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1 | When a Writer Falls in Love with You...

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Liebe macht süchtig. Und jeder weiß, dass
uns jede Sucht am Ende zerstört.
— Laura Chouette

Es war Anfang November. Die grauen dichten Nebelschwaden zogen sich auf den Straßen Londons gespenstisch dahin. Die wenigen Passanten, die unterwegs waren, hüllte das schweigende Grau bis zu den Knien ein. Es herrschte eine unheimliche Atmosphäre an diesem trüben Herbstmorgen. Ich erreichte den Piccadilly Circus als es neun Uhr schlug und schlang meinen dunkelblauen Mantel fester um meinen Körper. Hastig betrat ich die U-Bahn Station Oxford Circus Station und eilte die Treppen hinunter.

Ich durfte zu meinem Vorstellungsgespräch nicht zu spät kommen, ermahnte ich mich. Während ich schweigend am Bahnsteig stand,nippte ich an meinem Kaffee. Es war ungewöhnlich kalt an diesem Morgen und meine halb erfrorenen Finger schmiegten sich um den warmen Becher. Als die U-Bahn nach wenigen Minuten einfuhr, seufzte ich leise. Es war ein gewöhnlicher Montagmorgen und halb London schien wie immer auf die öffentlichen Verkehrsmittel zurückzugreifen.

Ich könnte mein Glück herausfordern und auf die nächste warten, dachte ich, doch ich musste pünktlich sein. Also zwängte ich mich halbherzig in das Gedränge, bestehend aus Männern in Anzügen, quengelnden Kleinkindern und schnatternden Frauen. Ich konnte an einer der gelben Stangen halt finden, kurz bevor sich die U-Bahn mit einem Ruck in Gang setzte. Nur zwei Stationen, dachte ich erleichtert. Während ich aus dem Fenster in die vorbeirasende Dunkelheit hinaus starrte, kroch die Nervosität wieder in meinen Bauch.

Es war mein erstes Vorstellungsgespräch, noch dazu bei einem der einflussreichsten Männer Europas: dem Chef der International Bank of England. Ich bewarb mich dort nicht als Sekretärin, dafür war ich viel zu jung. Um ehrlich zu sein, betraf es die Bank gar nicht, sondern eher das Privatleben von Mr. Asbury. Er suchte ein Kindermädchen für seine siebenjährige Tochter. Die U-Bahn fuhr in der Westminster Station ein. Als sich die Türen nach einem kurzen Signalton öffneten, stieg ich erleichtert aus. Ich sah instinktiv auf meine Armbanduhr, die mir verriet, dass ich noch fünf Minuten hatte.

Während ich die Treppe hochlief, wurde das leichte Kribbeln in meinem Bauch zu einem schmerzhaften Ziehen. Oben angelangt, nahm ich eilig einen Schluck von meinem Kaffee. Ich verließ die stickige Station, überquerte die Straße und steuerte siegessicher, dass ich es pünktlich schaffen würde, auf die Westminster Bridge zu. Selbst über der Themse hatten sich solche Nebelfelder gebildet und schwebten still über dem dunklen Wasser. Die wenigen Touristen, die zu dieser Jahreszeit London besuchten, machten begeistert von dieser unheimlichen Atmosphäre Fotos. Als ich die Brücke überquert hatte, bog ich nach rechts ab und folgte einer Treppe nach unten zum Ufer der Themse.

Nach wenigen Metern sah ich das Hochhaus, das mit seinen unzähligen Fenstern, nur aus Glas zu bestehen schien. Bei Sonnenschein wäre es sogar noch ein reizvollerer Anblick, dachte ich gedankenversunken. Mein Blick wanderte weiter nach oben, anstatt auf den Gehweg gerichtet zu sein. Wie aus dem Nichts heraus stieß ich plötzlich mit einem vorbei eilenden jungen Mann zusammen. Erschrocken zuckte ich zusammen und spürte den lauwarmen Kaffee, der meinen Mantel durchtränkte. Der junge Mann wich zurück.

»Es ... es tut mir leid, Miss«, stammelte er vor Peinlichkeit ergriffen und starrte auf den zerdrückten Kaffeebecher, den ich fallen gelassen hatte.

Ich gab darauf nur ein höfliches »Ist schon gut, es war meine Schuld«, zurück.

»Ich kaufe Ihnen einen neuen Kaffee«, bestand er stur und reichte mir ein Taschentuch. Erst, als ich danach griff, wagten ich es, ihm ins Gesicht zu sehen. Seine ungewöhnlich hellblauen Augen sahen mich schuldig an. Auf seinen Wangen lag eine leichte Röte, die recht auffällig war, wegen seines blassen Gesichts. Ein paar Strähnen, seines blonden Haares, hingen ihm wirr ins Gesicht und verliehen ihm einen rebellischen Eindruck, der jedoch nicht so recht zu seinem Outfit zu passen schien. Er trug einen schwarzen, maßgeschneiderten Anzug, der seinem muskulösen Körper schmeichelte. Ich rang nach Worten, doch ich war wie versteinert. Die Bauchschmerzen hatten sich wieder in ein harmloses Kribbeln verwandelt.

We kissed the London RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt