Teil 1/3

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Ein Klicken hallte durch den langen Flur.
Die Waffe in meinen Händen war geladen, entsichert und schussbereit.
Ein krankes, kaltes Grinsen zog sich über mein Gesicht, welches überwiegend von einer grauen Kapuze verdeckt wurde. In der rechten Hand die Pistole, die Linke lag ruhig in der Tasche meiner Strickjacke. Die Nervosität, die Angst, die Unsicherheit, alles war verschwunden und das Einzige, was ich fühlte, war Entschlossenheit. Grausam ernste Entschlossenheit. Nichts und niemand konnte mich mehr aufhalten, niemand hatte es auch nur versucht. Sie sahen es nicht kommen, sie würden niemals damit rechnen, immerhin war ich in ihren Augen nie eine Gefahr gewesen.
Ich war das scheue, unschuldige Lamm, das von ihnen, den Wölfen, zerrissen wurde. Übrig geblieben waren ein zerfetztes Herz, wenn man es noch so nennen durfte und das schreckliche Verlangen nach Rache. Ich wollte es hören, dass ängstliche Winseln der Wölfe, wenn sie mit eingezogenem Schwanz vor mir fliehen würden. Oh ja, dass wollte ich sehen, wollte ihr betteln und flehen hören und schlussendlich das erstickende Geräusch, wenn der Tod sie begrüßen würde.
Es war ihre Schuld, einfach alles! Sie hatten mich erniedrigt, pausenlos und warum? Das wussten sie selber nicht, zumindest nannten sie nie einen Grund. Keiner unternahm etwas dagegen, niemand wollte mir helfen, aber warum nicht? Was hatte ich getan, dass ich solchen Schmerz ertragen musste? Warum musste ich das schwarze Schaf in der Herde sein? Warum ich und kein anderer?
Meine Schritte waren noch immer ruhig und beherrscht, so wie mein Herzschlag auch, als ich die erste Tür aufriss. Erschrocken sahen mich zwei Dutzend Augenpaare an. Anfangs verwundert, doch dann panisch, als ich die Waffe hob und mit den ersten zwei Schüssen die Lehrerin umbrachte. Unter den Schülern brach Geschrei aus und sie versuchten einen Fluchtweg zu finden.

Eine Herde, die zusammenhält, bis zu dem Moment, wo es ernst wird. Dann kämpf jeder für sich selbst, einzig allein bedacht auf sich selbst.

Nach wenigen Minuten herrschte Stille. Ohne die Leichen eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ ich den Raum und schlug die Tür hinter mir zu.

25 ... 25 ... 25 ...

Ich lief schneller den Gang entlang, die nächste Treppe überwand ich rennend. Im ganzen Schulgebäude war Panik ausgebrochen.
Sie sind noch da, das weiß ich ...
Da sah ich sie schon: die Tür, wo sie gerade Unterricht hatten. Ethik in Zimmer 220.
Doch bevor ich dort angelangt war, öffnete sich eine andere Tür und ein Lehrer stürzte mir entgegen. Direkt auf mich zu und seinem Blick nach zu urteilen, bemerkte er die blutbefleckte Kleidung von mir zu spät, ebenso, wie die Pistole. Und bevor er es realisieren konnte, drückte ich ihm auch schon das kalte Metall gegen den Oberkörper und drückte ab. Er sackte vor mir zusammen, die Augen seltsam verdreht. Noch vor einiger Zeit wäre ich bei diesem Anblick kreischend weggerannt, doch nun breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, so kalt, wie die Waffe selber, mit der ich das Leben dieses Menschen beendet hatte.

24 ... 24 ... 24 ...

Leise murmelnd wiederholte ich diese Zahl immer wieder leise, um sie nicht zu vergessen, denn das könnte nachträglich Folgen mit sich bringen. Folgen, die meinen Plan gefährden könnten.
Mit schlurfenden Schritten, näherte ich mich immer weiter der Tür, die mit der Nummer 220 beschriftet war: mein Zielort. Wahrscheinlich versuchte die Lehrerin gerade die Klasse zu beruhigen oder sie versteckten sich unter den Bänken, doch vor mir gab es kein Entrinnen, solange nicht, bis ich sie den gleichen Schmerz habe fühlen lassen, den ich durch sie ertragen musste.
Ich werde euch zeigen, was ihr aus dem kleinen, schüchternen Lamm gemacht habt. Ich werde euch spüren lassen, wie es sich anfühlt zu leiden, dass verspreche ich euch ...

Wolf in sheep's clothing - KGWhere stories live. Discover now