Suicide Room

Kapitel 4

Ich ging in meinem Zimmer auf und ab. Verdammt! Wie konnte das Alles nur passieren. Wie konnte das Alles mir passieren. Ich meine.. ich bin ja nicht schwul. Das war nur eine einmalige Sache, da bin ich mir sicher. Warum muss der dreckskerl das noch im Internet öffentlich machen? Jetzt ist es eh schon zu spät, ich kann nichts dagegen tun. Ich öffnete meinen Laptop und las mir die ganzen Kommentare noch mal durch. "Schwuchtel!" "Ihh Mason widerlich!" "Habt ihr schon einen shipname für die? Wie wäre es mit Alison? Hahaha!"  Wütend, schlug ich auf meinen Tisch. Ich hasste mich. Ich war einfach nur widerwärtig. Mitten im selbstbemitleiden wurde ich unterbrochen. Irgendjemand schickte mir einen Link. Interessiert, klickte ich drauf und ein leeres, schwarzes Fenster öffnete sich. Es sah aus als wäre dort jemand, aber es war zu dunkel um etwas zu erkennen. "Hallo?" Ich hörte nur Atem. Ich war irritiert. Was zur Hölle? "Hallo? Ich weiß, dass du da bist ich höre dich atmen. Zeig dich." Wenige Sekunden kam nichts und ich war schon dabei den Laptop zu schließen, als eine Gestalt, nein ein Mädchen mit pinken Haaren hervortrat. Gefühlte Minuten starrten wir uns einfach nur an. Sie war sehr blass, hatte ein Tattoo in Form einer Pflanze, das von ihrer Schläfe anfing und ihre ganze rechte Wange bedeckte. An ihrer unteren Gesichtshälfte war etwas Plastikartiges, etwas wie eine durchsichtige Maske. Ein wenig eigenartig sah sie aus, jedoch eigenartig schön. Ich räusperte mich und gab ein leises Hallo von mir. Die antwort blieb mir jedoch verschwiegen, sie starrte einfach weiter. Ich entschließ mich sie irgendwie zum reden zu bringen. "Das Tattoo. Das ist sehr schön." Ich bekam ein verkramptes Lächeln als antwort. "Das blaue Auge. Das ist auch sehr schön." Lachte sie und ich stimmte ein. "Ja, das ist ein Zeichen meiner bravurvollen Leistung." entgegnete ich. "Ah ja? Und die wäre? Eine Prügelei in der Schule?" Ich lachte, weil sie ja eigentlich fast richtig lag. "Naja, eigentlich im Bus. Aber hey! Der Typ hat einfach viel zu laut seine grässliche Musik gehört! Es war Techno, okay? T E C H N O!" sie lachte als wäre morgen, kein Morgen mehr und verstummte ruckartig. Erstmal dachte ich, ich hätte vielleicht was falsches gesagt. Aber jetzt sah ich es auch. Da war etwas, in ihren Augen, etwas das ich voll und ganz verstehe. Etwas das ihr nicht erlaubt fröhlich zu sein. Trauer. Plötzlich macht es 'Klick' bei mir. "Du.. du bist Grace, nicht wahr? Wir haben letztens geschrieben, weißt du noch?" Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich und eins ihrer Gesichtsmuskeln zuckte. "I'm bleeding, quitly living." bekam ich als Antwort und ich war mir sicher. Etwas an diesem Satz machte mir zu schaffen. "Hey Grace.. magst du mir erklären was genau du damit meinst?" Einen Moment lang guckte sie unsicher doch plötzlich erhebte sie sich von ihrem Stuhl und trat näher an den Laptop. "Verdammte Scheiße, das meine ich!" Sie hielt mir ihren Unterarm entgegen, an dem ein ziemlich großer Schnitt hervorscheint der dementsprechend auch stark blutet. Ruckartig schrack ich ein paar Zentimeter nachhinten. "Scheiße! Wieso machst du das?!" Total verblüfft wartete ich ungedulig auf eine Antwort von Grace. Sie überlegte, jedoch nicht nach einer Antwort, denn die wusste sie bereits. Sie überlegte ob sie es mir sagen sollte. "Tja, um dem ganzen Scheiß eben zu entkommen. Diese Welt.. diese Welt widert mich an. Die Menschen, die Städte, das Essen, ja sogar selbst die Luft die wir atmen widert mich an! Deswegen trage ich diese Maske und deswegen gehe ich nicht nach draußen." Einwenig schockiert verarbeitete ich das Gesagte. Und deswegen gehe ich nicht nach draußen. "Moment, heißt das du verlässt deine Wohnung nicht?" Sie lachte auf, einwenig zu nervös. "Die Wohnung... Mein Zimmer! Ich verlasse dieses Zimmer nicht!" "Wie lange schon?" sie zögerte kurz mit der Antwort. "3, 4 vielleicht 5." Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch. "3, 4 was..? Tage? Wochen? Jahre?" Auf eine Antwort hoffend wartete ich, doch ich bekam nur ein Grinsen. Puuuh! Dieses Mädchen ist echt einmalig. In Gedanken versunken bemerkte ich ihren starrenden Blick, der auf mir lag, nicht. "Und du? Was ist mit dir? I'm living, quitly bleeding. Was ist dein Geheimnis?" fragte sie, das letzte Wort ganz betonend. "Ah naja, dies und das. Schule und so, alles ist doof." antwortete ich in der Hoffnung, sie würde den Bluff dahinter nicht erkennen. Aber natürlich, tat sie das. "Mason, Mason mein Schatz es gehört sich nicht eine Dame so zu belügen." mit diesen Worten und mit einem letzten Blick in meine Augen, verschwand sie von meinem Bildschirm. Nein! Verdammt! Ich wollte sie doch nicht verletzen! Mist. Aber vielleicht war es jetzt besser so, denn ich musste das Alles erstmal verarbeiten. Sie verletzt sich, geht nicht aus ihrem Zimmer und ist von tiefester Trauer übersät. Und doch schien sie damit zurecht zu kommen. Vielleicht...? Nein. Nein. Um Gottes Willen. Ich schiebe diesen Gedanken ganz weit weg in den aller hintersten Teil meines Gehirns. Aber wenn...?  NEIN. Du hast doch nicht mal Ahnung wie es ist. Will ich auch nicht! Mach es. Tu es. Vielleicht sollte ich es doch... Ich ging aus meinem Zimmer, in das von meinen Eltern. Sie waren natürlich nicht da, sie sind so gut wie nie da. Ich kniete mich hin und holte den kleinen Safe hervor. Den Code kannte ich, mein Geburtstag, Vater war nicht wirklich das Genie was sowas angeht. Ich gab die Zahlenfolge ein und der Safe ging mit einem Knacken auf. Unsicher spähte ich hinein. Soll ich das wirklich tun? Diese Bastarde haben es nicht anders verdient. Guck doch wie sie dich behandeln! Zeig ihnen wer die Macht hat. Zeig ihnen wer stärker ist! Mit zittriger Hand holte ich die Waffe raus und stellte den Safe wieder zurück. Schnell rannte ich in mein Zimmer und packte die Waffe in meine Schultasche und legte mich ins Bett. Sehr gut Mason, zeig ihnen wer hier der stärkste ist!  Hmm, komisch das meine innere Stimme mich an die von Grace erinnert. Und mit diesem Gedanken, versank ich in einen tiefen Schlaf und träumte von einem pinkhaarigem Mädchen, mit einem Tattoo auf dem Gesicht.