Kapitel 1

805 56 0
                                    

Langsam rollte der Wagen durch die endlose, schwarze Nacht. Die Scheinwerfer erhellten die Straße. Altbekannte Häuser türmten sich rechts und links vom Taxi auf. Die Straße hatte noch mehr Schlaglöcher als damals. Mein Blick erfasste all die Häuser, die Vorgärten und die alten Scheunen. Alles war so vertraut und doch so fremd. Ein wenig fühlte ich mich verlassen bei diesem altbekannten Anblick.

Der Fahrer setzte den Blinker und fuhr in den Hof eines älteren Gebäudes. Mein Herz schlug schneller. Ich war an meinem Ziel. Rechts ein kleines Häuschen,links ein größeres Gebäude. Zwischen den beiden eine Art Scheune. Ein Lächeln schlich sich bei den Anblick dieses alten Anwesens auf meine Lippen. Ich rieb meine, vor Aufregung schweißnasse, Hände an meiner schwarzen Jeans.
Der Taxifahrer hielt und stellte den Motor aus. „So wir währen am Ziel, junge Dame.",erklärte er mit einem freundlichem Lächeln im Gesicht. Milde lächelte ich zurück und übergab den Fahrer das Geld. Die Aufregung gewann in diesem Moment die Macht über meinem Körper. Mit zitternden Händen nahm ich meine wenigen Taschen vom Sitz neben mir und stieg aus. Das erste Mal setzte ich einen Fuß auf diesem Grundstück. Hinter mir startete der Fahrer bereits wieder das Taxi und fuhr davon. Ich verharrte einen Moment, atmete die kalte Nachtluft tief ein und schloss dabei meine Augen. Nun begann ein neues Leben.

Einen Kaffee trinkend, saß ich am nächsten Morgen an meinem Esstisch in der Küche und schaute aus dem Fenster. Vorfreude auf das neue Leben packte mich. Ich war aufgeregt was es alles bringen würde. Gegenüber vom Haus befand sich mein Stall. Der Stall in dem schon in wenigen Stunden meine Pferde stehen würden. Zwischen den beiden Gebäuden befand sich die Scheune. In ihr war nicht viel. Ein paar Ballen Heu und Stroh. Schubkarren und Mistgabeln. Mehr nicht. Dennoch schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Dies alles gehörte mir. Es war mein Haus in dem ich saß. Es war mein Stall in dem die Pferde stehen sollten. Es war meine Scheune die nur spärlich befüllt war.

Auf dem Weg in den Stall erfasste mich die Freude. Nach über einem Jahr sah ich nun endlich meine Pferde wieder. Konnte endlich wieder selbst bestimmen wo und wann ich etwas tun werde. Und konnte endlich wieder frei sein. Doch das erste was ich tat, war, zurück in das Land zu reisen, das mir einst mein Leben nahm. Um genau das wieder zurück zu finden. Mein Leben. Meine Lebensfreude. Mich.

Der Stall war langes Gebäude das für 20 Pferde Platz bot. Jedes Pferd hatte eine geräumige Box mit anschließenden Paddock. Durch große Fenster wurde der Stall mit Licht durchflutet. Am oberen Ende des Stalles befand sich die Sattelkammer. Ein großes Fenster sorgte für Tageslicht in ihr. Ich mochte das Gebäude und so dauerte es nicht lange die Boxen bereit zum Einzug zu machen.

Nervös mit meinen Fingern spielend, stand ich an meiner Auffahrt und spähte ungeduldig die lange Straße hinunter. Wann kam der LKW endlich? Angespannt lauschte ich in die Ferne. War das ein Motorengeräusch? Mein Herz begann Saltos zu schlagen. Sollte es endlich so weit sein? Sollte ich endlich nach einem Jahr meine Pferde wieder sehen? Ich grinste und beobachtete angespannt wie das Monstrum langsam die enge Straße hinauf fuhr. Endlich wurde der Blinker gesetzt und der LKW rollte in meinen Hof. Aufgeregt sprang ich zu der Fahrerkabine.
Der Fahrer stieg grinsend aus und brachte einen Haufen Papiere mit. „Junge Dame",begrüßte er mich nickend mit einem ausländischen Akzent, „ich nehme an das sind ihre Pferde?" Hektisch nickte ich. Er überreichte mir einen Stapel Papiere und begann die Laderampe zu öffnen. Ich lag die Pässe und alles weitere an die Seite und stellte mich gespannt neben dem Fahrer.
Die Rampe wurde automatisch herab gelassen und gewährte den Blick ins Innere des Fahrzeuges. Meine Augen mussten sich erst an die plötzliche Dunkelheit gewöhnen. Doch dann setzte mein Herz für einen Moment aus.

Dort standen sie.
Alle drei.

Snow White,so weiß wie noch nie,Dreamstar,aufgeschlossen wie eh und je und Summer Night. Ein wahrer kleiner Riese war er geworden. Glänzendes Fell und aufgeschlossener Blick.

Mit einem Grinsen von einem Ohr zum anderen stieg ich vorsichtig in den Innenraum. Dreami steckte mir seine Nase als erster entgegen und beschnupperte gespannt meine ausgestreckte Hand. „Na, ihr? Schon lange nicht mehr gesehen.",flüsterte ich in die Stille des Wagens. Er schnaubte und ich streckte meine Hand aus um sie über seinen kräftigen Hals fahren zu lassen. Das Fell war seidig weich und der Hals kräftiger als noch vor einem Jahr. Er war gut trainiert worden.

Snow White schaute mich aus ihren blauen Augen etwas misstrauisch an. Sie war schon immer sehr misstrauisch gegenüber fremden Menschen gewesen. „Hey, du kennst mich doch, Große.",flüsterte ich ihr zu. Summer blickte mich aus seinen klugen, braunen Augen aufgeschlossen an. Ich lächelte und fuhr ihm über den Hals. Kurz trat ich zurück um ihn zu Mustern. Die Transportgamaschen waren nicht für seine noch unbemuskelten Beine ausgelegt und standen etwas ab. Der Schweif war lang und glänzend geworden. Die Mähne lag in allen Richtungen verstreut an seinen Hals. Das Fell war kurz,der Schopf voller Knoten.
Ich lächelte ihn an. Er war wunderschön, so wie er war.

Gemeinsam mit dem Fahrer brachte ich die Pferde in die bereits fertigen Boxen und räumte danach ihre Sachen auf.

Black Night-Der Hengst der UnendlichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt