Kapitel eins
Als die etwas größere Rikscha vor mir halt machte und der Fahrer auf mich wartete einzusteigen zögerte ich.
Ich wusste dass es kein anderes Weg gab. Das war von nun an mein Schicksal. Wohin immer es auch ging.
Noch nicht mal das wurde mir gesagt. Ich wurde einfach verschenkt. An die nächste Familie meiner Herrin. Wer wusste wo es war, wo meine Reise mich nun hinführte. Ich wusste nicht wo die Schwägerin wohnte. Ich wusste nicht welche Schwägerin es war. Sie hatte vier. Eine lebte mit dem Herr in Holland. War es dort wohin ich musste? Nach Holland? Musste ich holländisch reden? Musste ich diese Sprache nun auch lernen? Reichte mein Deutsch, Englisch, Indisch, arabisch nicht?
„Wollen sie ewig dort bleibn´ mein Junge?“
Ich schaute zu dem Rikscha Fahrer und sah ihn stumm an.
Wenn es möglich wäre, Ja. Ich würde gerne hier ewig stehen bleiben. In meinem Heimat. In Indien.
Auch wenn es bei den Patels wäre. Ich hatte keine schlimme Zeit. Meine Lage war besser als die eines anderen. Ich lebte im Palast von dem Botschafters Sohn und seiner Frau und deren sieben Kinder. Ich gehörte jedoch voll und ganz der Herrin Malekna. Ich wurde ihr geschenkt als sie neu vermählt wurde und hier ins Palast einzog. Da war sie 20 und ich 11.
Ich war ein Kind.
Und nun muss ich mein „Zuhause“ verlassen. In Fremde Orte werde ich geschickt und kann nichts dagegen tun. Rein gar nichts.
„Ein ´grad nicht sehr schöner Ort hier. 'habe mich ´mer gefragt wieso der älteste Sohn des Botschafters hier Leben würd´. Und ich habe immer noch keine Antwort dazu.“
Ich starrte den alten Fahrer an. Recht hatte er. Auch wenn dieser Ort der wohl dreckigste und kriminellste Ort in ganz Kalkutta war, war er jedoch ein Zuhause für mich gewesen. An mein Leben vor dem hier erinnerte ich mich kaum.
Ich hörte den Mann seufzen. „Jetzt wird’s langsam Zeit einzusteigen mein Sohn. Ich kann nicht auf ewig warten.“
Ich nickte einmal, kaum merklich und packte mein Koffer auf einem Sitz hinter mir und setzte mich auch hin.
„Wohin soll´s gen´?“
Ich schaute raus zu der alten Fassade des großen Gebäudes. „Taxistand.“, brachte ich raus.
Mit dem Taxi wurde ich dann direkt ins Flughafen gefahren. Es würde das erste mal sein dass ich in einem Flugzeug sitzen würde. Ich war nervös aber dennoch aufgeregt und neugierig.
Die Herrin ist oft mit dem Flugzeug gereist. Ich musste sie oft zum Flughafen begleiten. Ihre Koffer mussten ja getragen werden.
Mit dem Check in kannte ich mich auch aus. Und da saß ich nun. Wartete auf meinen Flieger. Ich wusste jetzt auch wohin es ging.
Ich war geschockt als ich erfuhr dass es nach England gehen sollte. Um genauer zu sein nach London. In die Haupstadt! Ja das wusste ich! Blöd war ich nicht geblieben! Ich war immer hin ein erwachsener Mann! … bald also...
Noch 10 Minuten.
So lange konnte ich noch warten. Ich war kein ungeduldiger Mensch. Ich war sogar sehr geduldig. Ich musste immer an der Tür stehen wenn die Herrin ihren wöchentlichen Freitags Bad nahm. Da musste ich nachdem ich ihr alles vorbereitet habe am Tür stehen und darauf achten dass ihr nichts passierte. Ich musste Fremde aufhalten die auch ins Badegemach von der Herrin wollten. Z.B die Zofen oder Handtuchmädchen oder die Kinder der Herrin. Niemand durfte rein. Nur mich ließ sie drin. Und musste automatisch an ihre Worte denken. Ihre letzten Worte an mich.