Der Regen prasselte immer leiser auf meinen Regenschirm und Mi und ihre Freundinnen standen vor einem Stadtplan. Der große Regenschirm verlieh mir genug Platz um mich zu verstecken. Aber selbst durch den Lärm der etlichen Verkehrsmittel, konnte ich ihre Stimme hören.
Sie fragte: "Leute, ich war soviel einkaufen, dass ich mir nicht mehr sicher bin, ob wir teuer essen gehen sollten. Morgen ist ja auch noch ein Tag." Chloe stimmte zu: "Mir geht's nicht anders. Algengrütze!" Emma stieß Chloe in die Seite und fragte lachend: "Du hast gerade nicht wirklich wie Spongebob geflucht, oder?" Chloe lachte: "Nein, habe ich nicht. Walfischdreck!"
José lachte: "Hört schon auf! Wir müssen irgendwo was vernünftiges essen." Sollte ich das wirklich tun? Immerhin hatte sie Geburtstag. Ich sendete Hoseok eine Nachricht und forderte ihn auf, die Mädels in ein nobles Restaurant, von welchem ich den Besitzer gut kannte, zu senden. Hoseok antwortete, dass er solange er nichts blechen müsse es tun würde. Naja, ich erledigt meinen zeitaufwendigen Job ja nicht umsonst.
Mi informierte ihre Freundinnen: "Das glaubt ihr mir jetzt nicht! Hoseok sagt, dass irgendwer meiner Freunde mir zum Geburtstag ein Essen in einem Restaurant hier arrangiert hat, was euch mit einschließt." José antwortete: "Wenn es Dan war und es seine Entschuldigung an den Vorfall von letztens war, dann..." Chloe unterbach sie: "Tz... als ob es Dan war. Der würde nie im Leben soviel Kohle ausgeben, nicht 'mal wenn es seine Mutter wär'."
Lachend suchte Mi den Weg zu dem Restaurant heraus, in welchem ich mich oft für Geschäftsessen getroffen hatte und rief sich wieder ein Taxi. Ich tätigte einen Anruf und informierte den Besitzer darüber, dass ich nachdem die Mädels fertig sein würden, alles bezahlen würde. Der Restaurantbesitzer lachte und fragte, seit wann ich denn solche Aktionen organisieren würde.
Ich grinste: "Seit ich weiß, worauf es im Leben ankommt. Nochmal Danke für deine Hilfe, Enzo!" Er erwiderte, dass es kein Problem sei und legte dann auf. Aufatmend steckte ich mein Smartphone weg und bestellte mir ebenfalls ein Taxi.
Ich setzte mich in ein Café in der Nähe und wartete, dass Enzo mir eine Nachricht sendete, wenn das Essen sich langsam dem Ende zuneigte. Ich trank einen ordentlichen Schluck aus meinem Kaffee und beobachtete, wie die Menschen auf der Straße mit dicken Mänteln und Regenschirmen aneinander vorbeizogen. The fast life. The hustle life. The lonely life.
Durch meine Fehlentscheidung, wusste ich nun genau was ich nicht vom Leben wollte, auch wenn es mich drei ganze Jahre gekostet hatte un das zu realisieren. Meine Hand verkrampfte sich um meine weiße Kaffee-Tasse und die Hitze brannte auf der Innenseite meiner Hand. Jeon Jungkook, was hattest du nur angestellt? Wie konnte mein ganzes Leben nur durch ein einziges Datum auf den Kopf gestellt werden? 17.12.
Wie konnte eine einzige Person mir das einzig lebenswerte auf diesem Planeten sein? Auf einmal war es mir klar. Meine Geschäftspartner. Meine Kollegen. Meine Chefs. All diese die ihre Karriere in den Mittelpunkt stellen, dachten sie arbeiten auf etwas großes hinaus. Dabei arbeiteten sie nur für sich selbst. Für ihren Stolz. Starben taten wir sowieso alle.
Ich habe dort oben, wo ich angekommen war nicht einen Menschen lieb gewonnen. Ich hatte nicht einen getroffen, mit dem ich mal ein tiefgründigeres Gespräch geführt hatte. Meine guten Freunde, welche ich bis heute hatte, kannte ich alle noch von damals. Damals als ich in Flanellhemden, simplen T-Shirts und Jeans in meiner Wohnung gehockt und nach einem passenden Nebenjob während meines Studiums gesucht hatte.
Nun trug ich Armani, doch fühlte mich so leer. Denn wenn man einen Diamanten zu seiner perfekten Form schliff, blieb von der Materie an sich weniger übrig als am Anfang. Es geht ein Stück von einem selbst verloren, wenn man versucht dieses perfekte Leben zu haben. Ich fühlte tiefe Reue.
Wie gerne würde ich Mi jetzt in meinen Armen liegen haben und mich geborgen fühlen. Stattdessen hatte ich niemanden neben mir. In Gedanken war sie mir nah, doch ich in ihren Gedanken so verdammt fern. Ich war vermutlich der Einzige der still und leise an sie dachte. Ein vibrierendes Geräusch ließ mich aufschrecken. Mein Smartphone.
Enzo hatte mich benachrichtigt. Ich klatschte einen Zehner auf den Tisch und verließ das Café. Daraufhin ging ich wieder mit dem Regenschirm auf das Restaurant zu. Die fünf Frauen verließen gerade den Laden und hätte ich nicht rechtzeitig meinen Kopf nach rechts gedreht und den Regenschirm schief geneigt, hätte Mi mich bestimmt erkannt.
Aber ich vergaß. Ich trug ja inzwischen Anzüge und Lackschuhe. Sie würde mich vermutlich sowieso nicht erkennen. War ich überhaupt noch derselbe wie damals? Kopfschüttelnd verdrängte ich die Gedanken und betrat Enzos Laden. Enzo wartete schon grinsend und begrüßte mich. Er hielt mir die Rechnung auf einem Tablett vor.
Das war mal eine Summe. Grinsend fragte ich: "Okay, wer von den Damen hat rohen Kaviar gegessen? Diese Zahl da hat ziemlich viele Stellen." Enzo lachte: "Tja, gutes Essen hat seinen Preis und die Damen haben ordentlich Dom Perignon bis zum abwinken bestellt. Sie haben nichts ausgelassen." Ich grinste: "Zum Glück sind sie zienlich trinkfest. Hauptsache sie haben das Essen in vollen Zügen genossen." Nachdem ich dann bezahlt hatte, hielt Enzo mich noch zurück und fragte: "Es ist die Kleine dabei, von der du mir mal erzählt hast, oder?"
Zögernd nickte ich: "Mi. Sie hat heute Geburtstag." Enzo nickte ernst und fügte hinzu: "Gib alles, Jungkook und lass sie nicht ziehen!" Ich nickte und rannte dann auf die Straßen. Ich sah nach rechts, links. Wo waren sie eben noch lang? Aus der Richtung, aus welcher ich gekommen war. Ich rannte die Straße entlang, aber entdeckte sie nirgendwo. Verdammt!
Die dunklen, londoner Straßen, welche immer leerer wurden, erfüllten mich mit Angst. Angst Mi nicht mehr finden zu können. Ich wollte nicht ohne sie sein. Ich wollte nicht Teil einer ihrer Erinnerungen sein. Ich wollte Teil ihrer Gegenwart sein. Ich wollte, dass sie mir wie früher die Hand auf die Wange legte und sagte, dass sie mich liebte. Sie musste unbedingt erfahren, dass sie noch immer geliebt wird und dass sich daran auch nie etwas ändern würde.
Wo waren sie nur hin? Die Lichter der Geschäfte und der Regen wirkten, so aufdringlich und mein Herz begann zu rasen. Ich musste sie finden. Mit ihr reden. Ich brauchte sie. Ich zückte mein Smartphone und sah nach, ob sie neue Bilder gepostet hatte. Mi hatte es tatsächlich getan. Bilder von der Ankunft, vom Shoppen und vom Essen im Restaurant. Und eines von den Schuhen ihrer Freundinnen mit dem Schriftzug: Auf zum London Eye!
Ich grinste. Danke, Mi! Danke für die Hinweise und Danke für eine Chance. Eine Chance mich zu rechtfertigen, beziehungweise erklären zu können. Aus meiner jetzigen Sicht rechtfertigte nichts meinen Verrat von damals. Der verletzte Gesichtsausdruck in ihren Augen. Meine gleichgültige Reaktion darauf. Für das alles wollte ich aufkommen. Es tat mir aufrichtig Leid. Wieder mal rief ich mir ein Taxi. Ein Taxi in meine Zukunft. Mi.
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The only thing that doesn't die is love, love, love...
Marina & The Diamonds
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Silent Lover [Jungkook FF]
FanfictionSTATUS: ABGESCHLOSSEN 17.12 Das Datum an dem sich meine Gedankenwelt einer Revolution unterzog. Es lag nicht an der regnerischen Stadt London, oder etwa meinem Single-Dasein. Es lag einzig und allein an Mi. Wusstet ihr wie es sich anfühlte, wenn ma...