Alisha

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Soeben kniete ich mich nieder, um meine Schuhe zu binden. Ich musste dringend noch einkaufen, weshalb ich mich auch beeilte. Immerhin schlossen bald die Läden und ich hatte kein Asthmaspray mehr im Haus. Das war schlecht, sogar sehr. Nicht das ich einen Anfall bekam und dann war es aus mit mir. Allein bei dem Gedanken jagte mir ein Schauer über den Rücken. Für unterwegs hatte ich noch eines, da war aber kaum noch was drin. Es würde hoffentlich genügen. Guter Dinge wollte ich mich aufrichten, als ich jedoch zu Boden geschubste wurde. "Wer besitzt denn bitte solche Frevel?" Fragte ich sogleich erbost und drehte meinen Kopf zu der Person, welche mich so töricht zu Boden geschubst hatte. Es war Leonard, mein Vater. Lange hatten wir keinen Kontakt und dazu war er einzig vierzehn Jahre älter als ich. Ja, er wurde sehr früh Vater, musste ich schon sagen. In meinen Augen war daran jedoch nichts verwerflich. Was passiert ist, war passiert. Daran konnte man nichts mehr ändern. Leise entfuhr mir ein Seufzer und sogleich richtete ich mich wieder auf. Den Staub klopfte ich mir kurz von meinem blauen Kleid, während ich meine roten Haare nach hinten warf. "Vater, was möchtest du? Ich muss dringend los" meinte ich und legte meine Hände übereinander. Ich bekam keine Antwort. Er steckte sich einfach nur eine Zigarette an und pustete mich mit dem Qualm voll. "Vater, ich bitte dich" hustete ich und fächerte mit einer Hand den Rauch weg "ich habe keine Zeit für so etwas." Damit lief ich auch schon an ihm vorbei aus dem Raum, aber sah mich im nächsten Moment verwirrt um. Ich befand mich nicht mehr im Internat, sondern in einem recht kleinen Raum. Dieser war stockdunkel und ich konnte die Hand vor Augen nicht erkennen. Was war denn das für eine Magie? Im Grunde konnte ja nur Pia dahinter stecken, auch wenn sie sowas bislang noch nie getan hat. "Pia, dass ist in keiner Art und Weise lustig" rief ich laut und sah mich kurz um. Nichts tat sich, dass machte mich wütend, aber äußerlich zeigte ich keine einzige Emotion. "Ich meine das ernst, hör gefälligst auf mit diesem Schabernack!" Rief ich erneut und wartete auf eine Reaktion. Nichts, schon wieder. Innerlich verdrehte ich die Augen und setzte dann vorsichtig meinen rechten Fuß nach vorn. Genau als ich das tat, entflammten geschätzte zwei Dutzend Fackeln im Raum. Sofort sprang ich zurück und war froh, dass hinter mir keine war. Feuer konnte ich nicht ab, schon immer hatte ich eine riesige Angst davor. Warum weiß ich selbst nicht, aber meine Mutter flößte es mir so ein. Eine Hexe war sie, jawohl! Nun wusste ich jedoch nicht, wie ich weiter verfahren sollte. Da die Flammen augenscheinlich immer näher kamen, schrie ich schon panisch:"Hört sofort auf damit. Dies ist unverzeihlich! Ihr macht mir ernsthafte Angst, bitte hört einfach auf!" Alles was geschah war, dass der ganze Raum nun in Flammen stand und ich nur noch wenig Spielraum besaß. Überall waren die alles verzehrenden, niemals satten, zerstörerischen Flammen, welche mich problemlos hätten verschlingen können. Das taten sie aber nicht, zumindest nicht mich. Sondern Leonard, Annabella und Pia. Sofort kreischte ich entsetzt auf und wäre am liebsten zu ihnen gesprintet, jedoch konnte ich nur zusehen wie sie Opfer der tödlichen Hitze wurden. Sofort rannen mir Tränen hinab. Weinen tat ich selten und selbst Tränen kamen nur selten auf. Daran sah man, dass mir viel an ihnen lag. Aber waren sie nun ernsthaft Tod? Ich sah nur noch wie ihre Asche vom Wind davon getragen wurde und das Feuer erlosch. Erleichtert atmete ich aus, dass wenigstens etwas weg war. Aber meine Familie? Warum nicht wenigstens meine Mutter, die alte Hexe? Etwas Wütend darüber zog ich eine Schnute, erschrak jedoch, als mir eine gescheuert wurde. "Wer wagt e-... Oh, Mutter!" Meinte ich geschockt und blickte sie entsetzt an. "Ich habe dir so oft gesagt, du sollst keinen Kontakt zu deinen Vater aufbauen! Aber du hast mal wieder nicht gehört! Wie konnte ich bloß so ein Kind groß ziehen?" Meinte sie direkt aggressiv und versetzte mir gleich noch einen Schlag. Schmerzerfüllt verzog ich das Gesicht, woraufhin ich nur noch einen mit bekam. "Ich sagte dir so oft, du sollest keine Fratze ziehen!" Schrie sie mich wütend an und warf mich förmlich zu Boden. "T-tut mir leid" meinte ich sofort und krabbelte ein Stück von ihr weg. Diese Frau war eine Furie, unglaublich. "Warte mal... bist du etwa nun dafür verantwortlich das sie Tod sind?!" Schrie ich angsterfüllt und starrte sie mit riesigen, tränengefüllten Augen an. Mit einem Nicken erhielt ich meine Antwort, ehe sie sich abwandte und ging. Also wenn ich niemals meinen Vater getroffen hätte, würde alle drei noch leben? Da sieht man es mal wieder, auf die Zukunft hat man keinen Einfluss, obwohl man immer sagte "Jeder ist des seines Zukunfts Schmied". Glauben daran tat ich noch nie wirklich daran, aber jetzt war es für mich völliger Humbug. Gerade als ich mich wieder aufrichten wollte, begann ich stark zu husten und bekam mich überhaupt nicht mehr ein. Oh nein, ein Asthmatischer Anfall, dass hatte mir jetzt auch noch gefehlt! Hektisch tastete ich keine Jacke ab, aber nirgends war das Spray! Hätte ich es etwa vergessen? Oh je, dass nahm kein schönes Ende für mich! Panik kam in mir auf, weil ich hilfslos war. War das nun also mein Ende? Na klasse, so hatte ich mir das schon immer vorgestellt.... nicht! Röchelnd saß ich einfach nur am Boden und ließ den Blick schweifen. Meine Kehle war wie zugeschnürt und ließ mir keinen Platz zum Atmen. "Fang!" Rief auf einmal jemand und direkt wurde mir ein Asthmaspray an den Kopf geworfen. Die Stimme kannte ich irgendwoher, aber das war vorerst egal. Mit hektischen griffen nahm ich es an und führte es zu Munde. Einige Male traf ich nicht, aber dann drückte ich endlich hinunter und ich atmete einmal tief ein. Kurz hustete ich nochmal auf, aber nun ging es wieder. Erleichtert musste ich tatsächlich Lächeln und steckte mir das Spray sorgsam in die Jackentasche. So erhob ich mich nun und sah mich schnell einmal um. Nun befand ich mich in einem Gang und ich war mir sicher, dies nicht allein.

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