Es begann zu schneien. Das eisige Nass schwebte um mich herum zur Erde, sanft und behutsam, als würde jemand sie leise zu Bette tragen. Schon bald würde das Land wieder mit einer flauschigen Decke bedeckt sein und die Bäume weiße Bärte und Umhänge tragen. Vom Wind getragen umwirbelten die Schneeflocken mich, als würden sie zum Tanzen auffordern. Die kleinen Eiskristalle waren wunderschön und klar, die Formen so einzigartig wie flüchtig.
Es heißt manche dieser Flocken seien winzige Elfen, die einem mit ihren eisigen Lippen das Gesicht küssten, bevor sie auf der warmen Haut schmolzen. Sie tanzen mit dem Wind und zwischen den Schneeflocken, spielten Verstecken und warfen die Flocken zurück in den Himmel wenn sie auf den Boden fielen…
Und nun sah ich die Wahrheit in diesen Worten die ich immer als schönes Märchen abgetan hatte. Aus den glitzernden Kristallen bildeten sich winzige Körper, mal mit Flügeln, dann wieder ohne. In einem Moment mit langem Haar bis zur Taille, dann wieder mit kurzen stacheligen Spitzen. Die Elfen veränderten sich ständig in ihrem Spiel mit dem fallenden Schnee. Sie wechselten ihre Gestalten stetig und doch konnte man sie erkennen, sobald man wusste wonach man suchen musste.
Sie lachten, rein und glockenhell als gäbe es kein Leid und als bestünde ihre Welt nur aus dem Spiel mit den wunderschön kalten Schneeflocken. Und vielleicht war es ja auch so?
Da spürte ich eine sanfte Berührung an meinen Fingern. Eine der Winterelfen zog an mir und wedelte mir aufgeregt mit ihren kleinen Händen zu. Nun wurden auch andere der wundersamen Wesen auf mich aufmerksam und bald schon umschwirrte mich eine Schar von ihnen im Kreis, wie zu einer, für mich, unhörbaren Melodie. Einige drehten Pirouetten, andere schlugen Purzelbäume oder Räder und wieder andere hüpften auf und ab oder flogen in seltsamen Spiralen hin und her. Es hätte ein einziges Durcheinander ergeben müssen, und doch fügte sich alles als Ganze betrachtet zu einem wunderschönen Tanz zusammen. Jede Bewegung wirkte spontan, doch sie ergänzten sich so vollkommen, wie es nur durch langes Üben zustande hätte kommen können … oder durch Magie…
Die Elfe, die ihre Artgenossen auf mich aufmerksam gemacht hatte, wie ich dort einsam und allein auf dem Baumstumpf saß, zog noch einmal an meinem Finger und drehet dann eine Pirouette auf meiner Fingerkuppe. Sie schenkte mir ein Lächeln und deutete auf mich währen sie schon zur nächsten Drehung ansetzte, die sie hinauf in die Lüfte wirbelte, wo sie sich zu ihren tanzenden Schwestern gesellte.
Immer wieder deutete sie auf mich inmitten ihrer Wirbel bis ich verstand was sie mir sagen wollte, was mir ein helles Lachen entlockte. Ich sollte mit ihnen Tanzen…
Als erstes Bewegte ich nur Arme und Hände, dann stand ich auf und streckte die Beine, die vom langen Sitzen schon ganz taub geworden waren. Am Anfang bewegte ich mich nur langsam und behutsam, voller Angst meine neuen Freunde zu verscheuchen, doch mit der ersten Drehung, wie die kleine Elfe sie mir vorgemacht hatte, hörte ich es. Leise, wie von weit her, erklang der stete Rhythmus von Trommeln und klare helle Töne dazwischen. Es vermengte sich zu einem unwiderstehlichen Rhythmus der mich total mitriss und je schneller ich tanzte desto lauter wurde die Melodie. Ich lachte und weine gleichzeitig vor Glück, doch die Freudentränen gefroren mir auf den Wangen und nur wenige fielen herab. Die wenigen fingen die kleinen Elfen mit glockenhellem Lachen auf, denn auch das hörte ich, wie ich mit ihnen tanzte, berauscht von der Musik und den wuseligen Bewegungen deiner neuen Freunde, die mir jede Orientierung nahmen. Ich könnte nicht sagen wie lange wir so spielten, denn auch die Zeit hat bei den Schneeflocken keine Bedeutung, doch irgendwann hörte der Schnee auf zu fallen und mit ihm zogen auch die Elfen weiter mit ihrer Musik, die wie mir auffiel von den Schneekristallen kam die gegeneinanderstießen oder auf den Boden trafen.
Als ich wieder allein war überkam mich eine tiefe Traurigkeit, denn genau das war ich. Allein. Ich wollte mich wieder auf den Baumstumpf setzten, auf dem ich ihre kleinen Gesichter das erste Mal sah, doch dort war kein Platz mehr, denn es lag etwas darauf.
Eine Kette, so wunderschön wie diejenigen die sie mir dort als Abschiedsgeschenk hinterlassen hatten. An einer silbernen Kette hing ein Tropfen, ein gefrorener Tropfen, so klar wie das stillste Wasser. Es war eine meiner Tränen. Im inneren der Träne bewegte sich etwas. Eine Schneeflocke wirbelte darin umher als wolle sie zeigen, dass sie ebenso schön tanzen konnte wie die Elfen, die sie hierherein gelassen hatten.
Nein, es war kein Abschiedsgeschenk, das wurde mir in dem Moment klar. Es war ein Versprechen, Das Versprechen das wir uns wiedersehen würden und von diesem Moment an war ich niemehr wirklich allein…
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Schneeflockenelfen
PoetryÜber ein Märchen da wahr wird und ein Kind, das dadurch lernt was es heißt nicht allein zu sein..