Kapitel 1 - Saoirse
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- Spruch des Tages
Schnaufend saß ich vor einem Berg Wäsche, den meine Mom gerade in mein Zimmer getragen hatte. Verzweifelt versuchte ich auszuwählen, welches Teil in meinen Koffer wandern würde und welches sein Leben weiterhin im Schrank meines alten Kinderzimmers verbringen würde.
,,Kann ich dir helfen, Schatz?'', kam es nun von der Tür, in welcher meine Mom aufgetaucht war.
,,Wenn du mir die Wahl abnimmst, welche Teile ich auch noch in einem Jahr schön finde, gern!'', gab ich grinsend zur Antwort.
Lächelnd setzte sie sich neben mich auf den Boden und wir begannen gemeinsam die Kleidungsstücke zu sortieren. Nach einer geschlagenen Stunde saßen wir vor ordentlich sortierter Kleidung und einem prall gefüllten Koffer.
,,Na siehst du, geht doch.'', gab meine Mom von sich.
Sie stand auf und wollte gerade aus dem Zimmer gehen, als ihr Blick auf eine Holzkiste neben meiner Zimmertür fiel.
,,Willst du davon nicht auch etwas mitnehmen?'', fragte sie nun und ich muss zugeben, es klang etwas sentimental.
In der Kiste befanden sich alte Gegenstände aus meiner Kindheit wie Fotoalben und Kuscheltiere.
,,Ja, ich schaue sie gleich mal durch.'', gab ich müde zurück.
Das Kofferpacken hatte mir so einiges abverlangt. Ich war nicht gerade ein großer Fan davon, Kleidungsstücke sortiert in einen Koffer zu legen, zudem ich auch wirklich untalentiert darin war, sofern man im Kofferpacken untalentiert sein konnte. Ich hasste es schlichtweg und ohne Gründe. Ob man es nun tat wegen einer Urlaubsreise oder in meinem Fall, einem Umzug, spielte keine Rolle für mich. Mich trug es weg aus Donegal, dem kleinen Dorf in Nordwest Irland mit gerade einmal 2330 Einwohnern. Ich wollte raus aus dieser tristen Einöde, wessen Langeweile mich tagtäglich quälte. Mein nächster Stop hieß also London. Eine 8 Millionen Stadt war vielleicht etwas hoch gegriffen für den Anfang aber ich war schon immer besonders gut darin, mich selber ins kalte Wasser zu schmeißen. So würde ich bald grüne Felder, Kühe und endlose Klippen gegen einen Großstadtdschungel eintauschen.
Nachdem ich eine kurze Pause eingelegt hatte, in der ich die Verstärker in meinem Zimmer auf volle Lautstärke aufgedreht hatte, um lautstark bei einigen Liedern mitzusingen, begann ich, mir die alte Holzkiste vorzuknöpfen. Als ich sie öffnete flogen mir als erstes viele Briefe entgegen. Ich sammelte alle Briefe von Freunden, um sie irgendwann mal lesen zu können, wenn ich älter war. Hauptsächlich waren diese von meiner besten Freundin Layken, welche ich schweren Herzens in Irland zurück lassen würde. Ich blätterte die unzähligen Briefe durch bis mir ein kleines Fotoalbum ins Auge stach. Ich hatte die Kiste schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr angerührt, weshalb ich mich auch fast nicht mehr an den Inhalt erinnern konnte. Ich nahm das Fotoalbum in meine Hände und schlug die erste Seite auf. Es musste ein sehr altes Album gewesen sein, denn das erste Bild zeigte mich unmittelbar nach der Geburt. Wieso sahen Neugeborene immer so schrumpelig aus? Bei aller Liebe, aber neugeborene Babys konnte ich nun wirklich Nichts abgewinnen. Als ich die Seite umblätterte sah ich ein Bild von meiner Mutter und mir, über welchem ich ihre schnörkelige Schrift entdeckte.
,,Saoirse kommt nach Hause!'', vernahm ich dem Schriftzug.
Meine Mutter lächelte auf dem Bild als wäre sie die glücklichste Person auf dieser Erde und ich lag schlafend in dem Maxi- Cosi, welchen sie in ihrer Hand hielt. Ich lächelte bei dem Anblick. Meine Eltern waren so gut zu mir und ich war ihnen für alles dankbar, was sie je für mich getan hatten. Auch wenn man ihnen nicht alles zurück geben konnte, liebten Eltern ihre Kinder bedingungslos. Andächtig strich mein Finger über das bedruckte Papier. Die nächste Seite zeigte ein Bild, auf welchem meine kleine Schwester Nuri und ich zu sehen waren. Sie muss zu dem Zeitpunkt gerade erst geboren worden sein, denn sie sah auf dem Bild auch recht schrumpelig aus, so wie ich auf dem Bild zuvor. Ich saß auf dem Krankenbett meiner Mutter und hielt stolz meine kleine Schwester im Arm. Lächelnd blätterte ich Seite um Seite weiter bis ich auf ein Bild stieß, welches mich stutzig werden ließ. Ich stand mit einem Jungen in unserem Wohnzimmer vor dem Weihnachtsbaum. Er hatte eine kleine Gitarre in seinen Händen und es sah aus, als würden wir singen. Eine blasse Erinnerung bahnte sich den Weg zurück in mein Gedächtnis. Evan war sein Name und er war mein bester Freund gewesen, bis zu dem Tag an dem er und seine Eltern nach Norwegen gezogen waren. Da wir noch zu Jung waren und auch die Technik noch nicht weit genug war, verloren wir uns aus den Augen und der Kontakt brach relativ schnell ab. Wir haben oft zusammen gesungen. Dafür, dass Evan damals erst 5 Jahre alt war sang er ziemlich gut und ich glaube, dass er der größte ,,Eagles'' Fan in seinem Alter war. Wir hatten damals viel Spaß zusammen, als wir große Rockstars spielten. Mit den wenigen Akkorden die Evan auf seiner Kindergitarre beherrschte, schrieben wir eigene Songs, wessen Texte vielleicht nicht allzu hoch gegriffen waren, aber wir hatten unseren Spaß. Damals gaben wir uns das Versprechen, für immer beste Freunde zu bleiben und irgendwann zusammen Musik zu machen. Wir waren beide älter geworden und um ehrlich zu sein hatte ich keinen blassen Schimmer, wo Evan sich gerade auf diesem Planeten befand. Nach Donegal war die Familie auf jeden Fall nicht zurück gekehrt, denn das wäre in diesem kleinen Loch sofort aufgefallen. Musik liebte ich nach wie vor und die Freundschaft mit Evan hatte mich schon in jungen Jahren dazu gebracht, eigene Lieder zu schreiben. Natürlich würde sie nie einer zu Hören bekommen, doch sie waren meine eigenen Werke, welche ich mit Stolz in mir trug. Die Musik würde wohl mein ganzes Leben an meiner Seite bleiben. Mit einem Hauch von Wehmut ließ ich das Fotoalbum zurück in die Kiste sinken, allerdings nicht ohne ihm vorher das Bild von Evan und mir zu entnehmen. Es würde mich auf meiner Reise nach London begleiten und es sollte mich stets daran erinnern, wo ich meine Wurzeln hatte.
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Younger Days
Novela JuvenilEs heißt, man begegnet sich immer zwei Mal im Leben. Saoirse lässt alles zurück, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen und auch für Evan ändert sich einiges und er verwirklicht seinen großen Traum. Jedoch fehlt beiden ein Teil des Ganzen. Zwei...