3. Kapitel: für mein BILLYBOY

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Ich ging mit vorsichtigen Schritten die Treppe runter in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine an, schmierte mir ein Brot und überlegte wie ich einen weiteren trostlosen Tag verbringen sollte.

Vor einem Monat habe ich mit der Band und Musik machen aufgehört. Nur hin und wieder sang ich oder schrieb ich neue Texte. Dann meistens Texte über mich und Tom.

Ich kann mich noch daran erinnern, als wir das erste Mal den Song "In die Nacht" performiert haben. Die Fans sind ausgerastet und das Unsichtbare Zwillingsband zwischen mir und Tom wurde noch stärker.

Tom.

Seit zwei Monaten habe ich Tom nicht mehr gesehen und lebte ganz alleine in unserem Loft.

An den Morgen an dem er sich verabschiedet hat um zur Arbeit zu fahren, erinner ich mich nicht mehr. Warum auch? Da war ja alles normal gewesen.

Menschen nehmen mit der Zeit alles nur noch als selbstverständlich wahr. Alles passiert so... so automatisch.

Es ist normal nach dem Aufstehen irgendwann aufzustehen und sich die Zähne zu putzen, oder es ist auch normal was zu trinken wenn man Durst hat.

Es ist genau so normal einen Menschen am Morgen mit einem fast gleichgültigen Lächeln zur Arbeit zu verabschieden, weil man ihn am Nachmittag ja sowieso schon wieder sieht...
Das denkt man zumindest.

"Ich weiß das klingt sehr komisch, aber ich habe das Gefühl, dass ich am Tag der Unfalls vielleicht zu abwesend zu Tom war, dass er vielleicht unkonzentriert gefahren ist und dann...", sagte ich zu mir selbst.

Natürlich weiß ich, dass an dem Unfall werder Tom noch ich schuld sind. War ja auch nur ein Gedanke, denn oft genug habe ich die Videos im Fernsehen gesehen in denen gezeigt wurde, wie der schwarze Audi von Tom von der linken Fahrspur auf die rechte gewechselt hat und dann der LKW Tom hinten aufgefahren ist, das Auto mit Tom drin von der Fahrbahn befördert hat und danach selbst in die anderen Autos gecrasht ist.

Der eigentliche Unfall fand einen halben Kilometer vorher statt. Was genau da passiert ist, dass viele weitere Fahrzeuge reingefahren sind, wusste ich nicht.

Ich wusste eben nur, dass Toms Audi vom Asphalt katapultiert wurde.

Ich schüttelte mich bei dem Gedanken daran, dass in den Nachrichten immer von nur EINEM Unfallopfer berichtet wurde.

Nur EIN Toter!
Und dann ausgerechnet Tom.

Wieso von etwa 100 Beteiligten nur ein Toter und dann auch noch Tom!?
Der Gedanke daran trieb mir wieder die Tränen in die Augen.

Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf um mir gleich noch einen zu machen.

Als ich an einem Spiegel vorbei kam und mich betrachtete, sah ich, was für ein Wrack ich geworden war. Tiefe schwarze Augenringe, eine auf geplatzte Unterlippe und raue Haut.

Ich war irgendwie nicht mehr in der Lage mich darum zu kümmern wie ich aussah, das war so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich früher mal gewesen war, aber ohne meine zweite Hälfte war ich das ja auch.

Tom war weg, meine Kraft war auch weg.

Ich sah mich und die Welt einfach nicht mehr wie früher und ich wollte das alles nicht mehr.

Ich wollte einfach nur noch sterben.

Ich glaube heute ist ein guter Tag dafür. Einfach tot umfallen oder so.

Ich meine, mal ehrlich, mein Leben ergibt keinen Sinn mehr oder?

Das Piepen der Kaffeemaschine brachte mich wieder in die Realität.

Geisterfahrer [BTK TH FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt