Ich und der Montagmorgen

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Unsanft reißt mich mein Wecker aus einer Tiefschlafphase. Benommen taste ich nach meinem Handy, um auf „Schlummern" zu drücken.
,Vielleicht hatte der Schlafexperte gestern in der Talkshow doch recht und diese Schlafphasenwecker funktionieren nicht... Oder es war heute nur eine Ausnahme, dass es nicht funktioniert hat...'
Ich hasse aufstehen, ich hasse den Montag und ich hasse Regen, Kälte und Dunkelheit.
Wie gut, dass es an diesem Montagmorgen regnet, wir -7 ° Grad Celisus haben und es um 06:00 Uhr noch dunkel draußen ist... Ich kann mich vor Begeisterung kaum halten...
Nachdem der Wecker bereits zum fünften Mal geklingelt hat, schaffe ich es endlich meine verschlafenen Beine unter der Bettdecke hervor zu strecken. Ich bereue es zutiefst, gestern die Heizung nicht mehr eingeschaltet zu haben, als meine Füße den eiskalten, glatten Laminatboden berühren.
„Plitsch, platsch" watschele ich aus meinem Zimmer, um ins Bad zu gehen. Meine Mutter sagt immer, dass ich Entenfüße habe. Sie seien platt und wenn ich gehe, würde es sich anhören, als watschele eine Ente über den Laminatboden.
Ich stehe also im Badezimmer, schaue auf meine Füße und bewege die Zehen. ‚Wie es wohl aussehen würde, wenn ich Schwimmhäute zwischen den Zehen hätte?', frage ich mich, winkle die Arme an und beginne flatternde Bewegungen zu machen, während ich die Melodie des Ententanzes dazu summe.
Leider habe ich nicht bemerkt, dass ich vergessen habe die Badezimmertür zu schließen und mein Vater mich beobachtet. „Was wird das denn, wenn es fertig ist?", fragt er lachend.
„Raus hier, ich muss mich fertig machen!", rufe ich, lache und schmeiße ein Handtuch nach ihm.
Als die Tür geschlossen ist, mache ich das Licht an und meine Augen schmerzen durch die Helligkeit. Ich kneife sie zusammen und öffne sie ganz langsam Schritt für Schritt.
Beide Augen sind offen ich wage einen Blick in den Spiegel und stöhne auf. Meine Haare sind ein einziger Filzknoten, meine Augen sind geschwollen und ich habe rote Striemen im Gesicht.
‚Ob alle morgens so schrecklich aussehen, wie ich?'
Ich greife nach meiner Haarbürste und beginne damit, Partie für Partie meiner Filzmähne zu entwirren. Auch wenn ich das Gefühl habe, mir mehr Haare auszureißen, als jemals nachwachsen können, mache ich weiter. Jeden Morgen wundere ich mich auf's Neue, dass ich noch keine Glatze habe.
Nachdem meine Haare jetzt keine Vögel mehr zum ausbrühten der Eier einladen, widme ich mich meinem Gesicht. Die roten Striemen, die wahrscheinlich mein Kopfkissenbezug verursacht haben, sind langsam dezenter geworden. ‚Ein Glück...' Ich wasche mein Gesicht, creme es ein und greife nach meiner Foundation, um meinem Gesicht „24 Stunden Feuchtigkeit und einen ebenmäßigen Teint" zu verleihen – das sagt jedenfalls die Werbung.
Mit dem Make-Up bin ich zufrieden und will nur noch schnell meine Wimpern tuschen. Ich suche meine Wimpernzange, um die Wimpern zu biegen und einen „dramatischen Augenaufschlag" zu erzielen. Ist es denn nicht dramatisch genug die Augen an einem Montagmorgen überhaupt aufzumachen? Manchmal wünsche ich mir, ein Mann zu sein. Die stehen morgens auf, gucken in den Spiegel, denken „Ach, passt schon." Und gehen wieder. Aber stattdessen stehe ich hier und versuche meine Wimpern zu biegen. Ich hasse es – wirklich! Denn ich klemme mir jedes Mal mein Augenlid ein. IMMER! Und das tut weh. Das tut RICHTIG weh. „MIST!", brülle ich und löse die Zange. Beim dritten Versuch klappt es dann. Es sieht wirklich bescheuert aus, wie ich da stehe. In der linken Hand die Wimpernzage, die die Wimpern biegen soll, dabei das Augenlid vom Auge löst und man nach unten schielt. Eigentlich ein gutes Halloween-Outfit, aber ich glaube mir ist es auf Dauer zu anstrengend die Wimpernzange zu halten...
Als ich mein allmorgendliches-Hassprozedere abgeschlossen habe, widme ich mich meinem Outfit.
In meinem knitterigen Schlafshirt stehe ich also vor meiner Schrankwand. Vorsichtshalber habe ich alle Türen des Kleiderschranks geöffnet – nicht, dass ich ein Kleidungsstück übersehe.
Minutenlang stehe ich einfach nur da und lasse meinen Blick über meine Klamotten schweifen:
„Nein, nein, nein, zu klein, zu groß, zu bunt, zu schlicht, zu blau, zu grün, das würde... nein. Das muss ich erst bügeln, dazu passt aber meine Lieblingsjeans nicht, das ist zu kurz für's Büro, das ist zu lang – ich will ja nicht aussehen wie eine prüde, spießige Witwe... Ich habe einfach nichts zum Anziehen!"
Kurz bevor ich einen Nervenzusammenbruch erleide greife ich mir einfach irgendein Oberteil, eine dunkelblaue Jeans und einen schwarzen Blazer. Meine Mutter lacht jedes Mal, wenn ich sage, dass ich den Blazer gerne mag, weil der Schwarzton so schön ist. Ein richtig schönes, fröhliches Schwarz.
Schmunzelnd springe ich motiviert in mein „ootd" (Outfit of the day), wie es die meisten YouTube-Püppchen nennen würden. Doch so stylisch sieht es nicht aus. Es ist ein ganz normales Büro-Outfit. Und ich springe auch nicht elegant in mein Outfit, wie es die ganzen Schauspielerinnen mit ihren perfekten Körpern in den Hollywood-Streifen tun, ich falle eher hinein. Nachdem ich fast gestolpert bin, weil ich mich in meinem Hosenbein verfangen habe.
Als ich die Treppe runtergehe, erfreue ich mich an der Tatsache, den Tag bisher unfallfrei überstanden zu haben. Eine Meisterleistung.
Ich greife in den Kühlschrank, um mir meine Tupperdose mit meinem Frühstück zu nehmen und in meine Tasche zu werfen. Dem folgt noch eine Wasserflasche, ein Müsliriegel und meine Schlüssel.
Schnell noch Jacke und Schuhe anziehen, den Regenschirm greifen und los geht es!

‚Montagmorgen – ich habe dich besiegt!', denke ich und im nächten Moment bemerke ich, dass meine Tupperdose nicht dicht war und der Joghurt in meiner Tasche ausgelaufen ist...

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⏰ Last updated: Feb 17, 2017 ⏰

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