Meine Ohren waren kalt vom Wind und mein Gesicht fühlte sich bereits an, als sei es zu Eis erstarrt, als ich endlich das Café erreichte. Eine schrille Glocke ertönte, kaum hatte ich die Glastür geöffnet und meinen ersten Schritt ins Warme getan. Das Wetter war scheußlich und bereits viel zu winterlich, weswegen es in dem kleinen, gemütlichen Coffee Companion ziemlich leer war. Abgesehen von mir war lediglich ein alter, klappriger Mann auf die unsinnige Idee gekommen, durch den Regen zu laufen, um eine Tasse heißen Kaffee zu trinken.
Die Tür fiel hinter mir mit einem weiteren Klingeln wieder zu und verbann die Kälte damit wieder nach draußen. Mit einem erleichterten Seufzen, es hierher geschafft zu haben ohne vollkommen zu erfrieren, blieb ich einen kurzen Augenblick an Ort und Stelle stehen, bevor ich mir einen der leeren Tische aussuchte – den, der direkt neben der Heizung stand – und es mir daran gemütlich machte.
Es dauerte nicht lange, da bereute ich schon wieder, meine Arbeit hier schreiben zu wollen. Es war ein Sonntag, draußen war es kalt und nass und ich hatte mal wieder nichts anderes zu tun gehabt, als um 9 Uhr am Morgen bereits aus dem Bett zu klettern und raus zu gehen.
Mit einem schweren Seufzer klappte ich meinen Laptop zu und schob ihn ein kleines Stück von mir weg. Die Ferien waren bereits halb um und die Arbeit musste erledigt werden, doch ich sträubte mich noch immer dagegen. Und nicht nur, dass ich kaum voran kam, sondern wollte ich noch nicht einmal wirklich einsehen, dass ich viel zu sehr hinter dem Arbeitsplan hinterher hing.
Nach einer weiteren Tasse Kaffee und einem Stück hausgemachtem Kuchen klappte ich den PC wieder auf und hoffte, vielleicht doch noch die ein oder andere Zeile zu schreiben. Tatsächlich kam ich recht gut ins Thema rein und wäre wahrscheinlich sogar recht weit voran gekommen, wäre da nicht die nächste Unterbrechung gewesen, die mich davon abhielt.
Oldham, meine Heimat, war nicht gerade als große Stadt zu bezeichnen, wenn es nicht sogar eher noch als Dorf galt. Demnach kannte hier jeder jeden, auch wenn man das nicht einmal wollte. Deswegen war ich umso erstaunter, als zwei Personen, die ich noch nie in meinem ganzen Leben gesehen hatte, durch die klingelnde Tür in das Café kamen. Hätte ich nicht mit dem Blick zum Eingang gesessen, wäre es mir definitiv zu unangenehm gewesen, mich immer wieder umzudrehen, um die Fremden zu mustern, doch so konnte ich aus dem Augenwinkel aufmerksam beobachten, wer die beiden waren.
Die kleinere Gestalt von beiden war eine Frau von vielleicht 26 Jahren, deren leicht asiatischen Gesichtszüge unter einer riesigen Kapuze hervorkamen, kaum zog sie diese vom Kopf. Ihr Begleiter, ein Mann etwa zehn Jahre älter als sie, offenbarte einen sehr skeptischen, missgelaunten Gesichtsausdruck, kaum schlüpfte er aus seiner Jacke.
Als ich erkannte, dass die Frau ihren Blick suchend durch das Café schweifen ließ, traute ich mich nicht länger, sie auch nur aus den Augenwinkeln zu mustern. Stattdessen konzentrierte ich mich wieder auf meinen Laptop, doch ich kam nicht einmal dazu, mich in die letzten Zeilen des Textes einzulesen, da wurde ich bereits unterbrochen. Als ich aufsah schaute ich geradewegs in das mich anlächelnde Gesicht der fremden Frau. Irritiert stand mir für einen Augenblick der Mund offen, bevor ich meine sehr überraschten Gesichtszüge wieder unter Kontrolle hatte.
„Bist du Marlyn Glynn?", kam es von der Frau. Ihre Stimme war hell, sanft und hatte einen leichten, ausländischen Akzent, den ich nicht so richtig zuordnen konnte.
Verwundert antwortete ich wahrheitsgetreu: „Ja, bin ich."
Beinahe hätte ich ein 'Kenne ich Sie?' hinterhergesetzt, doch ich riss mich zusammen und beließ es bei der kurzen Antwort, um nicht unfreundlich zu wirken.
„Puh, gut", kam die offensichtlich erleichterte Reaktion auf meine Antwort. „Darf ich mich dann zu dir setzen? Jaymes und ich sind schon seit Tagen unterwegs ohne wirklich eine Pause zu machen. Und das alles, um dich so schnell wie möglich zu finden, also bin ich jetzt umso froher, dich endlich gefunden zu haben."
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Mitternachtstraum
Fantasy»Träume sind die verschollenen Geschichten unserer Selbst. Geschichten, die unsere Seele noch weiß, aber unser Geist vergaß. Sie sind das, was du - und nur du alleine, Marlyn - einst erlebtest, was dir im Hier und Jetzt passiert, und das, was deine...