2. Kapitel

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Ich habe mich umgedreht und bin gegangen, während er da gestanden und mir sprachlos nachgesehen hat. Der verletzte Gesichtsausdruck war deutlich zu sehen gewesen, nicht einmal der Regen konnte ihn verdecken. Vielleicht war ich gegenüber ihm unfair gewesen. Er hat es doch nur gut mit mir gemeint, aber das meinten alle und das ist das Problem. Sie alle versuchen mich zu verstehen, mich zu trösten und mir einzureden, dass alles wieder gut sein werden würde, aber sie fühlen nicht was ich fühle. Sie alle können mir diesen Schmerz​ nicht nehmen und mir Pietro wieder zurückbringen. Leider. Der Regen klatschte mir ins Gesicht, während ich eilig die Straßen überquerte. Glücklicherweise war meine Wohnung nicht weit von der Stadtmitte entfernt, sodass ich nach zehn Minuten endlich die Haustür öffnete und das hohe Gebäude betrat. Im Gegensatz zu den vielen modernen Skyscapers war dieses Haus eher alt und klein. Ich mochte es. In der alten Wohnung konnte ich nicht länger bleiben. Alles hatte mich an die Zeit mit Pietro erinnert. Außer Atem blieb ich im vierten Stock vor meiner Wohnungstür stehen, kramte in meiner Jackentasche nach dem Schlüssel und öffnete sie anschließend. Eine pure Stille empfing mich, als ich eintrat, an die ich mich mit der Zeit gewöhnt hatte. Im Flur zog ich meine nassen Sachen aus, tapste barfüßig ins Bad und ließ das Wasser in die Wanne laufen. Müde stützte ich mich mit den Händen am Waschbecken ab. Das Augen- Make-up war verlaufen und verdeckte die dunklen Augenringe der schlaflosen Nächte. Meine nassen Haare hingen mir teilweise tropfend ins Gesicht und die einst strahlenden blau-grünen Augen hatten an Farbe verloren. Mich sah eine kaputte Frau an. ,,Was ist bloß aus dir geworden...“ sagte ich zu meinem Spiegelbild, als plötzlich das Telefon ertönte. Es ignorierend schloss ich den Wasserhahn und ließ mich in die volle Badewanne sinken, während der Anrufer auf den AB weitergeleitet wurde. ,, Hej Mascha, hier ist Steve. Ich erreiche dich in letzter Zeit weder am Handy noch am Telefon.“ seine Stimme klang ruhig, aber ich wusste, dass er sich zusammenreißen​ musste nicht aufgebracht rüberzukommen ,, Bitte, ruf zurück, wenn du das hörst. Wir machen uns Sorgen um dich. Ich mache mir Sorgen um dich.“ Tief durchatmend schloss ich meine Augen. Es brach mir das Herz, Steve so verzweifelt zu hören. Er ist einer meiner besten Freunde und was mache ich? Ich stoße ihn von mir, obwohl er es war, der versucht hat für mich immer da zu sein in dieser schweren Zeit. ,, Es tut mir leid...“ flüsterte ich, die Augen noch immer geschlossen. Ganz langsam rutschte ich die Badewanne hinunter, bis mein Kopf unter Wasser war. Die Gedanken verstummten allmählich, während mein Körper sich entspannte. Gerade dann, als ich das Gefühl hatte einzuschlafen, klingelte es an der Tür. Aus dem Klingeln wurde ein lautes Klopfen. ,,Mascha, ich bin es, Tony.“ seine Stimme durchdrang die Wasseroberfläche ,,Bitte, mach die Tür auf. Wir müssen reden.“ Erschrocken öffnete ich die Augen, richtete mich auf und schnappte panisch nach Luft. ,, Mascha, ich weiß, dass du da bist...“ hörte ich ihn rufen, während ich mich schnell abtrocknete und mir einen Bademantel überwarf. Mein ganzer Körper zitterte, als ich zur Tür trat und sie öffnete. ,,Mascha...“ er verstummte kurz bei meinem Anblick, bevor er dann zögernd eintrat. Ich spürte seinen besorgten Blick auf mir, als ich ihn noch etwas benommen ins Wohnzimmer führte. ,, Du kannst dich auf das Sofa oder auf einen der Stühle hinsetzen. Ich komme gleich.“ sagte ich, das Licht anschalten ,,Möchtest du was trinken?“  Er schüttelte mit dem Kopf, bevor ich den Raum verließ und in die Küche ging. Mit zittrigen Händen holte ich eine Weinflasche und zwei Gläser aus dem Schrank. Wie sollte ich dieses Gespräch mit Tony überleben? Zu 100% würde ich wieder in Tränen ausbrechen und das sollte er nicht sehen. Niemand sollte es. In der Hoffnung, dass es nur ein kurzes Gespräch sein würde, betrat ich mit einem aufgesetzten Lächeln das Wohnzimmer. Tony stand mit dem Rücken zu mir am Regal, in der Hand einen Bilderrahmen haltend. ,, Da sind wir im Central Park gewesen.“ erzählte ich und schenkte Wein in ein Glas ein ,, Pietro hat damals eine alte Frau gefragt, ob sie ein Bild von uns zwei machen könnte. Es war sein Lieblingsbild.“ Tony hat sich ruckartig umgedreht und abwechselnd zu mir und dem Foto geschaut, bevor er es vorsichtig zurückgestellt hat. ,, Ihr ward glücklich zusammen. Du warst glücklich mit ihm.“ er machte ein paar Schritte auf mich zu ,, Es tut mir leid, Mascha. Wirklich. Ich hätte für dich da sein sollen, als du mich gebraucht hast. Anstatt ein guter Freund zu sein bin ich wie das letzte Arschloch weggegangen.“ Man konnte ihm ansehen, dass er es bereute und dass es ihn quälte. Ihn so zu sehen, den eigentlich selbstbewussten und von sich überzeugten Mann, schmerzte. Ich wollte nicht, dass er sich Vorwürfe machte und sich die Schuld gab. ,, Tony, mir tut es leid. Ich hätte dich nicht so anfahren sollen.“ seufzend ließ ich mich auf den Stuhl sinken. Die Tränen hatten sich wieder in meinen Augen gebildet. ,, Es ist meine Schuld, dass er gestorben ist. Und das werde ich mir niemals verzeihen.“ schnell trank ich das Glas leer, um es gleich darauf wieder zu füllen ,, Jeden Tag verfolgt mich der Gedanke, was wäre, wenn ich ihn hätte retten können, wenn ich nicht versagt hätte. Ich sehe ihn in meinen Träumen sterben, immer wieder.“ Mein Blick bohrte sich in den hölzernen Tisch. Ein einzelner Gedanke an die Vergangenheit, an Pietro reichte, damit eine Träne floss. Hastig wischte ich sie mit einem traurigen Lächeln weg, um anschließend mit einer Hand meinen Kopf zu stützen. Ich war immer stark gewesen und jetzt zeigte ich doch tatsächlich meine Verletzlichkeit. Eine Schwäche. ,, Mascha, du bist an Pietros Tod nicht schuld. Das darfst du nicht denken.“ er kniete sich vor mir hin, um mir besser in die Augen sehen zu können ,, Hej, er hätte nicht gewollt, dass du so unglücklich wirst und dich gehen lässt.“ Er nahm meine Hände in seine, dabei ein aufmunterndes Lächeln aufgesetzt. In dem Moment war ich froh, dass Tony gekommen war. Vielleicht hätte ich Selbstmord begangen und wäre in der Badewanne ertrunken. Wortlos kniete ich mich zu ihm, um ihn gleich darauf  zu umarmen. ,, Du bist damals vielleicht weggegangen, aber du bist wieder gekommen. Ich brauche dich und du bist da. Danke.“ flüsterte ich ihm ins Ohr ,, Aber bitte geh nicht weg...“. Er schloss mich fester in seine Arme und strich mir sanft über meine Haare. ,, Ich werde dich nicht noch einmal im Stich lassen.“ sagte er ruhig und ich schloss schwach lächelnd meine Augen.

Hej meine Lieben,
dass war das zweite Kapitel meiner FF. Ich hoffe, es hat euch gefallen.

Liebe Grüße,
Story98

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 22, 2017 ⏰

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