1st Sleep

19 1 0
                                    

Das beste für mich ist und bleibt das Faulenzen und dösen.
Ich meine, welcher Idiot arbeitet denn schon freiwillig unter der prallen Sonne von morgens bis abends?

Ja gut, es gibt immer noch (oder um es besser auszudrücken), gab schon immer solche Workaholics, die ohne ihre tägliche Spritze Knochenarbeit keine Stunde still sitzen können.

Oder aber gibt es noch solche, die Arbeiten müssen, da sie weder das Recht besitzen noch in der Situation sind, dies zu verweigern.

Und was mit mir ist?
Nun, ich lebe ein recht gemütliches Leben in einem kleinen Dorf nahe der Küste.

Etwas weiter südwestlich findet man den Tempel Poseidons, auch wenn ich gestehen muss, dass ich noch nie so wirklich zu den Göttern gebetet habe.

»Linos! Bewege deinen faulen allerwertesten hier her und hilf mir bei der Ernte!«

Uuund da haben wir's.
Ich bewege mich zwar ungern, aber das bedeutet dennoch nicht, dass man mich in Ruhe dösen lässt.

Seufzend streckte ich mich und quälte mich schweren Herzens aus meiner einigermaßen bequemen Hängematte.

Schlurfend und etwas Schlaftrunken begab ich mich nach draußen, wo die Sonne unbarmherzig auf einen hinab schien, wobei ich mich wieder ganz schnell ins Land der Träume wünschte.

»Mach mal schneller, sonst gibt's für dich kein Abendessen!«

Wie grausam.

Wobei, ich könnte die Zeit auch mit schlafen überbrücken und hätte für den nächsten Tag dann auch eine gute Ausrede, um mich voll und ganz meiner inneren und äußeren Ruhe zu widmen.

Jetzt hatte ich jedoch andere Sorgen.
Die etwas mollige Person, welche anscheinend nicht auf die Zunge gefallen war, bedachte mich mit so einem tödlichen Blick, dass selbst die Gorgonen neidisch gewesen wären.

»Da bist du Faulpelz ja endlich! Los, nimm dir einen Korb und sammel die Oliven ganz oben. Sei wenigstens für irgendetwas gut.«

Diese Sklaventreiberin heißt übrigens Kore.
Sie hat mich als Säugling auf der Straße aufgegriffen und sich seitdem um mich gekümmert wie um ihr eigenes Fleisch und Blut.
Als alleinlebende Witwe war es ihr wohl ziemlich langweilig, so ganz ohne einen Hosenscheißer.

Mittlerweile bin ich schon achtzehn und verdanke ihr wirklich viel, aber ich kann mich mit dem Gedanken an Arbeit einfach nicht anfreunden.

Aber was manchmal sein muss, muss eben sein.

Ich krallte mir also einen Korb und kletterte den Baum hinauf um an die höchstgelegenen Oliven zu kommen.

Trotz meiner ständig präsenten Trägheit, war ich dennoch gut in sportlicheren Angelegenheiten wie klettern und laufen.

Nun, solange es bei Bäumen blieb, konnte ich damit leben.

»Sobald du fertig bist, geh bitte ins Dorf und tausch die Oliven gegen Brot und Milch ein.«

Ohne etwas weiteres zu sagen, verschwand sie schließlich im Häuschen und ließ mich mit noch mehr Arbeit zurück, welche soziale Kompetenzen benötigte.

Ich sprach nur ungern mit anderen, weshalb ich mich immer taubstumm stellte bei dem seltenen Fall, dass Kore mal Besuch hat.
Oder ich schlafe einfach auf dem Dach, auch eine altbewährte Möglichkeiten zum ausweichen von möglichen Interaktionen mit Menschen.

So wie die Situation jedoch jetzt für mich aussah, hängt unser Abendessen wohl von mir ab, so unangenehm es mir auch war.

Ich musste mich wohl oder übel . . . anderen Menschen stellen.

Ein seufzen entfloh meinen Lippen, als mich diese unangenehme Erkenntnis traf.

Aber wenn es sein muss, dann bringe ich es am besten so schnell wie möglich hinter mich.

Jetzt war ich also auf dem Weg ins Dorf, um dort den Korb voller Oliven gegen etwas essbares zu tauschen.

Um ehrlich zu sein, mochte ich Oliven nicht wirklich.
Ja klar, man konnte sie sowohl essen als auch ihr Öl dazu benutzen, um Feuer länger brennen zu lassen, aber ich mochte süßes schon immer mehr, auch wenn Süßspeisen wirklich schwer zu bekommen waren, wenn man nicht gerade wohlhabend war.

Mit etwas Glück aber ergatterte man süßes Obst von irgendwelchen ziehenden Händlern, aber das war's auch schon.

Während ich so durch das Dorf schritt, begrüßten mich die einen oder anderen entweder aus Höflichkeit, oder einfach weil sie freundliche Leute waren.

Ich fühlte mich sogar beinahe schlecht, dass ich ihnen nur knapp zu nickte, aber ich war noch nie gut im lächeln gewesen, was mich ein wenig beruhigte.

Ja stimmt, ich hatte es ein paar mal probiert, bin aber letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass mir das zu anstrengend ist.

Außerdem sah ich dabei, mit diesen tiefen Augenringen unter meinen blauen, matten Augen, alles andere als nett und charmant aus.

Genauer ausgedrückt bin ich die Art von Person, von welcher Mütter ihren kleinen Kindern erzählten, um ihnen einen Schrecken einzujagen.

Und wisst ihr was?
Es kümmert mich einen Hehl, was andere über mich erzählen.
Zumindest teilweise.
Liegt größtenteils auch daran, dass ich zu faul bin, um etwas dagegen zu unternehmen.

»Linos mein Junge, wie selten, das ich dich hier sehe.«

Der alte Mann schenkte mir ein freundliches lächeln, was ich mit einem nicken erwiderte.

»Du weißt, ich freue mich immer, dich hier zu sehen.«

Heron erhaschte einen kurzen Blick auf meinen Korb, bevor er mir den Rücken zudrehte und in einer alten Kiste wühlte, aus welcher er eine Flasche Milch und ein gesundes, ganzes Brot hervor holte.

»Hier, für deine ehrliche Arbeit.«

Während ich ihm den Korb neben seiner Kiste abstellte, hatte er die Ware in ein Tuch gewickelt und reichte mir diese nun.

»Danke dir, Onkel.«

Brachte ich schließlich hervor, wobei ich nicht versuchte, auch nur ein leichtes Lächeln zu zeigen.

Ich hatte das ehrlich gemeint und er wusste es auch so, ohne, dass ich dies äußerlich zeigen musste.

»Richte dem Fräulein Kore schöne Grüße von mir aus.«

Nach einem weiteren nicken und der Ware im Gepäck machte ich mich auch schon wieder auf den Weg zurück zum Haus, was die größte Zeit meines Lebens mein Zuhause war.

Dies war einfacher als Gedacht, wenn ich ehrlich sein soll.
Keine weitere Zwischenfälle, dabei war ich mir fast schon sicher, dass-

»Lino-ho-hos!«

Wenn man vom Teufel spricht.

Ein Mädchen, ungefähr in meinem Alter, rannte vom weiten mit den Armen wedelnd auf mich zu.

Ich sehe schon, dieser kleine Abstecher hier her straft mich mal wieder mehr, als wenn Kore mir das letzte Stück Brot vom Teller stibitzt hatte, weil sie sich über meinen Schlafrythmus aufregt.

Sloth (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt