Chaos Dragon

#5 Im Schwimmbad

Als wir im Schwimmbad angekommen waren, war natürlich alles Menschenleer. Ich landete mit Soe am Beckenrand und wir gingen zu den Umkleiden. Die blau-weiß gestreifte Badehose stand mir überhaupt nicht. Außerdem war sie mir ein wenig zu groß, rutschte aber nicht.
Als ich an den Beckenrand ging, hörte ich ein Kichern. Ich drehte mich ruckartig um, aber da war es schon zu spät. Schon landete ich mit einem lauten Platschen im Wasser. Nach Luft schnappend tauchte ich auf, während sich Soe am Beckenrand kranklachte. Na warte! Ich schnappte mir eines ihrer Beine und zog sie mit ins Wasser. Nun lachte ich. Als sie auftauchte, schob sie mir erst einmal einen Schwall Wasser ins Gesicht. Natürlich erwiderte ich dies mit einer noch größeren Welle, und so ging das noch einige Zeit weiter, bis wir beide schwer atmend am Beckenrand hingen. ,,Die Erde ist echt genial" lachte ich. ,,Wie ist es eigentlich bei euch in Enukra? Gibt es dort andere Tiere, Pflanzen oder so? Wie ist es denn dort?" murmelte sie fragend und schaute zu dem klaren Sternenhimmel hinauf. ,,Fantastisch" murmelte ich und lehnte mich mit dem Rücken an die Wand, lehnte meinen Kopf auf dem Boden und sah ebenfalls nach oben. ,,Jeder ist freundlich in Alkrez. Es ist anders als hier, aber doch irgendwie gleich. Wir leben in den gleichen Häusern wie ihr, aber hier gibt es oft keine Balkons. Bei uns hat jedes Haus einen wie eine Art Abflugfläche. Es gibt viel mehr Natur und in den Wäldern leben noch andere Wesen wie Einhörner und Elfen. Die Elfen sind schon ein eigenes Volk, aber sie haben kein eigenes Land und leben eigentlich überall. Genauso ist es mit dem Meervolk in den Gewässern. Aber in der Dämonenwelt leben sie kaum, da es dort fast keine Wälder mehr gibt. Überall stehen Hochhäuser und du kannst dir das Land wie mehrere riesige Großstädte vorstellen. Der Grund, dass sie uns angegriffen haben, ist, dass unser König Draco und sein Bruder Daemon sich zerstritten haben wegen des Platzes. Es gibt mehr Dämonen als Drachen und Engel, allerdings ist das Land am kleinsten.
Wir Drachen können nichts dafür, aber gestern haben sie uns angegriffen..." Ich machte eine Pause und schloss die Augen. ,,Mein Vater, meine Mutter und ich haben zusammen gewohnt. Im Sommer hat meine Mutter in unserem Garten immer ein Picknick mit unseren Verwandten gemacht. Und im Winter hat mein Vater ein Lagerfeuer mit Freunden gemacht. Das waren immer die Highlights unserer Familie. Jeder hatte etwas mitgebracht und dann haben wir Kinder unseren Eltern Streiche gespielt, mit den Runen, die wir schon kannten. Mein Vater hat mir schon ganz früh Runen beigebracht, die man eigentlich erst in der Schule kennenlernt. Letztes Jahr bin ich mal nachts in die Schule geflogen und habe mal ein Buch 'ausgeliehen'. Damit habe ich dann zu Hause gelernt, obwohl ich es nicht durfte. Natürlich hab ich es vor meinen Eltern verstecken müssen. Mit etwas Glück finde ich in einer von euren Büchereien ein Buch von Alkrez. Und mit noch mehr Glück ist es ein Buch über Drachenmagie." endete ich und schaute zu Soe. Sie hatte ihren Kopf auf ihre Arme gelegt und schaute mich erwartungsvoll an. Ihre hellen Haare waren nass und schimmerten im Mondlicht golden. ,,Wir können morgen ja mal in die Bücherei gehen, wenn du willst." nuschelte sie in ihren Arm. Ich nickte und kletterte aus dem Wasser. Aus der Tasche holte ich zwei Handtücher und reichte eines Soe, die inzwischen auch aus dem Wasser geklettert war. Mit dem Handtuch trocknete ich erst meine Haare ab, dann wickelte ich mich darin ein und legte mich auf eine Liege, um den Sternenhimmel weiter beobachten zu können. Soe legte sich auf eine Liege daneben. So lagen wir einige Minuten und starrten in den Himmel.

Bis ein Taschenlampenlicht uns blendete. ,,Hey! Was tut ihr Zwei hier?" brüllte eine tiefe Männerstimme. Ich saß sofort senkrecht auf der Liege und schaute dem Mann direkt ins Gesicht. Dann sprang ich auf, schnappte mir Soe und Tasche mit Klamotten und rannte hinter das Gebäude. Mit dem Mann auf den Fersen, breitete ich, als ich außer Sichtweite war, meine Flügel aus und flog kurzerhand mit beidem über den Zaun in die nächstmögliche Versteckmöglichkeit. Dort verharrten wir erst einmal ein paar Minuten. Von den Büschen aus sahen wir den verwirrten Wachmann, der mit seiner Taschenlampe das gesamte Schwimmbad absuchte. Ich zog aus der noch halboffenen Tasche mein Shirt heraus und zog es mir über. Ich gab Soe auch ihres, welches sie sich sogleich überzog. Meine Haare waren inzwischen getrocknet. Da die Büsche recht niedrig waren, hatte ich meine Flügel angelegt um später wieder losfliegen zu können. Ich hätte sie auch bannen können, aber dann hätte ich eventuell, wie es mir öfters in Enukra passiert war, wieder vergessen mein Shirt am Rücken hochzuziehen, damit meine Flügel Platz hatten. Und das bedeutete ein T-Shirt weniger im Kleiderschrank.

Wir versuchten möglichst, ohne Geräusche aus den Büschen wegzukriechen, direkt in den Wald rein, der an das Schwimmbad grenzte. Dabei achtete ich mehr auf Soe, die wohl ziemliche Angst vor Splittern und anderen piksenden Dingen hatte. Als wir schon ziemlich weit im Wald drinnen waren und nur noch gedämpft die Schreie des Wärters hörten, stand ich langsam auf und Soe tat es mir gleich. ,,Wessen Idee war das gleich?" lachte ich und schaute Soe an. Sie sah bedrückt zu Boden. ,,Uhm..." sagte sie und rührte mit ihrem nackten Fuß in den Tannennadeln. ,,Lass uns erst mal zurückfliegen. Deine Füße tun bestimmt weh nach der Aktion". Soe nickte und hob die Tasche auf. ,,Zieh dir besser noch eine Jacke über, der Wind wird kalt" sagte ich und lächelte. Ich weiß nicht, was es war. Vielleicht das sie zitternd wie ein kleines Reh vor mir stand, oder das wir gerade einem Nachtwächter entkommen waren. Irgendwie hatte ich das seltsame Gefühl, sie beschützen zu müssen.

Als Soe ihre Jacke angezogen hatte, breitete ich meine Flügel aus und sie stellte sich vor mich. Die Tasche hatte sie sich um den Bauch gebunden. Ich hielt sie mit meinen Armen fest und schwang mich in die Lüfte.