2. Chapter Violet

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,, Was?", frage ich matt.

,, Es regnet..."

Ana hielt eine Hand schützend über den Kopf.

Als würde das etwas bringen.

,, Und?"

Sie seufzte.

,, Meinst du nicht, dass wir gehen sollten?"

Ich schüttelte meinen Kopf. ,, Du kannst... Aber ich bleibe."

,, Klar, ich lasse dich hier alleine im Regen stehen..."

Sie legte mir einen Arm um die Schulter und küsste mich auf die Wange.

Eine einzelne Träne suchte den Weg an meiner Wange hinunter und ich wusch sie schnell davon. Auch diese Geste war unnötig, denn es goss in Strömen. Die Lichter brannten trotzdem. Nur die Rose, die auf dem Grab lag, verlor durch einen besonders starken Tropfen ein Blütenblatt.

Aber ich stand nur da. Unfähig mich zu bewegen. Unfähig die Blume zu schützen oder ein fröhliches, dankendes Wort herauszubringen welches eventuell die Stimmung heben könnte. Doch dieser kalte Stein hatte so gar nichts mehr mit dem warmen, weichen Körper von Harry zu tun.

Sofort kamen die Bilder wieder in mein Kopf geschossen. Sein leerer Blick, aus den Augen, die ich so abgöttisch liebte.

Er durfte einfach nicht tot sein.

Ich schloss meine Augen.

Und dann kam wieder diese Wut. Auf mich und auf seinen Onkel. Jemand der so viele Dinge getötet hatte lebte einfach weiter. Das war alles nur ein böser Scherz vom Schicksal. Musste es sein.

Dann zog mich Ana vom Grab weg. Ich folgte ihr willenlos.

Wir setzten uns in ein Café um ein Stück Kuchen zu essen und auf Harry anzustoßen.

Als ich meine Tasse hebe zittere ich so sehr, dass der Inhalt über die Ränder schwappt und den Tisch mit Spritzern bedeckte.

Ich senke den Kopf.

,,Tut mir leid."

Ana nickt. ,, Muss dir nicht. Kann doch jedem passieren."

Sie wusch mit einem Tuch die Flecken weg. Manchmal habe ich das Gefühl ich benehme mich wie ein kleines Kind.

,, Danke."

Sie lächelte.

,, Das du hier bist..."

,, Das hätten alle anderen auch wenn sie könnten."

Ich nicke, aber ich weiß, dass sie viel zu bescheiden ist. Ich will mich nicht selbst bemitleiden. Ganz und gar nicht! Ein normaler Mensch hätte mittlerweile wieder von vorne angefangen. Ein normaler Mensch würde doch niemals an jemanden so hängen, dass es die ganze Umwelt mit herunter reißt, mit seiner Trauer. Gott ich bin so egoistisch!

Ich bin einfach nur noch wütend auf mich, dass ich durchgehend traurig bin. Das ich es nicht schaffen werde glücklich zu sein. Ohne ihn.

,, Was, wenn ich es nicht kann?", fragte ich sie die Frage, die mich schon seit Monaten quält.

,, Was nicht kannst?"

,, Weiter machen..."

Sie sieht mich immer noch fragend an.

,,Ohne ihn... Weiter machen... Wenn ich niemals wieder glücklich werden ohne ihn. Und das war das, was er sich gewünscht hat."

,, Das war doch klar, dass erst einmal eine doofe Zeit auf dich zu kommt. Das wird schon alles werden."

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