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"Oh mein Gott, Ella! Es tut mir so leid!" Als ich nach der Mathestunde den Klassenraum verlasse und in den Gang trete, um dort auf Olivia zu warten, kommt erstere auch schon auf mich zu gerannt und umarmt mich theatralisch. Ich verstehe rein gar nichts.

"Ähm...", sage ich unschlüssig, immer noch von Olivias Armen eingequetscht. Zum Glück lässt sie mich los, als ich mich ein bisschen bewege. Ich kann nun ihr Gesicht sehen, das zu meiner Verwirrung wirklich Schuldgefühle erkennen lässt.

"Was tut dir leid?", frage ich dann, weil ich nicht die leiseste Ahnung habe, warum sie sich so komisch verhält. Sie atmet mit einem großen Seufzen auf.

"Ich wollte, dass du bei uns sitzt. Damit du nicht neben Stot-...ähm...Dings, Ethan sitzen musst. Aber ich habe es total vergessen. Es muss schrecklich für dich gewesen sein. Es tut mir so leid, ich werde mich sofort darum kümmern.", bricht die Antwort aus ihr heraus. Sie sieht mich fast schon verzweifelt an. Ich dagegen verstehe die Welt nicht mehr. Was redet sie da bloß?

Ich habe doch kein Problem damit, neben Ethan zu sitzen. Hat sie da irgendetwas falsch verstanden? Heute fand ich es sogar nett, neben ihm zu sitzen. Er hat mir geholfen und mich sogar angelächelt.

Irgendwas sagt mir, dass das bei ihm etwas Besonderes ist. Und ich glaube auch nicht mehr, dass er einfach nur eingebildet ist, sondern dass da ein triftiger Grund hinter seiner Sprachlosigkeit steckt. Außerdem hat es seine Vorteile. Man kann sich sehr gut neben ihm konzentrieren, zumindest, wenn man nicht herausfinden will, was sein 'Geheimnis' ist, und in Mathe scheint er auch ganz gut zu sein, was doch insgesamt nur von Vorteil ist.

Natürlich würde es mich aber auch freuen, wenn ich neben meinen neu gewonnen Freunden sitzen könnte, aber ich möchte niemanden in der letzten Reihe von seinem Platz verdrängen. Das sage ich Olivia auch.

"Ach was, mach dir da keine Sorgen, du verdrängst keinen. Das ist gar kein Problem. Nächste Stunde kannst du zu uns kommen.", hält Olivia dagegen.

"Olivia, es ist wirklich kein Problem für mich neben-"

"Nein, nein, nein. Für uns ist es aber ein Problem. Ähm, ich meine, was für Freunde wären wir denn, wenn du nicht bei uns sitzt?", lächelt sie und rammt Kaylee, die gelangweilt auf ihre Fingernägel sieht, ganz leicht einen Ellenbogen in die Seite, damit sie auch lächelt. Ich bemerke es natürlich. Aber ich merke auch, dass ich gegen Olivias Sturkopf vermutlich keine Chance habe. Ich denke mir, dass wenn ich es mir aufteile, mal bei Olivia, mal bei Ethan sitze, es schon klappen wird.

Ich nicke also zustimmend und Olivia quietscht erfreut.

"Super, das wird so cool!" Ich bin da etwas skeptisch, behalte es aber für mich und folge den beiden in die Pause.

Dort finden wir die anderen an demselben Tisch von gestern, auch Henry ist da. Ich steuere ihn an, weil er der eheste sein wird, der sich mit mir unterhält. Als er mich sieht, grinst er schon breit.

"Brissie!", ruft er und umarmt mich überschwänglich. Ich habe diesmal fast schon damit gerechnet und zwinge mich daher, seine Umarmung so locker wie möglich zu erwidern.

"Wie geht's uns heute?", fragt mich Henry. Er hat heute gute Laune.

"Gut. Mathe war ganz okay. Und du? Wieder nüchtern?", gebe ich zurück. Henry sieht mich fragend an, doch ich winke ab. Ich lasse mich auf einen der Plätze am Tisch fallen und packe mein Lunch aus. Meine Mum hat mir ein Brot mit Nutella mitgegeben. Genüsslich beiße ich ab und schließe die Augen.

"Was isst du denn da?", ertönt eine angeekelte Stimme. Kaylee sieht mich an, eine Hand grotesk auf die Seite weggestreckt.

"Nutella?", sage ich und lasse es wie eine Frage klingen. "Das kennst du?" Ich kann es mir nicht verkneifen, weil sie ein wirklich dummes Gesicht macht.

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