Kapitel 6

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Abigail kam auf uns zu und ich hatte es mit der Angst zu tun. Ich wusste nicht, was sie jetzt vor hatte und wollte es mir auch bei weitem nicht vorstellen. In dem Moment schaltete ich alles aus. Es gab nur noch die machtbesessene Queen Abigail und mich - der kleine Niemand. Abigail war zu allem in der Lage, wenn ihr Wille es so wollte. Die Panik stieg in mir hoch und ich hätte mich am liebsten unter dem Auto von Noah versteckt. Sie kam bei uns an und man konnte deutlich den verärgerten Blick auf ihrem Gesicht sehen, während ihre Augen hin und her zwischen Noah und mir schwankte. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt jedes Mal, wenn Abigail mich ansah, schon dreifach gestorben. Ich rechnete damit, dass sie auf mich los gehen würde, dass sie mich vor der Schule mal wieder fertig machen würde, aber sowas kam nicht.

"Macy! Guten Morgen, Sonnenschein!" Sie lächelte mich zähneknirschend an.

Ich verstand nicht, warum sie mich so begrüßte und sah sie nur verwirrt an, bis ihr Blick zu Noah glitt und ich verstand. Sie wollte einen guten Eindruck machen, indem sie mich herzlich begrüßte und mir ein freudiges Lächeln schenkte. Nur leider konnte man ihr das nicht wirklich abnehmen. Ihre Stimme hatte den Ton von quietschender Kreide und ihr lächeln ließ sie wie eine Protagonistin eines Psychofilms erscheinen. Ich wusste nicht, wie ich auf ihre Begrüßung reagieren sollte und sah zu Noah. Er sah mich schon die ganze Zeit an, weshalb ich rot wurde und auf den Boden sah.

"Was willst du von Macy?" Die Stimme von Noah war kalt und sein Auftreten selbstbewusst.

"Ach, Noah! Dich hab ich ja gar nicht gesehen!" Sie versuchte sich an ihm ranzumachen und kicherte gekünstelt. Mir wurde schlecht.

Noah sah mich für eine Sekunde an, wandte sich dann wieder zu Abigail und sah sie ausdruckslos an. Er hatte ihre Todesblicke vorhin auch bemerkt.

"Was willst du?" Der genervte Unterton und die Tatsache, dass er sich nicht auf sie einließ, schien Abigail mehr als zu stören und ließ sie wieder auf den Boden kommen. Sie wante sich an mich und kam mir gefährlich nahe, bis ihre Lippen an meinem Ohr stoppten.

"Hör mir mal zu du Miststück! Es ist immer noch meine Schule und hier läuft es so, wie ich es will! Irgendwann wird dein kleiner Prinz nicht zu deiner Seite stehen können und wenn der Moment gekommen ist, mache ich dich so fertig, dass du heuelnd aus der Schule läufst und nicht mal dein Prince Charming dich aufhalten kann! Mach dich auf was gefasst, denn alles, was ich dir jemals angetan habe, war nur ein kleiner Vorgeschmack, im Gegensatz zu dem, was jetzt alles auf dich zukommt! Aber weißt du, was das schlimmste ist? Du wirst nichts dagegen unternehmen können. Wir wissen beide, dass du deinen armen Eltern nichts sagen wirst, weil ihre kleine, brave Tochter sie nicht mit noch mehr Problemen belästigen will, den Lehrern kannst du es auch nicht sagen, weil du keine Beweise hast und dein kleiner Prinz wird nicht 24/7 an dir kleben können."

Ich schluckte. Mein Herz schlug wie ein Schläger fest gegen eine Trommel. Mir wurde heiß. Aus meinem Gesicht verschwand jegliche Farbe. Ihre Wörter jagten mir einen Schauer ein. Die Kälte, mit der sie sprach, ließ mich bei jedem Satz zusammenzucken und das gehässige Lachen fuhr mir kalt den Rücken runter. Mein ganzer Körper zitterte. In mir war ein Tornado voller Panik, Verzweiflung und Angst. Ich hatte Angst, dass sie ihr Versprechen wahr machen würde und das schlimmste war, sie hatte recht. Ich konnte niemanden etwas sagen. Noah stand zwar nur einen halben Meter von mir entfernt, aber er konnte glaube trotzdem Buchteile raushören.

Abigail tat so, als hätte sie mir gerade nicht den Tod angekündigt und zwinkerte Noah verführerisch zu, während ich ihren Abgang nur beobachten und mich nicht bewegen konnte. Noah war immer noch neben mir und ballte seine Hände zu Fäusten. In seinem Gesicht war Wut geschrieben. Nichts anderes als Wut. Es sah so aus, als würde er sich überwinden müssen, nicht Abigail hinterher zu laufen und ihr seine Meinung zu sagen. Er hielt sich aber zurück, atmete tief durch und lockerte seinen Körper, um mich danach anzusehen.

"Mach dir keine Sorgen. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass Abigail dir weh tut. Ich werde nicht von deiner Seite weichen, auch wenn es heißt, dass ich dich von jetzt an immer noch Hause fahren werde und dich abhole." Er sah mir intensiv in die Augen und sagte das so überzeugt, dass ich nichts anderes erwidern konnte, als zu nicken.

Seine Worte beruhigten mich, aber die Angst war immer noch da. Sie war nicht mehr so groß, wie am Anfang, aber immer noch groß genug, um mir Sorgen zu bereiten. Wie Abigail es gesagt hatte, er konnte nicht 24/7 an mir kleben. Schließlich musste er irgendwann auch auf die Toilette und spätestens dann, würde Abigail auf mich los gehen.

"Komm, denk nicht mehr darüber nach. Ich bin für dich da, mach dir keine Sorgen. Gehen wir lieber in den Unterricht, sonst kommen wir noch zu spät." Er versuchte mich aufmunternd anzulächeln, aber durch die Umstände zog er dabei eher eine Grimasse.

Ich nickte und folgte ihm. Noah war den ganzen Tag nicht von meiner Seite gewichen. Im Unterricht setzte er sich immer neben mich, in der Pause aß er mit mir und fuhr mich dann nach Hause. Er hatte immer wieder versucht mich abzulenken und meistens schaffte er es auch. Ich war mir jetzt sicher, dass er eine herzensgute Person war und mich nicht bloßstellen wollte und hatte ihn auch irgendwie gern. Ich hoffte, dass wir Freunde werden würde.

"Willst du noch mit rein kommen?" Sein Auto parkte vor unserer Wohnung. Ich wurde bei meiner Frage augenblicklich rot und ich machte mich auf eine Ablehnung bereit.

"Klar, warum nicht?" Noah grinste breit und zeigte mal wieder somit seine strahlend, weißen Zähne.

Ich wusste nicht, woher ich auf einmal den Mut nahm, um ihn das zu fragen, aber er kam einfach. Mittlerweile wussten alle an der Schule über meine Lebensverhältnisse bescheid und vor Noah würde ich sie auch nicht verstecken können.

Ich nickte, stieg aus und lief nervös zu der Haustür, während Noah mir auf Schritt folgte.

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