Ich weiß nicht mehr genau wie das alles angefangen hat. Jedesmal wenn ich versuche mich zu erinnern verschleiert sich das Bild in meinem Kopf mit einem dunklen grauen Schleier. Ich denke oft daran wie es wäre nicht anders zu sein. Beachtet zu werden. Hilfe zu erhalten. Sich wohl zu fühlen in der Gesellschaft.
Der laute Wecker meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Ich öffnete langsam die Augen und warf einen starren Blick an die Decke, die von meinem dunklen Zimmer in eine kalte schwärze gehüllt war und ich sie kaum erkennen konnte. Es war ein morgen wie jeder andere draußen war es kalt und in meinem Zimmer war es warm. Ich schleppte mich aus dem Bett und streckte mich um die letzten Gelenke und Knorpel meines Körpers knacken zu lassen. Als ich die Tür zu dem Flur im zweiten Stockwerk öffnete kam mir ein kalter fast schon eisiger Luftzug entgegen. Der Ofen war sicher wieder ausgegangen und in den alten Häusern war es im Winter ohne Beheizung unerträglich. Ich schaute mich um und sah das die Zimmer von meinem Bruder und meiner Mutter leer waren. Habe ich schon wieder verschlafen - Ich schaute auf mein Handy und bemerkte das es noch nicht einmal 4 Uhr morgens war. Ich hatte meinen Wecker falsch gestellt, nur jetzt wieder zu schlafen wäre unmöglich. Ich war hellwach von der Kälte und den Gedanken die mir durch den Kopf gingen. Da fiel mir ein das meine Mutter und mein Bruder für drei Woche in eine Klinik gefahren waren. ''Dein Bruder hat jeden Tag Kopfschmerzen'', sagte mein Mutter zu mir, ''wir gehen ihn behandeln, so kann man ja nicht leben''. Sie hat sich schon immer mehr um ihn gekümmert. Ich war Papas kleiner Engel bis er meine Mutter vor mehreren Jahren verlassen hat, er zog am gleichen Tag noch aus, er ließ mich zurück - Allein. Ich war alleine in diesem großen Haus. Ich stolperte langsam die Treppenstufen hinab und ging in die Küche. Ich begann meinen Tagesablauf wie jeden Tag. Schaltete die Kaffeemaschine an und ging mich im Badezimmer herrichten für die Universität. Ich dachte nach wieso ich mich überhaupt richtete, da mich nie jemand beachtete war es nur raus geworfene Zeit. Ich betrachtete mich im Spiegel. Mein langes orangenes Haar hatte schon lange an Glanz verloren, genau wie meine braunen Augen jegliche Freude verloren hatten. Meine Brille war zu groß für mein Gesicht, aber so verdeckte sie meine Sommersprossen, die mich schon immer unglücklich gemacht haben. Das Einzigste was mir immer an meinem Gesicht gefallen hatte waren meine schmalen Lippen, welche immer den gleichen traurigen Ausdruck übermittelten. Als ich endlich aufgehört hatte mich zu betrachten sah ich auf mein Handy. Ich hatte noch genug Zeit um eine zu rauchen. Ich zog mir die nächst beste Jacke über und trat vor die Haustür. Mein Atem gefror schon fast an der Luft. Ich zündete mir die Zigarette an und ließ das Feuerzeug nicht sofort erlischen. Die kleine Flamme die aus dem Feuerzeug ragte faszinierte mich. Sie neigte sich mit jedem kleinen Luftzug und ging beim nächsten größeren Luftzug aus. Als die Zigarette fertig geraucht war drückte ich sie an meinem überfüllten Aschenbecher aus. Ich sollte ihn echt mal wieder leeren. Nachdem ich wieder in das Haus getreten war überkam mich ein eisiger Schauer. Ich begann zu zittern. Es fühlte sich an als wäre es plötzlich kälter geworden. Ich zog meine Jacke aus und schaute auf die Uhr im Wohnzimmer. Mir fiel auf das ich zu viel Zeit verloren hatte und musste mich beeilen. Ich packte hektisch meine Unterlagen, füllte eilig meinen Thermosbecher und zog die Kleidung vom Vortag an. Ich stolperte ohne Schuhe aus der Tür und zog sie halb im rennen an. Ich hasste es unter Stress zu stehen. Ich hasste es mich zu beeilen. Kurz bevor ich am Bahnhof war fuhr die Bahn ein. Ich huschte gerade noch so durch die Tür der Bahn. Mein Herz pumpte mir bis zum Hals, mein Hals kratzte und ich fing an zu husten. Mein Belastungsasthma hatte mir das Leben noch nie leicht gemacht. Im Kindergarten durfte ich nie mit den anderen Kindern zusammen Fangen spielen. In der Grundschule wurde ich nie in ein Team freiwillig gewählt. In den ersten Jahren in der Realschule kam auch noch mein Übergewicht dazu, ich war einfach das Gespött aller - Schaut euch die Fette an, die keucht sofort bei jedem Schritt, dass liegt wahrscheinlich an ihrem fetten Bauch. Danach war ich abgemagert und anders. Ich hatte meine Haare schwarz gefärbt und meine Kleidung wurde von Tag zu Tag dunkler. Diese Veränderung machte alles nur noch schlimmer... Als mich jemand rempelte wurde ich aus meinen Erinnerungen gerissen. Ich schaute der Person hinterher und wartete auf einen freien Platz. Aber wie jeden Morgen musste ich stehen, also stellte ich mich seitlich an die Tür und zog meine Kopfhörer aus der Tasche. Während ich der vorbeiziehenden Landschaft mit meinen Augen folgte, hörte ich Musik. Um mich von diesem hektischen Morgen abzulenken.
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Allein
SpiritualWieso nimmt mich keiner wahr? Und wieso kann ich nicht einfach gerettet werden? Ich weiß nicht genau seit wann es so ist, aber ich merke selbst das sich keiner für mich interessiert. Ich frage ob ich das ändern kann, ob ich es schaffen kann meinen...