Ich gehe die Straße in Richtung Wald hinunter. Anfangs war ich noch gejoggt, doch meine Ausdauer war, wie übrigens alles andere auch, miserabel. Nur noch schnell über die Straße laufen. Wer auch immer hier die Ampeln abmontiert hatte war nicht sehr schlau gewesen, okay viel Verkehr war hier noch nie gewesen, aber als kleines, unschuldiges Mädchen (man bemerke die Ironie) kommt man weder gegen den Bürgermeister, noch gegen die vielen Autos, die mich scheinbar endlos am weiter gehen hinderten, an.
Das letzte Feld vor dem Waldanfang tauchte neben mir auf. Kurz überlegte ich ob ich drüber laufen sollte. Irgendwie war es schon verlockend, andererseits hatte ich, auch wenn es mitte Oktober war, eine kurze Sporthose an. Damit durch etwas höheres Gras laufen wäre wahrscheinlich nicht angenehm.
Am liebsten würde ich mich auf irgendeine Wiese setzen, den Vögeln zuhören und einfach nachdenken.
Schade nur dass ich genau so einen Ort nicht kannte. Hier gab es keine Lichtungen, und wenn doch mal Platz zwischen den Bäumen war, dann nur um dem trostlosen Gestrüpp Raum zu machen.
In unregelmäßigen Abständen fuhren Autos an mir vorbei. Seltsam. Ich fühle mich gar nicht beobachtet. Wie kann das denn sein? Seit Tage hatte ich extreme Paranoia und wechselte die Straßenseite wenn mir auch nur jemand entgegen kam.
Langsam trugen mich meine Füße einen Hügel hinauf. Ein beständiges Rauschen drang durch die Musik aus meinen Kopfhörern und vermischte sich mit der deprimierten Grundstimmung der Lieder. Die Autobahn unter der Brücke.
Ohne es zu wollen striff mein Blick die Brombeerranken. Wären die nicht könnte ich zwischen den Bäumen rumlaufen. Obwohl, der Abhang war doch relativ steil. Aber sie waren da, also würde ich danach blutige Beine haben. Eigentlich ganz verlockend. Obwohl. Ich bevorzugte die Rasierklingen, welche zu Hause lagen.
"Naja was solls", dachte ich und beeilte mich auf die Brücke zu kommen. Meine Augen interessierten sich nicht mehr für meine Umgebung. Mein Blick blieb gesenkt. Selbst die vorbeifahrenden Autos konnten mich nicht zum Aufblicken bringen.
Am Anfang der Brücke angekommen zögerte ich weiterzugehen. Ich hatte schon seit ich ein kleines Kind war Höhenangst und auf Brücken oder vor Fenstern hatte ich immer riesen Angst hinunterzufallen.
Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ärgerlicherweise konnte ich nicht einmal in der Mitte der Brücke laufen, da ständig irgendwelche Leute meinten über die Brücke fahren zu müssen. So war ich gezwungen auf der kleinen Erhöhung an der Seite zu laufen.
Irgendetwas war anders. Irgendwie beängstigend. Das Sicherheitsgitter an der Seite verschwand aus meinem Bewusstsein und das Gefühl einfach einen Schritt zur Seite, in die Luft, machen zu können, ließ mich nicht mehr los.
Langsam, Schritt für Schritt, ging ich über die erste Spur der Autobahn. Genoss jede Sekunde. Die Autos welche unter mir hindurch rauschten. Die Lichter welche in meinem Augenwinkel flackerten. Das Gefühl der Freiheit. Hier, einige Meter über den Autos.
Mein Körper schwankte und ich fiel gegen die Absperrung. "Blödes Teil", fluchte ich. Verärgert darüber, dass ich morgen einen blauen Fleck haben würde. Kurz strich ich mir über die schmerzende Stelle.
Hastig lief ich an die Stelle, an welcher ich genau über der mittleren Fahrbahn war.
Ein tiefer Atemzug.
Neugierig lugte ich über das Gitter, welches ich schon im nächsten Augenblick nicht mehr registrierte.
Ich fühlte mich wie auf Drogen. So gut ging es mir schon seit langem nicht mehr. Aber nicht nur das hatte sich geändert. Ich hatte auch keine Angst mehr. Nicht mal einen Anflug von Furcht. Im Gegenteil.
Ich wollte fliegen.
Wollte die Luft an meinem Körper vorbeirauschen spüren. Wollte den Boden immer näher kommen sehen. Wollte den Schmerz spüren. Wollte das letzte mal das Licht sehen und gehen.
Kalte, gefährlich schnelle Luft hinter mir, wischte meine Gedanken weg und ließ mich herumfahren. Nur um zu sehen wie ein Auto viel zu nah am Straßenrand den Weg hinunter raste.
"Was ist das denn für ein Idiot? Will der mich tot fahren oder was?!", dachte ich empört "Der kann doch nicht so nah an mich ran fahren. Was soll der Scheiß denn?" Die letzten Minuten war ich völlig entspannt gewesen doch jetzt kam die Angst zurück. Und zwar mit voller Wucht. Meiner Meinung nach noch tausendmal schlimmer als je zuvor.
Atmen. Ein. Aus. Warten. Warten. Warten. Wieder ein. Aus. Warten. Dem Herzen zuhören. Warten bis es nicht mehr geht. Bis die Sicht schon verschwimmt. Dann wieder einatmen. Langsam. Bewusst. Und ausatmen. Die ganze Luft loswerden. Bis ich ganz leer bin. Leer von Luft, Gedanken, Gefühlen.
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Der Tanz mit der Traurigkeit
Teen FictionEigentlich bin ich ganz normal. Wenn da nur nicht diese eigentlich wäre. Ich habe das Leben, mein Leben, mal geliebt. Jetzt bin ich mir da nicht so sicher. Nein, ich bin mir sicher, dass ich es nicht mehr mag. Natürlich nicht immer. Manchmal ist es...