Er schlug die Augen auf und sah sich um. Um ihn herum war es beinahe zu dunkel um etwas erkennen zu können.
Es sah aus, als wäre er in einem Wald, aber er konnte eine Kapelle sehen. Langsam ging er darauf zu, die Umgebung im Auge behaltend und lauschend.
Jederzeit mit einem Hinterhalt rechnend. Aber es war alles ruhig. Langsam und vorsichtig öffnete er die Tür zur Kapelle, als er diese erreicht hatte.
Der große Raum war leer, überall hingen Spinnenweben und auf den Boden waren eindeutige Spuren dafür, das nur Tiere sich in den letzten Jahren hier her verirrt hatten zu sehen. Nur ein paar Spuren und ein mit Ketten verschlossener Sarg in der Mitte deuteten darauf hin, das vor kurzen Menschen hier gewesen waren.
Er atmete tief durch, obwohl er es eigentlich nicht mehr musste, und ging auf den Sarg zu. Er konnte ihn nicht öffnen, wusste aber trotzdem genau, wer darin lag. 'Ich selbst liege da drin!', schoß es ihm durch den Kopf, als er sich neben dem Sarg auf die Reste einer Holzbank setzte. Erinnerungen kamen in ihm hoch. An die letzten Tage und Stunden in seinem Leben. Seinem wirklichen Leben und nicht an das, zu dem er verdammt worden war, bevor er wirklich gestorben war.
Er schloss die Augen und sah sich selbst im Haus der Salvatores. Mit Damon, Jeremy, Bonnie und Elena. Er hörte dem Gespräch an dem er vor ein paar Wochen beteiligt gewesen war zu. Hörte sich selbst sagen, das es immer eine Lösung gab.
Nur jetzt sah er keine Lösung. Und fand auch keine als er nachdachte. Es gab keine. Jedenfalls keine für die er nicht die Hilfe einer Hexe brauchte. Ja, Bonnie wäre von all seinen Freunden, die er gehabt hatte im Moment die Einzige die ihm helfen konnte. Die Frage war nur, wie er ihr das sagen sollte und... ob sie es überhaupt tun würde. Nach allem, was er getan hatte. Er hatte ihr Blut getrunken, er hatte ihre Freunde... seine eigenen Freunde... verletzt. Caroline, Stefan, Elena.. sogar seinen eigentlich besten Freund Damon. Sie alle hatte er auf die eine oder andere Weise verletzt.
Er verdiente es hier zu sein. Auf der anderen Seite, auch wenn das bedeutete, das Elena ebenfalls tot sein musste. Denn sein Leben war an ihres gebunden gewesen. Durch einen Zauber, den Esther ausgesprochen hatte.
Leise seufzend öffnete er die Augen wieder und stand auf. Kurz legte er eine Hand auf den Sarg und verließ dann die Kapelle wieder. Draussen blieb er mitten in der Bewegung stehen. Etwas hatte sich verändert. An der Umgebung und in ihm selbst auch. Jetzt konnte er alles deutlich erkennen und erkannte auch, wo er sich befand und er fühlte sich anders. Es fühlte sich an, als würde etwas an ihm ziehen. An seinem tiefsten Inneren. An seiner Seele.
Er war nicht weit von der Stadt entfernt, in der er als Vampir, als die Originals jagender Vampir, seine Freunde gequält hatte. Er rannte los und erreichte bald darauf Mystic Falls und blieb vor dem Haus der Salvatores stehen. Damon stand am Fenster, sah ihn direkt an... aber sah ihn dennoch nicht. Denn er war nur ein Geist. Er dachte an Jeremy und machte sich auf den Weg zum Haus der Gilberts. In der Hoffnung das Jeremy zu Hause war.
Erleichtert seufzte er, als er den Jungen auf dem Sofa sitzen sah. "Jeremy!?", flüsterte er und lächelte entschuldigend, als ihre Blicke sich trafen. "Jeremy, es tut mir alles so leid. Das... das war nicht ich. Das war ein Teil von mir, den ich selbst nicht kannte..." Er sah zu Boden, als er Jeremys Worte hörte. "Schon okay. Ich weiß... Wir vermissen dich alle ganz schön. Selbst Damon, obwohl der es im Leben nicht offen zugeben würde." Er nickte wissend. Er hatte es vorhin an Damons Blick gesehen. "Was ist mit Elena?", fragte er leise. Auf das schlimmste gefasst. "Sie lebt.", antwortete Jeremy knapp und er sah ihn erstaunt an. "Aber wie...?!"
Jeremy erklärte ihm, was passiert war. Der Unfall von Matt und Elena. Das Elena Stefan dazu gebracht hatte Matt zu retten und nicht sie. Und das Meredith ihr Vampirblut gegeben hatte um sie zu retten, nachdem sie vor dem Unfall zusammengebrochen war. Nachdem er selbst sie verletzt hatte. Und das Elena jetzt ein Vampir war. "Scheisse... das wollte sie doch nie!!" entfuhr es ihm, aber Jeremy lachte leise. "Sie kommt damit klar. Stefan und Damon helfen ihr."
Ein paar Minuten herrschte Stille, bis Jeremy ihn wieder ansah. "Ric?! Wir holen dich irgendwie zurück. Bonnie sucht seit Tagen nach einer Möglichkeit." Dankbar sah Ric Jeremy an. "Danke! Sag allen, das es mir leid tut, Jeremy. Ich zähl auf euch!" Dann verschwand er, tauchte in der Kapelle wieder auf. Neben seinem Sarg und wartete. Wartete darauf, das Bonnie einen Weg fand ihn wieder zurück zu holen. Sein altes Ich.