Kapitel 1 - 61 Kilo

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In jeder Schule gibt es diesen einen Jungen. Den einen Jungen, der zwar hin und wieder mit den anderen redet, aber keine wirklichen Freunde hat. Über den eigentlich niemand etwas weiß, obwohl er schon immer da gewesen war. Bei dem man es sich nicht traut, ihm in seine Augen zu schauen. Vielleicht, weil man Angst davor hat dass zu sehen, was er sieht.  

Und ich bin mir sicher, dass er etwas anderes sieht als wir. 

Jede Schule hat so einen Jungen.  

Und an meiner Schule war es Liam Payne. 

Es war mir noch nie so sehr aufgefallen wie an diesem Tag, an dem ich mit ein paar anderen aus meiner Klasse in der Mensa unserer Schule saß und ihn beobachtete. Und mich dabei erwischte, wie ich mich fragte, was er wohl nicht mit ihm stimmte. Naja, er sah ja nicht schlecht aus. Kurze, verstrubbelte Haare und ein ganz passabeles Gesicht. Seine Figur würde ich als oberen Durchschnitt bewerten. Das einzige, was ihn schon von seinem Äußeren von uns anderen abhob, war sein Kleidungsstil. Liam bevorzugte dunkle Kleidung, am liebsten unbedruckte T-Shirts und Zipperjacken, dazu trug er eigentlich immer seine schweren Stiefel. Und dann saß er da, wie heute. Ganz alleine. Trotz der überfüllten Cafeteria wollte niemand unmittelbar neben ihm sitzen.  

Man duldete ihn zwar, aber niemand wollte sich wirklich mit ihm abgeben. Als würde in seinem inneren eine Bombe ticken, die jederzeit in die Luft fliegen könnte.  

Neben mir erhoben sich Nelly Dixon und Lisa Goldfield von ihren Stühlen, ich griff automatisch nach meinen Tablett und machte, dass ich ihnen folgte.  

"Aber das kann nicht sein!", beschwerte sich Nelly während wir die Cafetarie durchquerten. "Wenn Nick auf mich stehen würde, dann hätte er bestimmt nicht Sarah gefragt, ob sie mit ihm zum Ball geht." 

"Er hat sich warscheinlich einfach nicht getraut, dich zu fragen." Lisa zuckte mit den Schultern. "Wenn du nicht immer so dominant wirken würdest, dann hättest du schon lange ein Date."  

Die beiden stellten ihre Tablette in das dafür vorgesehene Rückgaberegal, ich tat es ihnen gleich. 

"Kein Wunder das du so dünn bist, Lil.", seuftze Nelly, ihr Blick war auf mein Tablett gerichtet. Ich hatte eigentlich garnichts gegessen, allerdings hatte ich die Hälfte meiner Pommes Tony gegeben, der beim Essen neben mir gesessen war. Ich zuckte mit den Schultern. Meine ach-so-gute Figur brachte mich auch nicht weiter wenn es um ein Date für den Abschlussball ging. Eigentlich hatte noch fast niemand eine Verabredung, bis in den Sommer waren auch noch fast fünf Monate Zeit. Und wenn man es genau nahm, dann war es nichtmal unser Abschluss, sondern der der Zwölftklässler. Wir als Zehntklässer waren nur das erste Mal auch ganz offiziell dazu eingeladen worden.  

Aber trotzdem schien es seit einer Woche kein anderes Thema mehr in unserer Klasse zu geben. Und dass einige doch schon ein Date hatten, setzte mich leicht unter Druck. Ich meine.. klar, ich war nicht hässlich. Und auch nicht unbeliebt. Aber irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Junge mich einladen würde, mit ihm zum Ball zu gehen. Es kam mir manchmal so vor als wenn.. naja, als wenn diese Leute mich einfach übersahen.  

"Lass uns noch zum Kiosk gehen, ich brauche Schockolade.", erklärte ich und Nelly verdrehte die Augen. 

"Genau, drücks uns nur rein! Wenn ich in jeder Mittagspause einen Kinderriegel in mich reinschieben würde, dann würde ich nach einem Monat aussehen wie Beth Ditto." 

Lisa begann zu kicheren und auf meine Lippen erschien ein schmales Lächeln. Manchmal fragte ich mich, ob meine Freundinen wirklich so oberflächlich waren, wie sie immer taten. Und ich fragte mich, woher das kam. Ich meine, dass ich in letzter Zeit so viel über andere nachdachte. Früher war ich genau wie die anderen gewesen, hatte einfach gelebt und nicht groß darüber nachgedacht, warum ich immer die neusten Klamotten und die besten Acessiores besitzen musste. Aber seit einigen Monaten kam mir das ganze Leben das ich lebte, so falsch vor. Ich hatte einmal meine Mom darauf angesprochen, aber sie hatte gemeint, dass würde wieder vergehen. Das wäre nur der Stress, die Aufregun, die der Wahlkampf meines Dads mit sich zog. 

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