Der wilde Kerl aus dem Altenheim

20 0 0
                                    


Es dauerte eine Weile, bis sie Juli und Joschka fand. Die beiden waren nach ihrer Erkundungstour auf eine Frau gestoßen, die sich mit drei Obstkisten gleichzeitig herum schlug. „Hey Burschen, ihr schaut kräftig aus, könnt ihr mir vielleicht tragen helfen? Ich bezahl euch auch, wie wär's mit Apfelschorle und Kuchen?", meinte sie und die Jungs stimmten dem Vorschlag zu.


Einige Zeit und sämtliche Obstkisten später, saßen sie mit ihrem Lohn in der Mensa. Frau Reik kam genau in dem Moment dazu, als die Schulköchin das benutzte Geschirr abräumte. „Wie viel schulde ich ihnen?", fragte Frau Reik aber die Mensafrau winkte ab. „Des ham se sich redlich verdient, de beden waren so freundlich mir zu helfm."

Bei den Fahrrädern erklärte Frau Reik, ihren Söhnen, dass sie noch beim Helledorfer Altenheim vorbei fahren wollte um jemanden zu besuchen. Die Jungs beschwerten sich zwar lautstark, fuhren aber dann doch mit.

Das Altenheim auf der Heide war nicht weit vom Internat entfernt. Es war ein Fachwerkhaus direkt am Waldsee. An der Rezeption fragte Frau Reik nach Herrn von Weinberg und die Empfangsdame nannte die Zimmernummer. Dort klopfte sie an die Tür, und als sich niemand meldete, steckte sie den Kopf hindurch.

Das Zimmer sah so aus, als hätte es der Bewohner gerade eben verlassen. Das Bett war gemacht, auf dem Nachttisch stand eine angebrochene Flasche Wasser und ein Glas und in den Regalen sammelten sich Fotos und Erinnerungsstücke.

Frau Reik hatte gerade die Tür wieder geschlossen, als ein alter Herr im Rollstuhl angefahren kam. „Guten Tag", begrüßte er sie, „sie müssen wohl die Reiks sein, kommen sie doch herein. Dorothea hat mir gesagt, dass ihr vielleicht vorbei kommt."

Das erste was Juli auffiel waren die vielen Bilder im Regal. Neugierig betrachtete er sie und stieß dabei auf das Bild einer Fußballmannschaft. „Tolles Bild", meinte der Mann, „das waren noch wilde Zeiten. Wir waren damals die erste Jugendmannschaft in der Gegend. Georg hatte von seinem Onkel aus London zum elften Geburtstag einen Fußball geschenkt bekommen.

Der Gute wusste nicht, was er mit dem runden Leder anfangen sollte. Erst Karl, der immer ein sehr schlauer Kerl war erklärte ihm den damals noch relativ unbekannten Sport. Seit dem waren Georg, seine Cousins August und Berthold, Karl, mein Bruder Anton, ich und der Ball unzertrennlich."

Herr von Weinberg betrachtete Juli und Joschka eindringlich. „Ihr erinnert mich an meinen Bruder und mich, als wir noch Jung und unvoreingenommen waren. Ihr seid so wild wie wir damals, das spüre ich. Wer von euch ist Juli?" „Ich!", meldete sich Juli zu Wort und der Alte sah ihn nun genauer an."

Diese Mütze, schau mal auf dem Bild wo du so eine findest.", bat der Graf und Juli betrachtete das Foto eingehend. Ganz links in der Reihe stand ein Junge, der genau so eine Schiebermütze auf hatte, wie er selbst. „Da ganz links.", sagte der Huckleberry Fort Knox und zeigte auf die Stelle. „Das bin ich", sagte Herr von Weinberg, „nur die Mütze habe ich Jahre später verloren und nie wieder gefunden."

Juli fasste sich an die Schiebermütze, als er sagte: „Diese Mütze habe ich mit sechs Jahren im Wald gefunden." „Und natürlich musstest du sie aufheben.", ergänzte der Graf und Juli nickte zustimmend. „Sie hatte etwas an sich, etwas Wildes." „Und nun zu ihnen Frau Reik, wie ich der Schulleiterin bereits telefonisch mitgeteilt habe, würde ich gerne Julis Schulgeld bezahlen. Als Gegenleistung kommt er mich einmal die Woche besuchen und leistet mir ein wenig Gesellschaft.

Leider habe ich weder Kinder noch Enkelkinder, also mit wem sollte ich mein Wissen teilen, wenn nicht mit diesem wilden Kerl?", wandte sich der alte Herr an die Mutter der Jungs. „Wenn mein Sohn und sie damit einverstanden sind, nehme ich ihr Angebot gerne an.", meinte Frau Reik und warf ihrem Sohn einen fragenden Blick zu. „Ich bin einverstanden.", antwortete Juli selbstsicher. „Jetzt muss ich nur nochmal zum Internat um Frau Eisenhammer-Kosslovski die Entscheidung mitzuteilen." „Das geht doch viel schneller.", meinte Herr von Weinberg, griff nach dem Telefon und wählte die Nummer der Schule.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 22, 2016 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Einmal wilder Kerl immer wilder KerlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt