Vertrauen

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Was ist, wenn du dein ganzes Leben über stark sein musstest?

Niemals jemand hattest, dem du dich öffnen, geschweige denn fallen lassen konntest?

Noch nicht einmal bei dem Mann der dir dein Kind geschenkt hat, welches du durch ihn weggabst?

Du dachtest es sei endlich alles geregelt in deinem Leben, nachdem dein Sohn bei dir aufgetaucht, dich (zu seiner anderen Mutter) in eine neue Stadt geschleppt hat?

Und das dann eine einzige Tat, eines Menschen, den du überhaupt nicht kennst alles ins Wanken bringt & deine Fassade zu bröckeln anfängt?

-3 Stunden nach dem Vorfall-

Du sitzt in deinem Büro, starrst in die Akten und versuchst den Schmerz, der deinen Körper durchströmt zu ignorieren. So abgelenkt, das du nicht merkst, dass die Adoptivmutter deines Sohnes vor dir stand und dich seltsam mustert. Du schreckst aus deinen Gedanken, als die Frau dich, in ihrem üblichen Ton ankeift: „Miss Swan, verschwenden sie die Steuergelder nicht mit nichts tun!" Erschrocken zuckst du etwas zusammen, überlegst was du machen sollst und antwortest, ohne aufzublicken: „Okay!" Total verwirrt über das ausbleibende Kontern und deine schreckhafte Art, fragt die Frau vor dir: „Alles in Ordnung Miss Swan?" Trotz ihres besorgten Tonfalls, der sehr ungewöhnlich für sie ist, reagierst du nicht und lässt deinen Kopf gesenkt. Doch als sie „Emma" flüstert und dich an deiner Schulter berührt, die du dir selbst wieder eingekugelt hast, zuckst du vor Schmerzen zusammen und schaust sie geschockt an. Aber den Ausdruck von Entsetzten in ihren Augen, als sie dein Gesicht sieht, veranlasst dich deinen Kopf schnell wieder zu senken. Nach kurzer Zeit merkst du wie sie um den Schreibtisch herum geht, deinen Stuhl dreht und sich vor dir nieder kniet. Doch dir ist das unangenehm, obwohl ihr euch mittlerweile fast angefreundet habt, willst du nicht, dass sie dich so sieht. Eigentlich willst du, das niemand dich so sieht und drehst deinen Kopf weg. Schon spürst du zärtliche Finger, viel weicher und nicht so grob wie die zuvor, die dein Gesicht langsam und behutsam anheben und in ihre Richtung drehen. Schon wieder siehst du den geschockten Gesichtsausdruck und das Mitleid, das in ihm liegt und genau wegen den Blicken voller Mitleid, wolltest du, dass es niemand erfährt. Schon kurz darauf hat sich Wut in den Augen ihres Gegenübers gebildet und dieser fragt: „Wer war das?" Du zuckst nur mit deinen Schultern und verziehst sofort schmerzlich das Gesicht. „Emma? Was ist passiert?" Du willst es ihr sagen, aber es überkommen dich Zweifel, du denkst, dass sie euren Sohn nicht mehr zu dir lassen wird, weil du ihn nicht beschützen kannst. „Emma, egal was es ist ich versuch dir zu helfen!" Plötzlich vertraust du ihr, willst ihr alles erzählen, aber es kommt nur ein armseliges Krächzen aus deinem Hals. Sie greift in ihre große Handtasche, zieht eine Flasche Wasser heraus und setzt sie dir an. Fast schon gierig fängst du an zu trinken, bis du ihr ein Zeichen gibst, nicht mehr durstig zu sein. „Er...er...", weiter kommst du nicht, tiefe Schluchtzer verlassen deinen Mund und du spürst salzige Tränen deine Wange runterlaufen. Langsam um dich nicht zu erschrecken, streckt sie ihre Hand nach dir aus und umarmt dich genau so langsam. In dieser Position verharrend hält sie dich einfach nur, bis du auch deine Arme um sie schlingst und dich an sie drückst. Erst werden deine Schluchtzer lauter, bis sie in leises Wimmern übergehen und auch dieses irgendwann verstummt. „Er...er war plötzlich da...ich war doch nur joggen...da stand er vor mir." Du drückst dich noch näher an sie, „Er schlug mir fest ins Gesicht...ich war ohnmächtig, als...als ich wach wurde waren seine Hände über...überall! Es tat so weh..." "Hey lass dir Zeit, ich bin für dich da." Sie zog dich noch enger zu sich, wenn das überhaupt noch ging. Ein leises „Danke" verlässt deine Lippen, kurz darauf hörst du ein eben so leises „Nicht dafür"

Ab diesem Moment weißt du: Du bist gebrochen, aber sie wird dir helfen damit klar zu kommen.

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