Strophe 6 - 1

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Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau,
Es scheinen die alten Weiden so grau.

Vater P.o.V.

"Vater?"

"Ja mein Sohn?"

"Sieht du die Töchter des Erlkönigs, dort hinten am Waldrand, in den Schatten?" Paul klingt bereits etwas resigniert, aber in seiner Stimme schwingt noch etwas Hoffnung mit. Ich will ihn in so einer angespannten Situation auf gar keinen Fall enttäuschen, also drehe ich mich zum Waldrand um und starre in die dunklen Schatten. Fast hoffe ich, die Töchter des Erlkönigs zu sehen. Wie auch immer sie aussehen mögen.

Aber alles was ich sehe sind alte, graue Weiden. Vielleicht sollte ich auch dankbar sein, denn bisher hatte Kontakt mit dem Erlkönig immer zum Tod geführt. Auch bei Matt...

*Flashback*

Heute sind Matt und ich, er ist ein  guter Freund von mir, in den Wald gegangen um Holz zu holen.
"He, wer ist das?"  fragt Matt urplötzlich und starrt auf einen alten, knorrigen Baum.

"Matt? Da ist nichts! Das ist nur ein Baum. Willst du mich veralbern oder was?"  Verwundert mustere ich ihn. Seine Augen weiten sich geschockt und er stolpert ein paar Schritte zurück, bis er über eine Wurzel fällt und auf dem Boden weiter zurück kriecht. Mich beachtet er nicht.

"Nein, bitte nicht. Bitte nicht der Erlkönig."

Im nächsten Moment ertönt ein Krachen und ein riesiger Ast fällt auf ihn. Ein grauenerregendes Knacken und Knirschen ist zu hören und ich weiß instinktiv dass Matt tot ist.

Langsam sickert ein dünnes Rinnsal Blut unter dem kräftigen Ast hervor. Das dunkle Rot des Blutes bildet einen bizarren Kontrast zu dem frischen Grün der Blätter und dem milden Braun des Astes.

Moment - der Ast sieht vollkommen gesund aus. In der letzten Zeit gab es auch keine nennenswerten Stürme die den Ast gelöst haben könnten. Auch jetzt ist es vollkommen Windstill. Nur eine kurze sanfte Brise weht  über das tragische Bild , dann ist alles wieder ruhig. Auch die Stelle an der der Ast abgebrochen ist sieht vollkommen normal aus, nicht angesägt oder irgendwas. Ich sehe nach oben. Über uns erhebt sich eine mächtige alte Weide, ein Ast scheint abgebrochen. Ich sehe wieder runter zu Matt's zerquetschter Leiche. Alles wirkt völlig ruhig und natürlich. Und doch wieder nicht. Und was hatte das mit dem Erlkönig zu tun, von dem Matt gesprochen hatte? Dem er seine letzten Worte gewidmet hatte...

 Und was hatte das mit dem Erlkönig zu tun, von dem Matt gesprochen hatte? Dem er seine letzten Worte gewidmet hatte

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*Flashback Ende*

Ich hatte die ganze Sache schon wieder so gut es geht verdrängt. Das bleiche, entsetzte Gesicht von Matt's Frau nachdem ich ihr die schreckliche Nachricht überbracht habe, ist für immer und ewig in mein Gedächtnis gebrannt. Unauslöschlich.

Dieser ganze Moment hatte nur wenige Sekunden gedauert, aber ich brauche trotzdem einen Moment um zurück in die Realität zu gelangen und mich zu erinnern worum es eben noch ging.

"Paul, ich sehe da nur alte graue Weiden." sage ich schließlich.

Alte graue Weiden. Wie die Weide bei Matt...

Hastig schüttele ich den unsinnigen Gedanken ab. Das ist sicher nur Zufall. Aber was wenn nicht? Catherine sagte immer "Ich glaube nicht an Zufälle. Alles hat seinen Sinn, so wie es kommt. Wir mögen es nicht immer verstehen, aber ich glaube fest daran dass es so ist."

Wenn Catherine recht hat, sollte ich jetzt wirklich aufpassen...

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Ja jetzt mal zuerst aus der Sicht des Vaters. Ich hoffe es hat euch gefallen :)

Die Sache mit Matt ist mir erst jetzt beim schreiben eingefallen, deshalb konnte ich es nicht eher ins Buch einbauen.

Bis nächstes mal hab euch lieb und lasst einen kommi da ♡

Der ErlkönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt