Und dann entdeckte ich ihn.
"Scheiße", murmelte ich und versteckte mich hinter einer Menschenmenge, die mich zum Glück nicht beachtete.
"Fuck fuck fuck", flüsterte ich weiterhin vor mich hin, während ich versuchte, nicht entdeckt zu werden. Warum nochmal war ich auf dieses blöde Fest gegangen? Warum war ich nicht einfach zu hause geblieben, hatte mir ein paar Folgen Pretty Little Liars reingezogen und den Abend in Ruhe und Frieden überstanden.
Aber nein, ich hatte mich ja von meinem besten Freund breitschlagen lassen, mit ihm hier hin zu gehen. Hätte ich aber gewusst, dass er sich das nächstbeste Mädel schnappt und sich mit ihr hinter dem Gebäude, in dem wir uns befanden, amüsiert und ich mich vor dem Typ, der sich mir gegenüber wie ein Arsch verhalten hatte, verstecken muss, wäre ich ganz sicher nicht hier aufgetaucht.
Aber genau so war es nun mal. In Gedanken an mein warmes gemütliches Bett vernachlässigte ich meine Deckung und natürlich musst er genau in dem Moment zu mir herüber schauen, so dass er mich sah. Und bevor ich mir einen Plan B überlegt hatte, war er schon zu mir herübergeschlendert, die Hände in den Hosentaschen.
Da ich wirklich wenig Lust auf ein Gespräch mit ihm hatte, stand ich auf und verließ den vollgestopften Raum, raus auf den Gang und dann ab ins Freie. Die frische Nachtluft war angenehm warm und obwohl es stockdunkel war, lösten die Lichter der Stadt tief unten in mir eine wohlige Wärme aus.
Die hätte auch super angehalten, wenn nicht besagter Arsch plötzlich hinter mir aufgetaucht wäre und mich des Todes erschreckt hätte. "Können wir reden?" "Nein, danke, ich verzichte", antwortete ich giftig und lief von ihm weg.
Ich hatte mich nicht ein einzigstes Mal umgedreht. Ich konnte nicht. Ich konnte nicht in diese Augen blicken, die mir jedes Mal den Atem raubten, ich konnte nicht diese Lippen sehen, die ich so gerne auf meinen spüren wollte. Ich wusste, dass ich dies nicht aushalten würde.
Also setzte ich mich einfach auf diese Bank, die nicht wirklich zu der schicken Party mit 120$ Sekt und Champagner passte, aufgrund dessen, dass sie unglaublich abgenutzt aussah. Aber ich muss sagen, dass der Ausblick von hier echt schön war.
Aber mal wieder musste mir eine gewisse Person einen Strich durch die Rechnung machen.
"Bitte.... Ich will doch einfach nur reden." "Nein." "Und wenn ich rede und du zuhörst?"
Zum ersten Mal an diesem Abend sah ich ihn an. Und ich hatte Recht gehabt. Ich liebte seinen Anblick so sehr wie ich ihn auch dafür hasste, wie er mit mir gespielt hatte.
"Gut", sagte ich und sah weg, damit er meine Augen nicht sehen konnte. Jede Sekunde würde ich anfangen zu weinen; ich hatte nie aufgehört ihn zu lieben.
Ich wartete, aber er schwieg. "Also...?", fragte ich ihn. Seine Augen waren auf den Boden gerichtet und er spielte mit dem Saum seines Pullovers.
"Ich weiß, dass ich ein Arsch dir gegenüber war." Oh ja, früh gemerkt du Talent, dank dir lag ich nächtelang heulend in meinem Bett und konnte nicht schlafen. "Aber der einzigste Grund, weshalb so ich so war, war um dich zu schützen."
Und dann fing er an zu erzählen. Darüber, dass sein Vater ihn unter Druck setzte und nichts von einer festen Freundin hielt und dass er Angst hatte, dass er wegen Fußball und seinem bevorstehenden Abitur keine Zeit für mich hätte.
"Ich hatte einfach Angst, dass unsere Beziehung viel zu früh enden würde; bitte, das musst du verstehen." Ich nickte unterbewusst, ohne wirklich verstanden zu haben, warum er mir das alles erzählte.
Heute. Hier. Auf dieser Bank. Mit diesem wunderschönen Ausblick. Eigentlich zu romantisch, um darüber zu reden, warum es nicht geklappt hat.
"Und du weißt auch, wie meine Jungs sind... Du bist 15, ich werde bald 18. Die haben andere Vorstellungen von einer Beziehung wie vielleicht du." "Ja, ich habe es verstanden", antwortet ich gereizter als beabsichtigt.
"Sonst noch was." Ich sah wieder in seine Augen. Dieses blau. Es war so wunderschön. Es machte mich fertig. Er machte mich fertig. Er murmelte "Nein" und ich erwartete, dass er aufstehen und gehen würde, was er aber nicht tat.
"Scheiße", meinte er plötzlich und er sah auf. "Du machst mich so verdammt verrückt", flüsterte er und küsste mich. "Und es ist mir egal, was andere darüber denken, ich liebe dich und ich brauche dich. Und wir schaffen das. Gemeinsam. Wenn du das überhaupt willst."
Er sah mich abwartend an, aber ich war zu überrascht, um direkt zu antworten. Hatte gerade der Junge, den ich seit einer Ewigkeit liebte, mir gesagt, dass er mich liebt?! "Ich...ich.." Überfordert schloss ich meine Augen und atmete tief durch. Als ich sie wieder öffnete, sah er mich immer noch an. "Ja", murmelte ich und fing an zu grinsen. "Ja, klar". Ich lachte und auch er zeigte ein Lächeln. Dann legte er seine Hand auf meine Wange und küsste mich erneut.
Es war perfekt.
Alles war perfekt.
Er.
Die Bank.
Der Abend.
Die Lichter der Stadt.
Und unserer Kuss.
Einfach alles.