Teil 4

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Hey:-) sagt Bescheid, wie ihr's findet!

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Ich lag auf der Couch und gab vor zu schlafen. In Wahrheit sah ihm beim Schreiben zu. Natürlich bemerkte er es nicht, war viel zu vertieft in seiner eigenen Welt, die er erschaffen hatte, um mich auf frischer Tat zu ertappen. Aber das machte es nur noch faszinierender. Er saß an seinem Laptop, eine Tasse heißen Tee daneben, in einer lockeren Trainingshose und einem T-Shirt, auf dem Idefix abgebildet war. Seine Finger rauschten in Zweiunddreißigsteln über die Tastatur, das leise Klicken so vertraut, dass ich lächeln musste. Manchmal hielt er inne, biss sich auf die Lippe und überlegte, trank einen großen Schluck von seinem Tee und fuhr dann fort zu schreiben. Gelegentlich murmelte er etwas auf Portugiesisch, strich sich geistesabwesend durchs Haar und ließ seinen Blick zu mir wandern. Es war immer verdammt knapp genau dann die Augen zu zupetzen und zu hoffen, meine Wangen waren nicht feuerrot geworden. 

Auf einmal erinnerte ich mich an den kleinen Jungen, der mir das erste Mal am ersten Schultag begegnet war. Wir beide hatten schweigend nebeneinander an der Tafel in unserem neuen Klassenzimmer gestanden und mit gerunzelter Stirn den anderen Kindern dabei zugesehen, wie sie sich um die besten Plätze in den hinteren Reihen zankten. Einen richtigen Wettstreit hatten sie daraus gemacht, sich gegenseitig geschubst und angeschrien. Die Lehrerin war es schließlich gewesen, die uns beiden Außenseitern zwei Plätze nebeneinander in der ersten Reihe zugeteilt hatte. Während Ruben gelangweilt auf seinem Block herumgekritzelt und die Lehrerin vollkommen ignoriert hatte, hatte ich ihn neugierig angesehen. Sein rabenschwarzes Haar hatte mich sofort fasziniert, genau wie die dunkle Farbe seiner Augen. Ich war diejenige gewesen, die sich ihm vorgestellt und ihm erklärt hatte, dass wir von nun an beste Freunde sein würden. Wir waren klein gewesen, er gerade erst aus Portugal nach New York zu seinen Großeltern gekommen, nachdem seine Eltern bei einem Autounfall gestorben waren, aber das erfuhr ich erst später. Damals hatte er einen dicken Akzent gehabt und ich hatte ihm einige englische Wörter erklären müssen, manchmal mit Händen und Füßen. Aber beide hatten wir irgendwie gewusst, dass wir von nun an unzertrennlich sein würden. Wir waren das komischste Gespann der Schule, ich, die kleine Streberin, die ihre Stifte auf dem Tisch symmetrisch anordnete (damit ärgerte er mich heute noch) und er, der verschwiegene Junge, dessen Finger immer mit Tintenflecken übersät waren, weil er meistens gedankenverloren auf seinem Block herum kritzelte. Das hatte sich auch heute nicht verändert.

Alles andere dafür umso mehr. Die Mädchen hatten angefangen in riesigen Bienenschwärmen um ihn herum zu schwirren, sich gegenseitig zuzuflüstern, wie gut der schweigsame Junge doch aussah, und versuchten ein Keil zwischen uns beide zu schieben. Es hatte mich wütend gemacht, schrecklich rasend und zornig, aber Ruben hatte die anderen Mädchen noch nicht einmal bemerkt. Er hing in seiner eigenen Welt fest, einer Welt von komplizierten Satzkonstruktionen und literarischen Stilmitteln, die mir vollkommen fremd waren. Für ihn gab es nur seinen Block, seinen Füller, seine Bücher und mich. Das hatte mich glücklich gemacht. Ich blieb das Mädchen an seiner Seite, diejenige, die ihn verstand, ohne, dass er etwas sagen musste. Wir verbrachten so viel Zeit miteinander, lachten zusammen, redeten, schmiedeten Pläne für die nächsten Ferien oder schwiegen, hießen die Stille willkommen, während wir im Garten seiner Großeltern unter dem knorrigen Apfelbaum lagen, er mit seinem Block und seinem Füller, ich mit tonnenschweren Bücher über die Kunst der Medizin.

Dann war die Zeit auf einmal unheimlich schnell vergangen, ich hatte mich in den Jungen aus dem Debattierklub und in den Star der Fußballmannschaft verliebt, und dann plötzlich waren wir beiden an der Uni gelandet. Er hörte mich alle möglichen Definitionen von Symptomen ab, ich fragte ihm über Literaturgeschichte Löcher in den Bauch. Ich verliebte mich in einen Typen nach dem anderen aus meinen Vorlesungen, er schickte seine Romane und Krimis ein und wurde damit noch vor dem Abschluss seines Studiums berühmt. Von allen Seiten wollte man ihn auf einmal für die verschiedensten Verlage haben, auf etliche Galas und Dinner Partys wurde er eingeladen und obwohl ihm die Frauen zu Füßen lagen, so war doch ich immer diejenige, die mit ihm zu diesen Anlässen erschien. Kein einziges Mal hatte er eine andere Frau gefragt und kein einziges Mal hatte ich ihm diese Bitte ausgeschlagen. Ich wusste genau, wie schrecklich langweilig er diese Abendessen fand und wie unangenehm es ihm war, in Schlips und Anzug aufzutauchen. Ruben war nicht jemand, der sich selbst an die große Glocke hing, obwohl er wahnsinnig talentiert war. Und das liebte ich an ihm.

Katie's SongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt