Konfrontation

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Als wir in der Küche ankamen, bemerkte ich, dass ich unglaublichen Hunger hatte, und schnappte mir gleich ein Stück von Moms Mamorkuchen. Julian verzichtete - faselte irgendwas von gesunder Ernährung blabla. Auf die konnte ich jetzt getrost verzichten.
Ich spürte die ganze Zeit Moms Blicke in meinem Rücken und erwischte Julian dabei, wie er meine Mom angrinste. Ich lief zu ihm rüber und schlug ihn leicht mit der flachen Hand gegen die Brust, was er lachend hinnahm.
Als wir schließlich nach draußen zu Julians Auto liefen, bekam ich dann aber doch ein mulmiges Gefühl...
"Hey, Erde an Lissi! Ich hab dich was gefragt!?" Julian wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum und sah mich erwartungsvoll an.
"Äh was?"
"Ich hab gefragt, ob alles okay ist."
"Ich hab Angst... Was wenn er wieder lacht oder es allen anderen erzählt hat?"
"Dann bin ich auch noch da und mach sie alle auf einmal fertig!" Seine Augen funkelten siegessicher. Er ließ den Motor an und fuhr die Einfahrt hinunter.
"Danke, Juli", flüsterte ich und nahm seine Hand. Er ließ sie die ganze Fahrt über nicht wieder los - ein Hoch auf Automatikgetriebe.
Vorm Stadion zögerte ich kurz, trat dann aber doch entschlossen an Julians Seite und überquerte mit ihm den Vorplatz. Im Stadion begegneten wir lange Zeit niemandem, sodass ich mich langsam etwas entspannte. Wie selbstverständlich nahm Julian meine Hand und strich mit dem Daumen beruhigend über meine Handfläche.
"Was für ein Training ist das heute eigentlich? Ein ganz normales oder steht wieder ein wichtiges Spiel an?", fragte ich, um mich ein bisschen abzulenken.
"Ganz normales Standardtaining. Es dauert dementsprechend vermutlich auch nicht sooo lange."
"Krieg ich dein Handy?" Ich sah ihn schmollend an. Mein bester Freund hatte nämlich eine ganze Reihe guter Spiele auf seinem Handy. Er verdrehte lachend die Augen und beförderte sein iPhone aus der linken Hosentasche.
"Dankeschön", grinste ich und drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
"Ach was... hast du jetzt deinen "besten Freund" zum Trostpflaster gemacht?", hörte ich hinter uns plötzlich eine mir nur allzu gut bekannte Stimme. Wie vom Blitz getroffen blieb ich stehen. Julian drehte sich zu seinem Kollengen um, ohne meine Hand loszulassen.
"Max, du glaubst den Scheiß doch wohl nicht ernsthaft oder?" Auf Julians Gesicht breitete sich ein riesiges Grinsen aus. Meinte er das Trostpflaster? "Dachtest du echt, sie weiß nicht, dass du eine Freundin hast?"
"Wieso sollte sie mir denn dann gestanden haben, dass sie auf mich steht?!" Max grinste ebenfalls unverschämt breit und schlenderte auf uns zu. Ich ließ Julian los und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann sah ich Max direkt in diese wunderschönen Augen und betet im Stillen, dass ich seinem Blick standhalten würde. Dann kam mir plötzlich eine irrwitzige Idee.
"Es war eine Wette", log ich mit erstaunlich fester Stimme. Julian schien das gleich zu schlucken und stand mir zum Glück bei.
"Der Quatsch hat mich 50€ gekostet!", beschwerte er sich und nahm mir sein Handy aus der Hand, weil es gerade vibriert hatte. Er entsperrte es und begann auf dem Display herumzutippen.
"Euer Ernst?", fragte Max sichtlich verwirrt. Doch schon bald erhielt er seine Fassung zurück und grinste. "Ihr schließt also Wetten über Liebeserklärungen ab, statt euch selbst endlich einzugestehen, dass ihr aufeinander steht?!" Julian hielt im Schreiben inne und sah Max mit großen Augen an.
"Ich bin nicht blind, Jule!" Max klopfte ihm etwas stärker als nötig auf die Schulter, zwinkerte mir zu und lief in Richtung Spielfeld. Julian und ich sahen uns etwas verdattert an, bis ich schließlich lachen musste und wir Max in dieselbe Richtung folgten.
"Das war echt tapfer", sagte Julian schließlich vor der Kabine. Ich lächelte. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich so befreit.
"Ich geh schon vor", meinte ich dann und ging. Ich joggte durch den Korridor und bog schließlich um die letzte Ecke. Von dort aus sah ich, dass sich bereits einige Fußballer des FC Schalke auf dem Rasen versammelt hatten. Zu meiner Erleichterung war ich nicht die einzige Begleitung.
Ich lief die Treppe hoch und betrat den, wie Juli jetzt sagen würde, "heiligen Rasen". Ich winkte dem Trainer zu, der mir zur Begrüßung zunickte, und lief direkt auf Benni Höwedes zu. Grinsend nahm er mich in den Arm.
"Hey du, wie geht's?", begrüßte er mich.
"Super", erwiderte ich und zu einem gewissen Teil stimmte das wirklich.
"Larissa?" Max tauchte neben mir auf und zog mich ein Stück zur Seite. Oh fuck...
"Es war wirklich nur eine Wette?"
"Ja." >Nein, ich hab wegen dir meine Jahresration an Tränen innerhalb von drei Tagen verbraucht, aber was soll's, ist ja nicht so wichtig! < Arrg, heftiger Sarkasmus...
"Dann ist ja gut. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen. Meine Reaktion war echt zum Kotzen, tut mir Leid!" Verdammter Idiot! Kaum war ich dabei, ihn zu hassen, wurde er wieder zu dem süßen, blonden Typen...
"Ja, du warst ein Arsch!", sagte ich ihm einfach gerade heraus ins Gesicht und dachte dabei ganz fest an Julian, damit ich stark bleiben würde. Max verzog das Gesicht und schaute zu Boden.
"Du hast jetzt 50€ dafür bekommen?", fragte er schließlich. Julian kam von der Seite auf uns zu.
"Nein, er schuldet sie mir noch!", sagte ich dann einfach und grinste Juli gehässig an.
"Was tu ich?"
"Mein Geld?!" Julian verzog das Gesicht.
"Ich lad dich ins Kino ein, okay?!" >Netter Versuch<, dachte ich und schüttelte nur den Kopf. Im nächsten Moment rief der Trainer. Julian seufzte und reichte mir sein Handy. Ich knuffte ihn in die Seite und joggte zur Ersatzbank. Max lachte leise, und kassierte dafür einen leichten, aber freundschaftlichen Schlag gegen den Hinterkopf. Eigentlich waren die beiden wirklich gut befreundet und deshalb war ich froh, dass es ein halbwegs gutes Ende genommen hatte. Nur in meinem Herzen klaffte noch immer ein Loch, das Max mir hineingerissen hatte...

Living a Life in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt