Kapitel 2

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Als ich Caty fragte, was wir die erste Stunde haben, sagte sie mit einem hasserfüllten Gesichtsausdruck: "Englisch". Warum sie wohl Englisch nicht mochte? Ich konnte Englisch gut leiden. Vor allem Großbritannien liebte ich. Einmal versprach Pierre, er würde mich dorthin zu einer seiner Missionen mitnehmen. Darauf freute ich mich schon mein ganzes Leben lang und stellte mir vor, wie die Menschen dort wohl waren. Ich wollte die Queen treffen und ihr sagen, wie sehr ich sie verehrte. Sie war ziemlich alt, aber so eine Absicht wie sterben hatte sie nicht. Wann sie wohl fortgehen würde?

 Als wir vor der Klasse waren, war die Professorin schon da. Sie war kleiner als ich und sah ziemlich jung aus. Sie hatte grüne Augen und ihre braunen Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. Diese Frau konnte sich anziehen - das sah man bei ihrem ersten Anblick an. Für eine Lehrerin war sie zu hübsch, fand ich. Mit einer engen schwarzen Hose - darunter rote Stöckelschuhe - mit einem weißen T-Shirt unter ihrer roten Lederjacke sah sie eigentlich ziemlich schick aus. Ob sie einen Freund hatte? Als ich mich der Klasse wandte, bemerkte ich, dass die Schüler wenig waren, so in etwa 17. Das erklärte auch, warum das Zimmer so klein war - wie ein Gefängnis. Wie eine Kammer, wo man ein kleines Mädchen eine halbe Ewigkeit vor der ganzen Menschheit versteckte. Wo man ihr nichts als Schaden zufügte und sie wie ein Monster behandelte. So ein Mädchen wie mich. Diese schrecklichen Erinnerungen wollte ich endlich vergessen. Jedes Mal erlebte ich den gleichen Schmerz erneut. Diesen unbeschreiblichen Schmerz, der mich folterte, der mein Herz in tausend Stücke zerriss. Die Unruhe der Schüler brachte mich wieder in die Realität und ich schaute mich mit einem leeren Blick weiter um. Es gab eine Tafel und zwei Fenster und eigentlich sah es fast gemütlich aus, wenn man die alten Sessel ignorierte. "So. Bitte mal alle zu hören!", wendete sich die Lehrerin der Klasse zu und schon hielten alle den Atem. Ich hatte schon Angst, dass man meinen Herzschlag und den Schmerz, den ich im Moment fühlte, hören würde. "Diese junge Dame ist eure neue Mitschülerin. Stell dich doch bitte vor“, sagte sie zu mir.­ Sie wollte, dass ich mich vorstelle? Was sollte ich nur tun? Ich vertraute keinem hier und würde es wahrscheinlich auch nie wirklich tun. Seine Wörter hallten in meinem Kopf. 'Vertraue niemandem. Nicht einmal uns'. Die Lehrerin schaute mich mit einem erwartungsvollem Blick an und ich sie. Diese Situation war für mich sehr unangenehm und ich wollte so schnell wie möglich weg von hier. "Stelle dich doch bitte vor", wiederholte sie. Doch ich schüttelte nur mit dem Kopf. Ich wollte nichts mit diesen Menschen zu tun haben. Diese bösen Menschen, die mich bestimmt auch hassten. Mir reichten schon Damien und Pierre. Zwei wahre Engel. Meine Schutzengel. "Eh, Frau Perla, sie ist sehr schüchtern. Könnten wir's lassen? Wer sie kennen lernen will, dann kann diese Person ja zu ihr", platzte es aus Caty heraus. Die Professorin sah sie direkt an. Sie wirkte sehr streng und erinnerte mich an Sherry. Nachdem Frau Perla mir einen Blick geworfen hatte, nickte sie zu und ich setzte mich neben Caty auf den leeren Platz. "Da sitzt eigentlich Jenny, aber ist doch egal", flüsterte sie. Die Professorin redete mindestens 15 Minuten und alle hörten ihr wie hypnotisiert zu. Alle Augen waren fixiert auf die Lippen von Frau Perla. Ich schaute mich noch einmal um und entdeckte dabei einen Jungen. Er hatte ein kariertes rotes Hemd und eine hellbraune Hose an. Mit seinen dunkelbraunen Locken sah er ziemlich süß aus. Mit der Nerd-Brille ähnelte er einer kleinen Maus. Er beobachtete die Lehrerin ohne mit den Wimpern zu zucken, als ob ihre Wörter ihn verzauberten. Als ob er verknallt war. Eine Reihe hinter ihm saß ein Mädchen mit schwarzem Haar. Ihr Make-Up war ein bisschen verschmiert - ob es wegen der Hitze war oder weil sie Tränen vergossen hatte, man sah es ihr nicht an. Die wiederum beobachtete den Jungen. Was stimmte bloß mit dieser Welt nicht? Das arme Mädchen. Wie blind sie war und mit einer Hoffnung den Jungen ihres Lebens anschaute und darauf wartete, dass er den ersten Schritt machte - den ersten Schritt, was er nie machen würde, denn er hatte nur Augen für die Ältere. Ich hoffte nur, er würde sie eines Tages wahrnehmen. Nach einer gewissen Zeit bekamen wir ein paar Arbeitszettel, die ich als erste abgegeben hatte. Die Beispiele waren leicht und ich kannte mich eben aus. Nachdem mein Englisch Lehrer Damien gewesen war, war es doch normal oder nicht? Als alle weg waren, rief Frau Perla mich zu ihr. Sie sammelte die Arbeiten vom Tisch und nahm ihre schwarze Handtasche auf ihre Schulter. "Für Ihr Aussehen waren Sie ziemlich schüchtern, Fräulein Carter. Ich wollte mit Ihnen unter vier Augen reden." Was wollte sie mir mit diesen Wörtern sagen? Ob das auf dieser Welt krieg hieß? Sollte ich sie jetzt schlagen? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, da mir diese Situation äußerst fremd war. Pierre wollte mit mir nie 'unter vier Augen' sprechen - außer sie meinte einen Kampf, welches ich schon hunderte Male mit Pierre hinter mir hatte. Ich kam zu dem Schluss zu schweigen. Nachdem sie mich Sekunden lang - welche eine halbe Ewigkeit gedauert hatten - angeglotzt hatte, unterbrach sie die Stille. "Ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Eltern sehen will. Wann haben sie Zeit? Ihre Eltern, meine ich." …

Sry, dass wir es so spät gepostet haben, aber immerhin haben wir´s veröffentlicht und das zählt. Ist leider ein kurzes Kapitel, dennoch hoffen wir, dass es euch gefällt . :D

-C. & Z. ♥

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