Caroline
Nachdem ich aufgelegt hatte, musste ich mir erst mal bewusst werden, was grade passiert war, doch viel Zeit hatte ich nicht. Ich steckte mein Handy in meine Jeans, griff meinen Autoschlüssel von meiner Kommode die in meinem Flur stand und sprintete die Treppen hinunter. Im Flur des Erdgeschosses kam mir meine Mutter entgegen. „Wo willst du denn so schnell hin? Hast du schon wieder vergessen, dass du heute mit dem Unterricht dran bist?!" Ja. „Nein! Ich wurde nur grade von Maja angerufen." Jetzt sah meine Mutter verwirrt aus. „Maja?!" Ich verdrehte die Augen und hoffte inständig, dass sie es nicht sah. „Ja Mam, Maja, die Mutter von Tyler, erinnerst du dich? Er hat ja bis zu unserem Umzug nur fast bei uns gewohnt, so wie ich fast bei ihm gewohnt habe." Jetzt sah sie mich mit fragender Ernsthaftigkeit an. „Ich weiß wohl wer Maja ist, schließlich musste ich jeden zweiten Tag bei ihr Anrufen, um zu fragen ob du bei Tyler bist und umgekehrt genauso. Ich war nur verwirrt, weil wir schon seid einer gefühlten Ewigkeit keinen Kontakt mehr hatten. Was wollte sie denn so plötzlich?" Dafür hatte ich jetzt echt keine Zeit. „Erkläre ich dir später Mam, ich muss jetzt dringend los." Sagte ich während ich in meine Stiefeletten stieg, mir meine Strickjacke überzog und aus der Haustür flüchtete. Ich hatte jetzt nicht die Kraft, darüber nachzudenken.
Ich ging auf meinen dunkel blauen Ford Mustang 2.3 Ecoboost, den ich vor ein paar Monaten zum 18. Geburtstag bekommen hatte. Da ich ihn so sehr wollte haben meine Eltern ihn mir halt zum Geburtstag geschenkt und jetzt ist mein Mustang mein ganzer Stolz. Ich stieg ein und fuhr die 2 Kilometer zum Stall. Vor der Halle standen schon Kinder und alle samt Muttern und warteten darauf, dass etwas passierte. Ich stieg aus und ging auf die Gruppe blutiger Anfänger zu. „Guten Morgen!" sagte ich freundlich. Da ich meine gute Laune wiedergefunden hatte. Ich verdrängte erst mal das Telefonat von eben. Wie in der Schule kam im Chor ein „Guten Morgen!" zurück. Diese Truppe war mit 5 Leuten relativ klein, deswegen übernahm ich sie dieses Mal. „Mein Name ist Caroline, ich bin für dieses Quartal eure Lehrerin. Bei Fragen, Kritiken oder sonstigen Angelegenheiten kommt bitte immer gleich zu mir. Wenn ich aus Gesundheitlichen oder Privaten Gründen nicht kann, sage ich euch bescheid ob Training ausfällt oder ob ich vertreten werde. Wenn einer von euch mal krank sein sollte oder ihr nicht könnt, dann sagt ihr bitte jemandem bescheid, der es mir ausrichten kann. Wir warten zu Beginn immer bis alle da sind und fangen dann zusammen an. Es kann aber auch sein so wie heute, dass ich mal ein paar Minuten später komme. Das ist doof, aber auch das kann passieren, das dürft ihr mir dann nicht übel nehmen. Auch wenn ihr mal später kommen oder früher gehen müsst, ist das kein Problem. Ich hoffe, dass ich eure Namen möglichst schnell lerne, aber ich kann nichts versprechen. Soweit bis hier hin Fragen?" Ich sah in die Runde doch bisher schien noch alles klar zu sein. „Ok, sind irgendwelche Wertsachen vorhanden die ich einschließen soll? Eigentlich klaut hier niemand, aber man weiß ja nie." Alle schüttelten die Köpfe. „Ok, dann folgt mir bitte in die Ställe." Ich ging um die Ecke an der Halle vorbei bis hinten zu dem doch sehr großen Gebäude, welches sich neben unserer Scheune befand, mit den 112 Boxen. Doch nicht alle waren belegt, wir haben von den 112 Boxen etwa 95 besetzt und davon sind nochmal etwa 40 Einsteller. Wir gingen fast bis nach ganz hinten durch und hinter mir hörte ich schon ein Mädchen zu ihrer Mutter sagen, dass sie Angst hatte sich zu verlaufen. Innerlich musste ich grinsen. Sie hatte Recht es war schon ziemlich groß. „Keine Angst wir werden in den ersten Wochen immer zusammen die Pferde bzw. Ponys holen und dann kennt ihr den Weg glaubt mir. Man merkt sich wo sein Pferd steht." Sagte ich grinsend. Die Mutter von dem Mädchen musste auch grinsen und nickte. Ich ging zu den Ponys auf der linken Seite und alle stellten sich im Halbkreis um mich herum. „Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder wir teilen jedem ein Pferd für das gesamte Quartal, sprich für die nächsten 3 Monate, zu oder wir tauschen jede Woche. Das könnt ihr jetzt entscheiden." Alle stimmten dafür, dass jeder sein „eigenes" bekommt. Nachdem jeder ein Pony hatte, es geputzt und gesattelt war und bereits gut die Hälfte der Stunde um war, kam meine Mutter in die Halle und fragte mich nochmals nach Maja. Doch ich blockte wieder ab mit der Aussage, dass ich noch einiges zu tun hatte. Damit gab sie sich zwar zufrieden aber ich merkte, dass ich dieser Frage nicht mehr lange ausweichen konnte. Nachdem die Reitstunde zu ende war, fuhren alle nach und nach vom Hof. Ich ging in Richtung Stall zu meinem Pferd. Und obwohl der Name nicht wirklich passt, heißt er Diabolo. Und bisher ist er der ruhigste und entspannteste Hengst, den ich bisher geritten bin.
Nachdem ich ihn geputzt und nur ein Seil um seinen Hals gelegt hatte, ging ich, dicht gefolgt von meinem gut erzogenen Pferd, aus dem Stall auf den Hof. Dort sah ich aus der Ferne meine Mutter suchend herumlaufen. Ich wusste augenblicklich, dass sie nach mir suchte. Also sprang ich auf den Rücken von Diabolo und schlich mit ihm um die Ecke und runter vom Hof. Nachdem ich eine Weile am Strand entlang geritten war und mir einige bekannte Gesichter entgegen gekommen waren, beschloss ich mich in die Dünen zu setzten. Ich rutschte also vom Rücken des Pferdes und ließ es ein paar Meter entfernt von mir grasen. Ich selbst legte mich in den Sand und ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen.
Wiederwillig dachte ich über den Anruf von heute Vormittag nach. Maja hatte angerufen, um zu fragen ob ich ihr helfen könnte, oder wohl eher Tyler. Er hatte sich anscheinend seit meinem Umzug vor vier Jahren, von Berlin nach Sylt, komplett verändert. Und das nicht im guten Sinne. So wie sie das erzählt hatte, nahm oder verkaufte er Drogen und hatte einen bedeutungslosen One Night Stand nach dem anderen. Nun war er wegen Trunkenheit am Steuer und Körperverletzung sogar festgenommen worden und musste eine Geldstrafe von 1.500 Euro zahlen bzw. seine Mutter. Jetzt sollte ich sie besuchen fahren und versuchen ihm den Kopf zu recht zu rücken. Die Frage ist, ob er das überhaupt zulässt. Ob er mich überhaupt an sich heran lässt. Aber je mehr ich drüber nachdachte, desto weniger wollte ich nein sagen. Vielleicht gab mir auch das die Chance ein paar alte Bekannte zu besuchen. In den Gedanken an meine Heimat versunken schlief ich anscheinend ein, denn als ich durch eine Pferdenase geweckt wurde stand die Sonne schon sehr niedrig. So hatte ich allerdings auch die Möglichkeit, im Schein der untergehenden Sonne am Wasser lang zu reiten. Was auch mal wieder ganz schön war.
Nachdem ich Diabolo im Stall untergebracht hatte, stellte ich fest, dass ich zu spät zum essen kommen würde, wenn ich mich jetzt nicht beeilte. Also sprintete ich zu meinem Auto und fuhr doch etwas schneller nach Hause als sonst üblich. Nachdem ich zusammen mit meiner Familie gegessen und den Tisch abgeräumt hatte, des erklärenden Gesprächs mit meiner Mutter über das Telefonat mit Maja und des spätem Heimkommens inklusive, ging ich hoch in meine Etage.
Dort warf ich meinen Autoschlüssel wieder auf die Kommode und zog mir meine Jogginghose an. Stellte den Fernseher an und holte mir aus meiner Snack-Schublade eine Tüte Gummibären. Doch im Programm für heute Abend war nichts gutes zu finden, also suchte ich mir aus meinem DVD Regal den Film Knight&Day mit Camaron Diaz und Tom Cruse heraus und sah ihn mir zum bestimmt Zenten mal an. Während der Abspann lief ging ich nochmal nach unten zu meiner Mutter um ihr zu sagen, dass ich Maja den Gefallen tun würde und für zwei Wochen nach Berlin fahre. Sie fand die Idee gar nicht mal so schlecht und bot mir an die Reitstunden zu vertreten, die ich dann nicht werde geben können. Ich schlief mit ziemlich gemischten Gefühlen ein, aber auch mit dem Gedanken, dass ich jederzeit nach Hause fahren, und somit den Versuch Tyler daran zu erinnern wer er war, abbrechen konnte.
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Vom besten Freund zum Arschloch
Teen FictionNach einer schmerzlichen Trennung, vor vier jahren, finden Caroline und Tyler wieder zusammen. Das allerdings nicht aus Zufall. Ihre Leben haben einen ziemlich heftigen Wendepunkt gehabt. Nun versucht sie ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zu ho...