(2)Trauerfeier

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Die Frühlingssonne gähnt blaurot, ich atme die leichte angenehme Brise in mich hinein, die durch mein offenes Fenster herbeiweht. Ich winde mich zusammen. Letzen Endes setze ich mich aufs Bett. Während ich mir mit meinem schwarzen Haargummi meine schwarzen Haare zusammenbinde, mache ich mich auf den Weg nach unten. Ich entdecke die Küche und mache mich direkt auf den Weg dahin. Nachdem ich mir ein Glas Wasser geschnappt habe und gierig daraus getrunken habe, stelle ich den Glas wieder hin und mache mich auf den Weg nach Draußen. Ich schau mir den Garten voller Narzissen an, sie hüpfen und tanzen fröhlich umher. Ihre ausgeprägten Orange, gelbliche Farben geben einen schönen Kontrast zu den außergewöhnlichem Grün der Wiese. Ein leichter Wind streicht über die goldenen Narzissen. Leicht und sinnlich. Nun ist ein Monat vergangen. Ein Monat voller Trauer und Schmerz. Mein bekümmertes Herz hat gedroht jede Sekunde, dass ich lebe zu zerschmettern. Das einzige, was mir ein Grund zum Leben gibt, ist die Hoffnung die Mörder meiner Eltern zu finden. Der Todesfall meiner Eltern traf mich unerwartet. Mich an die Situation zu gewöhnen ist nicht leicht für mich gewesen.
Während ich für die Beerdigung alles erledigen musste, bin ich in denkbar ungünstigen Umständen mit Trauer, Schmerz, und Zeitdruck beschäftigt. Nachdem ihr Todesuhrzeit festgelegt wurde, musste ich formidable Sachen erledigen wie Särge auswählen, Leute einladen, Bestattungsform auswählen u.s.w. Es ist anstrengend gewesen. Aber das schlimmste ist gewesen meine Eltern zu identifizieren, ihre Gesichter waren so blass wie Kreide und es bereitet mir eine ungeheure Gänsehaut, als ich ihre kalten Hände in meine nahm. Die grünen Augen meiner Eltern, die mich immer mit voller Güte anschauten als wäre ich etwas besonderes, sind nun geschlossen. Es macht mir Angst, sie so leblos zu sehen. Ich schüttelte mein Kopf, um die traurigen Gedanken zu verdrängen. Stattdessen schaue ich mich in der Kirche um. Ich sitze hier mit zwanzig bis dreißig Leute in der Trauerhalle, davon sind acht eng miteinander verwandt, vier bis sechs nur weitläufig. Weitere sechs Personen sind Nachbarn und Bekannte, drei kannten meine verstorbenen Eltern gar nicht persönlich, der Rest sind Leute die sich untereinander nicht gekannt haben, aber unbedingt dabei sein wollten. Der Pfarrer müht sich redlich, kann aber nicht verstecken, dass er meine verstorbenen Eltern gar nicht gekannt hat. Der Organist spielt bemüht, aber jämmerlich. Die hellen Särgen habe ich ausgesucht. Es steht schon blumengeschmückt in der Kirche und es läuft Musik vom Band. Jeder kann Platz nehmen, zu den Särgen gehen, Abschied nehmen und dort verweilen. Es ist noch jede Menge Zeit bis zum Beginn der Trauerfeier. Viele Menschen sind gekommen, die Familie von Colonna ist groß. Sie kommen natürlich alle aus Italien. Sie besteht aus seine Frau, vier Kinder mit Ehegatten und Enkeln, ein Urenkel, und eine alte Oma mit Gehwagen. Diese Familie ist mir bekannt, der Mann war ein guter Freund meines Vaters, obwohl ich ihn nie leiden konnte. Meine Eltern wurden dazu sehr respektiert, viele älteren Männer und Frauen kamen zu mir, küssten mein Hände als Zeichen des Respektes und der Ehre gegenüber meiner Eltern. Ich werde von ihren Söhnen höflich begrüßt, doch die Menschenmasse erdrückt mich so derartig, dass ich unbedingt Zeit für mich brauche. Also entfloh ich die Hitze und der Masse, und zog mich in die oberen Bänke der Kirche zurück. Da ist es kühl, dort sind nicht viele Leute, ein paar sitzen schon in den Reihen. Ich  brauche diese Ruhe, diese Minuten zum aufatmen und so lasse ich meine Tränen freien Lauf. Es tut gut, sich nicht zu verstellen. Obwohl diese Leute deine Trauer nachvollziehen können, möchte ich nicht schwach wirken, also halte ich meine Tränen stets zurück. Mir  entgeht ein Seufzer. Ich überlege was für eine andere Möglichkeit mir bleibt außer alle Wertstücke zu verkaufen, die ich besitze . Nach langen Grübeleien bin ich zu den Entschluss gekommen, dass mir nichts anderes übrig bleibt. In so eine schwere Situation kann mir in Italien niemand auf Dauer unter die Arme greifen. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig als alles stehen und liegen zu lassen und wegzuziehen. Ich habe herausgefunden, dass der Mann, der mich vor ein paar Tagen angerufen hat, der beste Freund meines Vaters gewesen ist. Er bietet mir an, eine Weile bei ihn in London zu wohnen. Und ich habe eingewilligt. Ich will ein neu Anfang, hier erinnert mich alles an meine Vergangenheit. Ich will nicht ständig dran erinnert werden, sondern nach vorn schauen. Ich habe einen Monat Zeit meine Gefühle in den Griff zu kriegen. Für Trauer habe ich in der Zukunft keinen Platzt. Wenn ich wirklich die Wahrheit herausfinden will, muss ich nicht nur kalt wirken, sondern wirklich so fühlen. Ich muss einen klaren Kopf bewahren. Natürlich wird es nicht einfach, aber ich habe es mir versprochen. Ich fange wieder an zu weinen. Verdammt! ich darf doch nicht weinen. Ich bin nicht schwach. "Ich muss mich zusammenreißen", wiederhole ich mir immer wieder ins Gedächtnis. Ich ziehe meine Knie fest an meinem Brustkorb und verschlinge meine Arme um meine Beine. "Ich schaff das, ich schaff das.", rede ich mir mit zusammengekniffenen Augen immer wieder ein. Ich spüre etwas warmes an meinem Rücken, als ich nach oben schaue, bemerke ich Daniel. Er legt mir eine Jacke um meine Schulter. Er setz sich neben mir, um mich zärtlich in die Arme zu drücken. Mein Kopf ruht auf seine Brust. Seine breiten und muskulösen Arme, lassen mich ausruhen. Der einzige nach meine Eltern, der je meine Tränen gesehen hat, und sie immer mit seinen Daumen abgewischt hat. Jetzt wischt er meine Tränen nicht weg, so wie er es immer getan hat, sondern lässt sie freien Lauf. Denn er weiß, dass ich es nötig habe. Er weiß, dass ich es auslassen muss, denn ansonsten würde ich spätestens bei meine Rede zusammenbrechen. Ich weiß nicht mal was ich sagen soll. Was bin ich doch nur für eine nutzlose Tochter, wenn ich nicht mal eine Rede hinkriegen kann. Nur ein paar nette Wörter. Ich schluchze in seine Brust auf und meine Tränen durchnässten sein weißes T-Shirt. Ich sagte nichts und trotzdem hatte ich das Gefühl, er versteht mich auch ohne Worte.

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