Prolog

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Ich stand an der Bushaltestelle. Mir war kalt und ich war mir nicht mehr ganz sicher wie ich hierhergekommen war. Meine Gedanken schienen vernebelt, was nicht verwunderlich war, bei all dem billigen Bier dass ich heute in mich rein gesogen hatte.
Ich rieb vor Kälte meine Hände, die Sachen die ich trug, konnten den Regen nicht mehr von meiner Haut fernhalten...
Schlotternd sah ich meine
Flasche an - lehr.
Ich stöhnte, meine Probleme konnte ich auf Dauer nicht so lösen. Dennoch war ich relativ trinkfest und drohte noch nicht umzukippen.
Dafür lag mein Blick verschwommen auf der Straße, auf der heute Nacht weit und breit kein Auto zu sehen war. Der Mond spiegelte sich in den Pfützen. Wie spät war es eigentlich? 11? 12? Sicherlich nicht später.
Oder?
Meine Gedanken wechselten ständig...
Unwichtige Dinge schienen plötzlich wichtig zu sein.
Es wurde immer später, doch der Bus müsste auch nachts fahren, deshalb wartete ich.
Erst eine halbe, dann eine ganze Stunde...
Es wurde unerträglich kalt, meine Finger nahmen langsam eine bläuliche Farbe an, aber das bekam ich schon nicht mehr ganz mit.
Meine Augen drohten zuzufallen. Mein Verstand hatte sich nun endgültig verabschiedet.
Ob sich jemand fragte wo ich steckte? Zusammenhangslose Gedanken schwirrten in meinem Kopf und verwirrten mich.
Ich wollte schreien, auch wenn ich dabei in dem Zustand eh nur zusammenbrechen würde. 
Vor lustlosig- und Kraftlosigkeit fing ich an zu singen. Lalalala, bald ist der Frühling da, bald ist er da, lalala... Meine Augenlieder zuckten, bald würde ich einschlafen. Ich fühlte mich wie gebadet, aber in dem dreckigsten Wasser das existierte. Gebadet in Schuld, Verachtung, Schlaflosigkeit und Fehlern. Gebadet in all dem, was man mir angetan hatte, in meiner Gutgläubigkeit.
Wie man mich ausgenutzt hatte... Doch trotzdessen fühlte ich mich nicht schlecht, ich hatte zwar vieles falschgemacht, doch die Fehler die ich begannen hatte, würde ich nie wieder begehen...

Und einmal noch, würde ich etwas tun, das mir Angst machte...

LALALALALA! Ich schrie die Pflastersteine an.

Doch dann endlich vielen meine Augen zu, und mein Körper gewöhnte sich an den Zustand des Schlafens. Mir war die Kälte egal, ich war zu müde um aufzustehen und zu laufen. Also kauerte ich mich auf der Bank der Bushaltestelle zusammen und gab mich damit zufrieden.
Meine Comics waren nass und zerstört in ihrer Tasche. Wonder Women würde wohl enttäuscht von mir sein. Ich war aber nicht sie, ich vollbrachte keine Heldentaten, auch wenn ich mir das oft wünschte.

Eine Gewisse Ewigkeit später hatte es aufgehört zu regnen und im Schlaf hörte ich, wie jemand eine Mülltonne umstieß. Kein Grund die Augen auf zu machen. War wahrscheinlich nur ein Obdachloser, der nach etwas Essbarem suchte.
Wenn man bedachte, wie traurig so etwas war. Ein Leben auf der Straße, mit niemandem, dem man seine Probleme anvertrauen konnte, und ohne jegliche Unterkunft, geschweige denn Familie. Allerdings war es auch irgendwie ziemlich traurig, betrunken in einer Bushaltestelle zu übernachten... Toll hatte ich das wieder hingekriegt... War ja aber jetzt auch egal.
Ich wollte gerade die Seite wechseln, als das Geräusch erneut mein linkes Ohr heimsuchte. Nur war es diesmal viel lauter, und hörte sich näher an. Das war definitiv keine Mülltonne mehr.
Wie Schuppen viel es mir von den Augen, das war ein Schuss!
Sofort riss ich die Augen auf und sah mich um. Nichts. Zumindest nicht auf dieser Straße. Das Geräusch erklang noch einmal, nun aber etwas leiser. Ich schaffte es aufzustehen...
Und merkte direkt wie mein Körper sich dagegen wehrte. Los los los!
Meine Beine weigerten sich zwar, aber ich torkelte in die Richtung aus der das Geräusch gekommen war.
War vielleicht kein so gute Idee, aber ich wollte auch nicht nur rumsitzen und warten bis der Schuss jemanden tötete. Wenn ich Pech hatte war das sogar schon geschehen.
Ich lief erst durch diese, dann durch jene Gasse, bis ich endlich glaubte mich nahe genug an der Geräuschquelle zu befinden.  Vorsichtig lugte ich um die Ecke...
Im Schatten stand eine Gestalt, ich konnte nicht ganz erkennen ob sie weiblich oder männlich war, und zielte mit ihrer Waffe auf eine Frau, die sich ängstlich an eine Wand presste.
Die Kleidung der Frau war mit Blut getränkt, die Gestalt musste sie schon verletzt haben!

Die Pflastersteine des Hauses an dem ich lehnte waren kalt und glitschig in meinem Rücken und ließen mir kaum Freiheit, Mist.
Ich ging in die Hocke um mehr sehen zu können, da fing jemand an zu reden. Erst dachte ich man hätte mich gesehen, jedoch merkte ich schnell dass die Worte nicht an mich gerichtet waren...

„Ally, das ist traurig.... Ich hätte gedacht wir wären Schwestern... Doch nun brauche ich deinen Körper.
Aber hab keine Angst, ich werde ihn gut behandeln, nur du besitzt ihn jetzt nicht mehr."

Die Stimme klang verzerrt. Eine kranke, verstörte Stimme, der das alles trotzdessen Spaß zu machen schien. Nun trat die Person aus dem Dunkeln hervor. Ein relativ kleines, knochendünnes und zerbrechliches Mädchen. Ein Kind?!
Sie trug ein so verrücktes Lächeln zur Schau, dass es mich schaudern ließ. Außerdem war sie barfuß, und ihre Kleidung bestand nur aus einem dünnen Sommerkleid.
Anfang Winter?
Ihr musste doch kalt sein!
Ich war immer noch im Rausch, aber ich musste dazwischen gehen! Oder? Was machte man in so einer Situation? Rumsitzen ging nicht!
Das Mädchen unterbrach meine Gedanken, während Ally sich weiterhin an die Wand presste.

„Mach es dir doch nicht schwerer als es ist, schau mir einfach in die Augen und wir kommen der Sache schon näher."

Ally schien nun noch verängstigter, aber sie wurde auch wütend.
Sie zog ihre Brauen zu einem verächtlichen Gesichtsausdruck zusammen.

„Du hast mich die ganze Zeit belogen! Und ich war so dumm und habe dir geglaubt! Du gehörst nicht zu Legion! Unsere Mutter hat dich gehasst! Das weißt du! Versuche nicht es zu überspielen, du bist nur eine Succubus! Und egal wie viele Körper du dir nimmst, du wirst nie auch nur an Lilith herankommen!"

„Ally Ally Ally, du wirst es nie lernen. Nur der eine, der die Macht dazu hat, kann Lilith befreien. Ich bin derjenige Ally, und mir ist es egal -

Sie hatte abrupt aufgehört zu reden...

und sie hob nun die Waffe zum Abzug.

„Niemand stielt mir diesen Platz, Ally, niemand."

In diesem Moment Packte mich der Mut, ich musste ihr helfen! Es war mir egal, wie ich dabei enden würde, nur konnte ich nicht wieder nur dasitzen, wie ich es schon einmal getan hatte, als man meinen Bruder erschossen hatte...

Nein!

Ich stürzte mich aus der Dunkelheit, das Mädchen schoss, und die Kugel traf mich direkt in die Brust.
Ich hörte nur noch wie das Mädchen schrie...
Dann spürte ich etwas kaltes, noch kälter als alles was ich jemals gespürt hatte, in meiner Seele.
Es war ein dumpfer Schmerz, doch so hatte ich mir keine Kugel vorgestellt... Es war als ergriff jemand mein Herz mit eigenen Händen, und riss es heraus.

Dreamcatcher (Demons)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt