zu räumen.
>>Gleich kommt dein Taxi,<< sagt sie ruhig, doch Etienne kann das Zittern in ihrer Stimme trotzdem hören. Erst jetzt bemerkt er, dass seine Mutter abgenommen hat, seitdem die ganzen Probleme angefangen haben.
>>He, Mama warte. Ich gehe das auf<<
In dem Moment begriff Etienne, dass seine Mutter wegen ihm litt.
Einer ihrer zwei einzigen Söhne muss für eine längere Zeit weg, keiner kann mehr Nachmittags auf Leo aufpassen wenn sie arbeitet.
Die anderen Eltern gucken sie komisch an, als wäre sie eine schlechte Mutter.
Wie konnten sie es wagen, einfach so über seine Mutter zu urteilen?
Etienne würde sauer während er darüber nachdachte.
Und er würde sauer als er darüber nachdachte, dass er sie nicht mehr beschützen könnte wenn er weg wäre.
Sie wird ganz allein sein.
Als das, was von der Vase übrig blieb im müll landete, setzen sie sich in der Küche an den Esstisch.
Leo, Etiennes kleiner Bruder kam dazu, und so sassen sie schweigend da. Etienne nahm die Hand seiner Mutter und legte sie in seine, das gleiche tat er mit Leos Hand.
In diesem Moment brach die Stille, und Etienne und seine Mutter brachen in Tränen aus.
Sie nahmen sich in die Arme und schluchzten verzweifelt in die Schulter des anderen.
Sauer und traurig über das Gefühl, unfairer behandelt zu werden als alle anderen. Alle, bei denen alles so reibungslos und einfach lief.
Familien in denen die Eltern noch zusammen, und die Kinder psychisch nicht instabil waren.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 20, 2020 ⏰

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