Rauch waberte umher und brannte in Lucas´ Augen. Der Wald brannte lichterloh! Er nahm den Geruch von verbranntem Holz wahr und die Angst drohte ihn zu lähmen.
Er befahl sich, weiter zu laufen und begann zu rufen. "Vater! Vater, wo bist du?" Er spürte wie seine Stimme nachließ und seine Schreie immer schwächer wurden.
Schließlich zwang Lucas sich zur Ruhe und stand einen Moment ganz still. Er nahm alles auf einmal wahr: Das Kanninchen, das gut 50 Meter entfernt vor dem Feuer zu fliehen versuchte. Den Ast, der etwas versetzt hinter ihm splitterte und schließlich vom Baum abbrach und den panischen Warnruf einer Amsel, die hektisch aufflatterte.
Das Adrenalin rauschte durch seine Adern und endlich hörte er, wonach er gesucht hatte: ein paar Meter von ihm entfernt, konnte er ein schwaches Keuchen ausmachen.
Die Quelle des Geräusches war nahezu vom Feuer eingeschlossen und Lucas zögerte keine Sekunde. Er rannte in einem Bogen darauf zu, denn dort loderten die Flammen des Feuers noch nicht so hoch.Schon bevor er dort ankam sah er eine zusammengekauerte Gestalt auf dem Boden sitzen. In diesem Moment begann der Mann in sich zusammenzusacken. Mit wenigen Schritten war er bei ihm. "Vater", hauchte er und die Augen der Person begannen zu flattern.
Lucas´ Vater war ausgezehrt, in den letzten Monaten hatte er sehr gelitten und Lucas wusste das. Er hob seinen Vater hoch und war für einen Moment dankbar, dass er so trotz seiner sonst so beeindruckenden Gestalt so leicht war.Der Mann keuchte und begann mühevoll zu sprechen: "Lucas, bring dich nicht selbst in Gefahr. Ich werde sterben, du kannst mich nicht retten!"
Doch Lucas dachte gar nicht daran ihm zu gehorchen und schenkte seinen Worten keine Beachtung. Er begann, sich so schnell wie möglich einen Weg nach draußen zu erkämpfen.
"Spare deinen Atem, Vater, du wirst nicht sterben", sagte er. Er versuchte so zuversichtlich wie möglich zu wirken und lief verbissen weiter. Doch er wusste, dass er nicht ewig durchhalten konnte, denn das Gewicht seines Vaters erschwerte ihm den Weg aus dem Wald heraus erheblich.
Schon nach kurzer Zeit spürte er ein Stechen in seiner Seite und er begann zu keuchen. Die Hitze der Flammen, die ihn zum schwitzen brachte und an seinen Kräften zehrte machte es auch nicht leichter.
Er nahm seine ganze Kraft zusammen, dankte dem Himmel im Stillen für all das zusätzliche Konditionstraining, mit dem sein Vater ihn in den vergangenen Wochen so oft gequält hatte und rannte noch ein bisschen schneller.Lucas wusste nicht, wie lange er so lief, und er wusste auch nicht, wie er es geschafft hatte, ohne seiner Erschöpfung nachzugeben, doch irgenwann sah er Licht durch die Bäume strahlen. Er hatte den Waldrand fast erreicht. Lucas hielt sich durch nicht viel mehr als reine Willenskraft am Laufen und sprintete aus dem Wald.
Links von sich sah er Feuerwehrleute auf den Wald zulaufen, doch er lief einfach weiter bis zu einem etwas abgelegenem Bach und legte seinen Vater dort ab. Dann brach er selbst zusammen. Ihm war klar, dass sein Vater in Lebensgefahr schwebte, deswegen sammelte er sich nach einigen wieder und begann ihm so gut es ging zu helfen.
"Hör auf damit", krächzte dieser. "Du weißt doch, dass ich es nicht schaffen werde. Hör mir lieber zu."
Lucas hielt für einen Herzschlag inne, dann machte er weiter, doch er gab seinem Vater durch einen Blick zu verstehen, dass er ihm zuhörte."In dem Moment, in dem mein Herz aufhört zu schlagen, ..." Er musste husten und brach ab. Lucas wollte die Pause nutzen, um ihm zu sagen, dass er nicht sterben würde, doch sein Vater sprach bereits weiter: "In diesem Moment wird der neue Wächter seine Macht erlangen. Ich kann dir zeigen, wie er aussieht, aber vorher möchte ich dir sagen, wie stolz ich auf dich bin."
Lucas erstarrte und hörte nun doch auf, sich ununterbrochen um seinen Vater herumzubewegen. "Du hast viel ertragen und bist immer stärker geworden. Aber stärker noch, als deine ganze Kraft sind dein Geist und dein Herz. Ich weiß es und ich weiß, dass du es auch in Zukunft nicht leicht haben wirst, aber in dir steckt mehr als du denkst. Viel mehr sogar."
Wieder wurde er von einem heftigen Hustenanfall unterbrochen. "Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich werde dir nun zeigen, wie der neue Wächter aussieht. Gib mir deine Hand." Ohne zu zögern legte Lucas seine Hand in die seines Vaters.
Plötzlich blitzte das Bild eines Mädchens vor seinen Augen auf. In diesem Moment war er zu erschöpft um darüber nachzudenken, aber das Bild brannte sich in seinen Kopf und er hatte das Gefühl, dass er noch viel mit ihr zu tun haben würde."Bilde sie gut aus, mein Sohn. Ich liebe dich!", sagt sein Vater, dann versagt seine Stimme. "Ich liebe dich auch", flüsterte Lucas erstickt. Dann schlossen sich die Augen des Vaters und sein Körper entspannte sich. Tränen liefen über Lucas Wangen. "Ich werde dich nicht enttäuschen, Vater!"
DU LIEST GERADE
Weltenläufer
Teen Fiction"Wie schaffst du das? Du kämpfst noch immer, obwohl dein Herz längst viel schneller schlägt, als gut für dich ist." "Was willst du damit sagen? Dass ich längst tot sein sollte?" "Verdammt, Eliza! Es ist eigentlich ganz einfach..." Eliza war schon im...