Für einen Schreibwettbewerb zum Thema Hass

20 0 0
                                    


Es war Hass, gepaart mit Bewunderung und Eifersucht, der in Wellen zu mir herüberschwappte. Ich konnte spüren wie die Blicke meiner Mitschüler auf mich fielen, als ich gefolgt von meinen treuen Lakaien durch die breiten Flügeltüren der Schule trat. Es war, als würde für einen Moment die Welt still stehen, alle schienen für einen Moment ruhig geworden zu sein. Kein Geflüster, nicht einmal ein Zuschlagen eines Schließfaches, war zu hören. Anstatt mich gestört durch das Starren zu fühlen, hob ich mein Kinn ein kleines Stückchen höher und ging noch ein Stück aufrechter. Selbstbewusst schritt ich auf meinen schwarzen High Heels durch die Menge und genoss die Aufmerksamkeit. Stoppen tat ich erst, als ich an meinem Schließfach ankam, bei welchem mein Freund Aiden schon auf mich wartete, lässig an das Nachbarschließfach gelehnt. Als Begrüßung kam ein "Du siehst heiß aus, Babe" als Kommentar und ein Kuss, von dem ich mich aber schnell löste. Eigentlich stand ich nicht auf Typen wie ihn, doch er war meine Eintrittskarte in die Welt der Beliebten. Von nun an würde ich nicht mehr die Gemobbte sein, sondern eine Anführerin und Beliebt, auch wenn ich dafür einiges in Kauf nehmen musste. Dazu waren nur ein Schulwechsel und eine Diät nötig gewesen. "Sehen wir uns nach der Schule?", flüsterte Aiden mir noch ins Ohr bevor es auch schon klingelte und ich antwortete nur mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und den Worten:" Tut mir Leid, ich habe Cheerleadertraining." Mit diesen Worten verabschiedete ich mich und stolzierte zu meinem Klassenraum. Natürlich hatte Erin mir schon meinen üblichen Platz in der vorletzten Reihe freigehalten und auf dem Weg dorthin ging ich extra langsam und ließ meine Hüften schwingen. Ich mochte meinen Körper, warum ihn nicht ausnutzen, wenn ich schon so hart dafür gearbeitet hatte? Es war, als würden ein paar der Jungs gleich anfangen zu sabbern, was mich zum Kichern brachte. Schwungvoll setze ich mich schließlich hin und wartete auf die Ankunft meines Chemielehrers. Ich verabscheute Chemie, da wir diese hässlichen Kittel tragen mussten und dieser absolut nicht zu meinem süßen Outfit, bestehend aus einem schwarzen Taillenrock und rosa Top passte. Doch irgendwie schaffte ich es auch diese Stunde zu überstehen und fand mich wenig später vor dem Spiegel in der Mädchentoilette wieder. "Lilian Mercer ist eine Hure" stand dort mit Lippenstift auf den großflächigen Spiegeln geschrieben und ehrlich gesagt machte mir das nichts aus. Man redete über mich, zwar nicht im positiven Sinne, aber überhaupt, ich war kein graues Mäuschen und Opfer von dummen Witzen mehr. Mit einem rosafarbenen Lippenstift, passend zu der Farbe meines Top verzierte ich das Statement mit den Worten:" Danke". Es war für jeden, der mich heute gesehen hatte, aufgrund der Farbe  klar, dass das von mir kommen musste. Nachdem ich den letzten Strich  gezogen hatte schaute ich mich in dem Spiegel an: Erdbeerblondes Haar, blaue Augen und einen vollen Mund. Ich wusste, dass ich hübsch war. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht trat ich nach draußen und sofort waren Erin und Kylie wieder hinter mir. Auf dem Weg in die Mensa zog ich wieder alle Blicke auf mich, doch dieses Mal verfolgte mich Geflüster und ich konnte ab und zu meinen und Aidens Namen zwischendurch wahrnehmen. Es war ein schönes Gefühl, Aufmerksamkeit zu bekommen. Die üblichen Verdächtigen saßen schon an unserem Stammtisch, an den sich auch kein anderer wagte hinzusetzen, und kaum dass ich Platz genommen hatte, ertönte ein Konzert an Klingeltönen, alle im selben Moment. Nur mein Handy blieb leise. Entsetzen breitete sich auf den Gesichtern meiner Mitschüler aus und wieder flogen alle Blicke in meine Richtung, was stand wohl in der Nachricht? Es schien ja die ganze Schule, ausgenommen mir, eine bekommen zu haben. Auch die Köpfe der Leute am Tisch drehten sich zu mir und ich konnte Abscheu in den Gesichtern lesen, bis mir Erin ihr Handy unter die Nase hielt mit dem bissigen Kommentar:" Das bist du? Was für ein Opfer". Das Bild war von mir und aufgenommen in der achten Klasse, mit Zahnspange, mehr als ein paar Pfunden zu viel auf den Rippen und Pickeln wie Invasion auf meinem Gesicht. "Rache ist süß, nicht wahr Lilian?", stand unter dem Bild und ich wusste plötzlich von wem die Nachrichten stammten, es konnte nur diese eine Person sein: Rachel. Anders als es alle von mir erwarteten, blieb ich sitzen und verzog keine Miene. Trage dein Unwohlsein nie nach Außen!", redete ich mir ein und ließ ein Lächeln auf meinen Lippen erscheinen: "Glaubt ihr ihr wirklich, ich meine, guckt mich an!"

KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt