Chapter 3

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"I sit by myself

Talking to the moon

tryin' to get to you" ~ Bruno Mars

Ich folgte dem noch sehr jungen Arzt - vielleicht gerade mal ende 20? - durch die kalten, in blau gehaltenen Gänge und sah mich dabei genau um. Naja, außer ein paar hässlichen braunen Töpfen, mit hässlichen grünen Pflanzen darin, die an ein paar Abzweigungen zu anderen Fluren standen, gab es ja nicht gerade viel zu sehen. Wir liefen vielleicht eine Minute - was meiner Meinung nach schon viel zu weit von der Cafeteria entfernt war- bis wir dann nach einem Treppengang an meinem neuen "Zuhause, für die Zeit meiner Genesung" ankamen, und ich wusste nicht ob ich über die Beschreibung des Arztes für diese Besenkammer lachen, oder weinen sollte. Als er die quietschende Tür des Raumes öffnete, entschied ich mich fürs Kotzen. Blaue Wände, blaues Bettlaken.... ein Wunder das der viel zu kleine Kleiderschrank doch tatsächlich weiß war. Ein lautes, entgeistertes 'Luft ausatmen' meiner seits, erweckte die Aufmerksamkeit meines Arztes welcher daraufhin den Mund öffnete um mir irgendwas total bescheuertes zu Antworten, allerdings ging ich sofort an ihm vorbei um meinen Koffer aufs Bett, und er sich Gott sei dank die Antwort sparte. "Heute hast du noch die zeit dich hier einzurichten und dich umzusehen, Morgen früh um 8.00 Uhr wird dich dann eine Schwester für deine Therapie Besprechung und eine Führung - wenn du eine möchtest- abholen. Bist du damit einverstanden Lydia?" sagte er in einem sanften ruhigen Ton, als würde er mit einer Geisteskranken sprechen. Naja, für ihn war ich das ja auch. Trotzdem hasste ich ihn. Er tat zwar nur seinen Job, aber das tat er in dieser bescheuerten Einrichtung, also war er Teil von allem was ich hasste. Und deshalb ignorierte ich ihn einfach. Ich warf mir meine Locken über die Schulter und begann einfach stumm meinen Koffer auszupacken. Die ersten paar male seiner Versuche von mir eine Antwort zu bekommen bekam ich noch mit, irgendwann blendete ich sie aber so sehr aus, dass ich nicht mal bemerkte wie der Arzt den Raum verlies. Und plötzlich stand ich völlig alleine in meinem neuen Zimmer. Und plötzlich erfasste mich eine Welle von Einsamkeit und Heimweh. Und ich hoffte jeden Moment die Stimme meiner Mutter zu vernehmen, wie sie mich anzickte. oder darum bat ihr in der Küche zu helfen. Aber es passierte nichts. Rein gar nichts. Irgendwann riss ich meinen traurigen, Blick von der Tür ab, da ja doch nichts passieren würde, und musterte den Wecker auf meinem Nachtisch. Zugegeben, er war ziemlich hübsch, neben mir und meinem Koffer wahrscheinlich das schönste im ganzen Raum. Außerdem, zeigte er mir soeben, das ich eine halbe Stunde hoffend auf die Tür gestarrt hatte. Ich war wohl einfach ziemlich erschöpft...

Als ich am nächsten Morgen meine Beine aus dem Bett schwang, lächelte ich. Die Sonne schien durch mein Fenster, und ließen meine Erdbeerblonden Haare, die in einem lockeren Pferdeschwanz über meiner Schulter hingen, hell wie viele kleine Sterne glitzern. Ich öffnete das Fenster und sog die frische Luft gierig ein, hier drinnen war es tatsächlich verdammt stickig gewesen. Gerade als ich vom Fenster zurück trat, fiel mir wieder ein, das dies hier nicht mein Zimmer war, sondern das der Anstalt. Und das war genau der Moment, in dem meine gute Laune durch das offene Fenster sprang, und ohne mich in die Freiheit los rannte.

Als ich mein Make-up fertig aufgetragen hatte sah ich enttäuscht auf das Babyblaue Krankenhaus Outfit. Nicht mal eine Kette durfte ich dazu tragen. Wegen dieser Regeln würde ich doch tatsächlich noch psychisch Krank werden. Als mein Bauch dann ein seltsames grummeln von sich gab, ging ich mit einem genervten seufzen zur Tür, öffnete diese quietschend und trat in den in den kahlen Flur hinaus. Die Stufen ging ich langsam aber anmutig hinunter, denn ja, auch in so einer Kluft würde ich aussehen wie Lydia Martin, das hübscheste Mädchen der Schule. Es fühlte sich an als würden Stunden verstreichen als ich endlich die Mensa erreichte, und mir strömte schon auf den Letzen paar Stufen der kalten Steintreppen, ein unwiderstehlicher Geruch von Kakao, Kaffee, Pancakes und geschmolzener Butter entgegen. Ich lief dem großen, beinahe schon Saalartigen Raum entgegen und lächelte kurz. Die Decken waren hoch, die Wände wurden immer wieder von großen Fensterreihen unterbrochen, die einen Wunderschönen Blick auf den blühenden Garten boten. Und damit war das hier mein Lieblingsraum. Als ich dann meine grünen Augen den Saal nach einem Platz absuchen ließ, erstarrte ich, als mein Blick an dieser einen Person hängen blieb. Mir wurde gleichzeitig warm und kalt, und starrte ihn einfach nur an. Und ich wusste nicht einmal, wieso ich mich verdammt nochmal nicht von dem Jungen aus dem Flur losreisen konnte.

Psychic || STILL GELEGTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt