Nach einer kurzen Autofahrt, bei der aus Steff kaum etwas rauszuholen war, parkte Simmi den Wagen vor ihrer Tür. Auch auf dem Weg nach oben zu ihrer Wohnung sprach Stefanie nicht viel und wirkte abwesend. So langsam begann Simmi sich wirklich Sorgen zu machen, so am Boden hatte sie ihre beste Freundin noch nie erlebt. Die einzige mögliche Erklärung für ihr Verhalten wäre, dass sie für Thomas mehr empfand und es sie deshalb verletzte, ihn mit einer anderen Frau zu sehen. Schon länger vermutete die Studentin mehr zwischen Stefanie und Thomas, doch bisher gab es nie eindeutige Anzeichen dafür. Schon oft hatte sie die Blicke gesehen, mit denen die beiden sich ansahen und ihr fiel auch auf, wie Thomas Stefanie manchmal unauffällig beobachtet hatte. Wie seine Augen jedes mal leuchteten, wenn er sie ansah.
Bevor sie ihre Gedanken noch weiterführen konnte, schloss Stefanie die Wohnung auf und lief mit direktem Weg zur Couch. Schneller als Simmi gucken konnte, hatte Stefanie schon ihre Schuhe ausgezogen, ihren Lieblingsfilm angeschaltet und sich in eine riesige Kuscheldecke eingewickelt, dass man nur noch ihre Augen sah. Simmi lächelte und ging in die Küche um ihnen beiden einen Kakao zu machen. Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, saß Stefanie immer noch genau an der gleichen Stelle, jedoch liefen wieder Tränen über ihre Wangen. Vorsichtig setzte die Studentin sich neben ihre beste Freundin auf die Couch und hielt ihr eine der Tassen unter die Nase. Ein Lächeln bildet sich auf Stefanies tränenüberströmten Gesicht als ihr der Duft von Kakao in die Nase stieg.
"Das hat dir dein Papa doch früher auch immer gemacht, wenn es dir nicht so gut ging, oder? Vielleicht hilft es ja noch.", sagte Simmi leise und musste auch anfangen zu lächeln. "'Nicht so gut' ist garkein Ausdruck, aber Danke Simmi!", flüsterte Steff leise, setzte sich auf und nahm dankend die dampfende Tasse in die Hand. Als sie ausgetrunken hatten brachte Simmi die Tassen zurück in die Küche und als sie zurückkam hatte Steff auch schon die Decke ein Stückchen angehoben, damit sie sich zusammen unter die Decke kuscheln konnte.
Plötzlich vibrierte Stefanies Handy, weil sich eine SMS ankündigte. Wie auf Kommando schreckte sie hoch und als sie auf dem leuchtenden Bildschirm sah, von wem die Nachricht kam, begann ihr Herz wieder unkontrolliert schneller zu schlagen.
"Hey Steff, alles okay bei dir? Hab ich irgendetwas falsch gemacht, weil du vorhin so schnell aus dem Proberaum geflüchtet bist? Ich mach mir Sorgen melde dich bitte. Hab dich lieb, Thomas"
Ein kleines Lächeln schlich auf ihr Gesicht als sie die Nachricht von ihm las. Sie liebte es, wenn er sich um sie sorgte und immer alles versuchte, damit es ihr gut ging. Sie wusste, dass er immer da war, ihr immer zur Seite stand und trotzdem wollte sie mehr, mehr als nur Freundschaft. Wie oft hatte sie sich schon dieses 'Hab dich lieb' durchgelesen und sich gewünscht, dass stattdessen ein 'Ich liebe dich' dort stehen würde? Aber er liebte sie nicht und das musste sie akzeptieren. Bevor sie noch weiter in ihren Gedanken abdriftete, verfasste sie schnell eine Antwort, damit er sich nicht noch mehr Sorgen machte.
"Nein, alles okay. Tut mir Leid ich musste ganz schnell los weil ich was mit Simmi zu besprechen hatte. Mach dir keine Sorgen, ich hab dich auch lieb. Steff."
'Wenn er nur wüsste wie lieb ich ihn habe', dachte Stefanie traurig während sie die Nachricht abschickte und wieder begannen Tränen in ihren Augen aufzusteigen. Es war wirklich unglaublich, was er bei ihr auslösen konnte.
Ein paar Augenblicke später, leuchtete ihr Bildschirm wieder auf, was sie zum wiederholten Male zusammenzucken ließ.
"Du weißt dass du mir alles sagen kannst wenn irgendwas ist, oder? Ich bin für dich da, egal was ist. Wollen wir uns morgen früh treffen und ein bisschen an den Texten arbeiten?"
Ja, sie konnte ihm alles sagen. Über alles mit ihm reden. Nur über das nicht.
"Danke Thomas das weiß ich, aber es ist wirklich alles gut. Klar, um 11 im Proberaum?"
Sie wusste, dass er sie morgen wieder als 'Schlafmütze' bezeichnen würde, weil sie sich grundsätzlich weigerte am Wochenende früher als 10 Uhr aufzustehen. Thomas lachte immer wieder über sie, wenn er bei ihr übernachtete und sie sich morgens weigerte, aus dem Bett aufzustehen, weil es ihrer Meinung noch viel zu früh war, während er schon einige Stunden wach war. "Dann hast du wenigstens Zeit mir ein richtiges Frühstück zu machen" war jedes Mal ihre Antwort, wenn er versuchte sie zu wecken, sie aber noch weitschlafen wollte.Ihre Jungs machten sich generell oft über ihre Schlafgewohnheiten lustig, während sie sie immer wieder mit ihrer Unpünktlichkeit aufzog. Es war wirklich verrückt, wie gut die vier sich kannten und Stefanie war unendlich glücklich darüber, diese drei Chaoten an ihrer Seite zu haben.
"Ich hol dich morgen früh ab, hab ne kleine Überraschung für dich.", kam auch sogleich die Antwort von Thomas.
Sofort schlug ihr Herz schneller und die Schmetterlinge in ihrem Bauch begannen wieder herumzufliegen. Eine Überraschung? Hatte sie irgendwas vergessen? Nein, Geburtstag hatte sie erst und irgendein Jahrestag konnte es auch nicht sein. Da sie so schon ein sehr neugieriger Mensch war, der immer alles sofort wissen wollte, schrieb sie ihm schnell zurück.
"Überraschung? Für mich?"
Mit klopfendem Herzen wartete sie auf eine Antwort, die auch nach ein paar Sekunden schon kam, während nebenbei ihr Lieblingsfilm weiterlief. Doch Stefanie schien das gar nicht zu interessieren, da sie in dem Moment nur Augen für ihr Handy hatte.
"Ja, für dich. Und nein, ich verrate dir nichts. Lass dich einfach mal überraschen. Also dann wir sehen uns morgen. Schlaf gut, Kleine."
'Kleine', sie liebte es wenn er sie so nannte. Lächelnd legte Stefanie ihr Handy zur Seite und schaute neben sich, wo nur ihre grinsende beste Freundin saß und sie mit fragendem Blick ansah . Sie hatte doch schon länger vermutet, dass zwischen den beiden irgendwas war. Doch Stefanie wusste überhaupt nicht, wie sie das ganze erklären sollte, was sollte sie ihr sagen?
So schnell wie das Glücksgefühl wegen seiner Nachricht in ihr aufgestiegen war, verflog es auch schon wieder, als die Realität sie mal wieder einholte. Wie eine riesige dunkle Wolke, die nach einem kurzen Sonnenstrahl wieder zum Vorschein kam, und diesen komplett verdeckte und damit Dunkelheit verbreitete. Thomas war ihr bester Freund und er würde nie etwas für sie empfinden, dass über Freundschaft hinausging. Zudem hatte er eine Freundin. Simmi konnte förmlich sehen wie sich Stefanies Stimmung schlagartig änderte und ihr Blick immer trauriger wurde und zog sie deshalb schnell in ihre Arme, um zu verhindern, dass sie wieder anfing zu weinen. Für heute hatte sie genug geweint.
Sofort hatte Stefanie ihren Kopf müde auf Simmis Schulter gelegt und die Augen geschlossen. Sie konnte in diesem Moment gar nicht ausdrücken, wie dankbar sie war, dass ihre beste Freundin gerade bei ihr war. Dass sie sie einfach festhielt, ohne ihr irgendwelche Fragen zu stellen, ohne sie zu irgendwas drängen zu wollen. Simmi verstand, dass sie gerade nicht reden wollte, dass sie einfach nur jemanden brauchte der da war, der ihr das Gefühl gab nicht alleine zu sein.
Mitten im Film nahm Steff plötzlich die Fernbedienung, setzte sich auf und schaltete den Fernseher aus. Sofort verdunkelte sich der Raum und nur noch die unzähligen Lichter einer Lichterkette, die an der Wand hing, erhellten den Raum.
Simmi schaute kurz rüber zu ihr und sah nur wie Stefanie auf den Boden schaute. Beruhigend legte sie eine Hand auf ihre.
"Ich liebe ihn", flüsterte Stefanie plötzlich nach einigen Minuten weiterer Stille als sie Simmi direkt in die Augen sah und ihr eine einsame Träne über die Wange lief.
"Ich weiß Süße, ich weiß.", gab die Studentin leise zurück und nahm ihre beste Freundin in den Arm, deren Gesicht mittlerweile mit Tränen überströmt war. "Es wird alles gut, da bin ich mir sicher", war das letzte was Stefanie von ihrer besten Freundin hörte die ihr noch liebevoll die Tränen von den Wangen strich, bevor Stefanie erschöpft ihren Kopf in Simmis Schoß legte, die Augen schloss und wenige Augenblicke später auch schon eingeschlafen war.
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Unter der Oberfläche
RomanceSein Blick schweifte auf den See raus, auf dem leichte, vom Wind angetriebene, Wellen über das Wasser rollten und schließlich am Ufer abprallten, während der Mond die Wasseroberfläche in einem wunderschönen Licht glitzern ließ. Seine Gedanken drehte...