Eins

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Was ist passiert?",hat mich Lindsey wieder gefragt, als wir bei ihr in der Wohnung waren. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich kann nicht schon wieder mit dem Thema anfangen, aber ich muss es wohl oder übel noch einmal über mich ergehen lassen.

Ich habe Marco erwischt wie er mich betrogen hat. Ich kann nicht mehr zurück und auch nicht mehr zu der Hochzeit meiner besten Freundin. Ich will soweit weg wie es nur geht! Ich brauche unbedingt Abstand",sage ich.

Es ist jetzt schon 16 Jahre her seit dem ich Deutschland verlassen habe. Ich war zu diesen Zeitpunkt schwanger und habe jetzt meine Zwillinge bei mir, die ich über alles liebe. Seit dem ich hier in Rio de Janeiro lebe, habe ich keinen Tag mehr an Marco gedacht. Das Gefühl eine schlechte Mutter zu sein habe ich jedes mal gehabt, wenn Damian oder Timo mich nach ihren Vater gefragt haben. Immer wurde denen gesagt, dass ihr Vater tot sei. Es ist nicht richtig und das weiß ich, aber ich konnte nicht anders. Ich kann nicht über Marco reden oder auch nur ihn ins Gesicht zu sehen. Dabei darf ich mir immer die neusten News von ihm anhören, da meine Kinder ihren Vater als Vorbild haben. Glücklich macht es mich schon, jedoch will ich die beiden nicht mehr länger belügen oder eher gesagt will ich das sie die Wahrheit wissen und sie mir nicht böse sind.

„Mum ist alles okay bei dir?",höre ich Damian mich fragen. Ich nicke. Bevor ich meinen beiden Jungs das Frühstück bringe, muss ich mir eine Träne wegwischen. Ich hasse den Tag! Ausgerechnet heute musste unsere Verlobung sein! Den Ring habe ich irgendwann mal in einen Brief gefunden. Auch wenn ich ihn nie wieder haben wollte, trage ich ihn jeden Tag.

„An was denkst du?",fragt mich jetzt Timo. Die beiden sind die einzigen Männer in meinem Leben und das soll so bleiben!

„An euren Vater",ist meine Antwort.

„Mum sei uns nicht böse okay? Wir haben uns mit Kira unterhalten und sie meinte das unser Vater noch lebt, hat uns aber auch gesagt das du uns die ganze Geschichte erzählen sollst. Also stimmt das?",fragt Damian. Er war schon immer der, der so leicht mit einem Erwachsenen reden kann. Ich bin so stolz auf meine Kinder.

„Ja das stimmt. Ich hoffe ihr seit mir nicht böse, aber ich kann ihn nicht ansehen",sage ich leicht beschämt. Eine Träne kullert aus meinem Auge. Ich kann verstehen wenn sie sauer auf mich sind, aber ich kann Marco noch nicht mal auf Bildern sehen, wie soll ich ihn dann ansehen wenn er mir gegenüber steht? Ich weiß es nicht.

„Was ist passiert?",fragt jetzt Timo.

„Es war vor genau 16 Jahren. Euer Vater und ich hatten so oder so schon oft Probleme, aber das ich einen Unfall hatte und mein Gedächtnis verloren habe, hat es und beiden nur noch schwerer gemacht. Als ich mich dann Stück für Stück immer mehr an ihn erinnern konnte, war unser Leben einigermaßen normal. Jedoch hat sich das geändert als mein Vater mich verfolgt hat. Davor hatte ich mit ihm Schluss gemacht, weil euer Vater mich betrogen hatte und nur noch verletzt hat. Dennoch habe ich ihm verziehen. Wir waren verlobt und das genau vor 16 Jahren. Ich habe ihn so geliebt und das tue ich immer noch, aber er hat mich so oft verletzt",wieder kullert mir eine Träne die Wange herunter, „Als ich nach Monaten wieder zurück nach Ahlen gefahren bin, hat mich euer Vater schon wieder betrogen und das auch noch mit der gleichen Person wie vor Monaten. An dem Tag habe ich ihm diesen Ring",ich zeige auf meinen Finger, „Marco wiedergegeben. Nach einem Jahr, als ich hier in Rio war, habe ich ihn wieder gefunden. Euer Vater hat ihn mir in einem Brief zurück gegeben",sage ich. Erst jetzt merke ich das ich immer noch weine. Ich fühle mich so schlecht. Ich bin die schlechteste Mutter allerzeiten!

„Ich kann verstehen warum du uns nie was von ihm erzählt hast. Ich würde das auch nicht machen",höre ich Timo erneut sagen. Er ist der Jüngste von den beiden.

Es ist so weit. Die WM findet jetzt bei uns statt! Die Menschen sind alles aus dem Häuschen und so eben ist die deutsche National Mannschaft eingetroffen",sagt die Moderatorin. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Tränen fangen an immer schneller meine Wangen herunter zu rennen. Er darf jetzt nicht hier sein. Nicht jetzt! Nicht wenn meine Kinder gerade die Wahrheit wissen.

„Mum? Ist alles okay?",fragen beide im Chor.

Die deutsche National Elf hofft auf den Sieg. Für jeden ist es ein Traum Weltmeister zu werden, aber in unserem Land werden wir es sein! Die Hoffnung der Deutschen hängt an Thomas Müller, Manuel Neuer und an Marco Reus. Wir wünschen jeden natürlich viel Glück und hoffen das es gute Spiele geben wird",meint die Moderatorin wieder. Ein Bild von Marco wird eingeblendet. Ich kann es nicht fassen. Er ist wirklich hier. Ich hoffe das ich endlich wieder ein Wort mit Lilli wechseln kann. Alles was früher passiert ist tut mir leid, aber auch wieder nicht.

„Nein. Euer Vater muss ja herkommen",meine ich traurig. In den Augen meiner Jungs macht sich Freude breit. Die gleichen grünen Augen, die alles verraten.

„Ich finde ihn und ihr beide lernt ihn endlich mal kennen",sage ich schwach. Meine ganze Aufmerksamkeit lag die ganzen 16 Jahre auf den beiden und das werde ich deswegen auch nicht kaputt machen.

„Nein das wollen wir nicht. Er hat dich verletzt",höre ich Damian sagen. Seine Worte hallen immer wieder in meinem Kopf wieder, aber ich weiß das es falsch ist. Ich wusste das schon die ganze Zeit und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen um den beiden ihren Vater vorzustellen. Ich wünschte es wäre einfacher.

„Ihr müsst ihn kennenlernen. Ich weiß das ihr in sofort mögen werdet. Außerdem tut es mir an dem Tag wie heute weh, euch anzusehen, da ihr ihm ähnelt."

„Warum willst du das jetzt auf einmal? Er hat dir weh getan und es ist immer noch unsere Entscheidung ob wir ihn kennenlernen wollen"

„Wenn es Marco Reus ist, liegt es wohl in der Hand das ihr euren Vater kennenlernen wollt! Vor allem weil er euer Idol ist",schreie ich sie an. Im nächsten Moment bereue ich es. Meine Kinder sind mein Fleisch und Blut! Ich kann ihnen nicht weiter so ein Leben bieten. Schon gar keines ohne Vater. Ich weiß wie es sich anfühlt nur mit einem Elternteil aufzuwachsen.

„Wir gehen zumTraining",meint Timo und beide Jungs geben mir einen Abschiedskuss. Was habe ich jetzt nur wieder angestellt?! Ich muss es wieder gut machen! Sofort nehme ich meine Autoschlüssel und gehe runter.

Mit Euch an meiner SeiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt