"Ich habe geträumt, dass Chang-gyun wieder reden konnte."
Dasselbe ist uns schon vor drei Jahren passiert. Ich kam nach Hause und erblickte meine mit Tränen überströmte Tante, die schwer schluchzend im Rohlstuhl gesessen hatte. Sie hatte mir von seiner Stimme erzählt. Wie klar er in ihrem Traum gesprochen hatte. Wie gerne er doch erzählte. Von der Schule, von seinen Freunden und was er alles machen möchte, wenn er groß ist. Doch dann wachte meine Tante auf und realisierte, dass das alles nur ein Traum gewesen ist. Ich nahm sie in den Arm und wiegte sie hin und her, wie ein kleines Kind bis sie sich beruhigt hatte und wieder bei Sinnen war.
Genau dasselbe tat ich jetzt auch.
"Maus, ich weiß ja, dass er höchstwahrscheinlich nicht mit mir sprechen wird, aber du, als seine Schwester, kannst es doch probieren, oder nicht?"
Ich schaute sie müde an.
"Nein, Chang-gyun redet auch nicht mit mir...", sagte ich schwach,"er wird auch nicht mehr mit mir reden...Ich habe es aufgegeben, Eun-mi."
Aus Trauer und Wut schlug sie mir leicht in die Magengrube. Ihre Schläge wurden immer schwächer, bis sie ihren Kopf gegen meinen Bauch lehnte.
"Ich hatte nur gehofft..."
"Ich weiß"Ich öffnete die Tür die zu meinem und Chang-gyun Zimmer führte und fand diesen schlafend auf. Seine Decke war auf den Boden gefallen, weswegen ich diese aufhob und ihn zudeckte. Daraufhin drehte er sich zu anderen Seite um und gab ein zufriedenes Brummen von sich. Ich musste lächeln. Auch wenn er seit Jahren nicht mehr mit uns geredet hatte, er brauchte nur bei mir zu sein und machte mich glücklicher als alles andere. Ich liebte ihn und war sehr froh ihn zu haben.
Mittlerweile hatte ich mich schon umgezogen und saß in der Küche und hörte ein wenig Musik. Das erste Mal seit Langem. Ich spürte wie die Melodie mir gut tat. Sie mich aufheiterte und mich meine Sorgen für einen Moment vergessen ließ. Die Stimme des Sängers beruhigte mich. Ich stand auf und versuchte zur Melodie passend zu tanzen.
Tanzend in der Küche verbrachte ich eine Stunde bis ich erschöpft in mein Bett fiel und fast direkt einschlief.
Ich schlief gut. Woran das lag, wusste ich nicht.Samstagmorgen
Heute musste ich zum Glück nicht arbeiten und nahm mir vor die Wohnung wieder richtig sauber zu machen und den Haushalt zu erledigen.
Ich weckte meine Tante und Chang-gyun auf und machte ihnen Frühstück. Wie jeden Samstag setzten wir uns gemeinsam auf das Bett meiner Tante, aßen und hörten Radio. Es lief einer meiner Lieblingslieder. Ich genoss diesen Moment und versuchte ihn so lange wie möglich in die Länge zu ziehen."Chang-gyun, was ist nur mit deiner Schwester los? Sie ist heute schon so glücklich und zufrieden aufgewacht wie noch nie! Welches Pferd hat dich nur geritten, Maus?" Sie lachte heiter. Heute war ein guter Tag. Sie verspürte keine Schmerzen. Meine Laune hob sich erneut an. Ich nahm unsere Teller und begab mich in die Küche, als mein Handy plötzlich klingelte.
'Kann ich gleich vorbeikommen?, Hoseok~'
Ich lächelte und erinnerte mich an gestern Abend. Nur mit Jin unterhalte ich mich so. Aber mit Hoseok war es doch ein wenig anders und jetzt wo er davon weiß, ist es sowieso-
Moment mal... Hierher??? Nein nicht hier her.
Überall nur nicht hier hin. Ich wollte nicht, dass er weiß wie wir leben. Das es uns finanziell nicht gut geht und das meine Tante im Rohlstuhl sitzt. Ich will kein Mitleid, ich will lediglich respektiert werden, ohne das jemand meinen Hintergrund weiß. Ich schaute auf die Uhrzeit, wann er die Nachricht geschickt hatte. 11:04 Uhr. Dann schaute ich auf die jetztige Uhrzeit. 12:34 Uhr.
Schnell tippte ich eine Nachricht in mein Handy, als es an der Haustür klingelte.
Mist."Maus machst du die Tür auf?"
"Ja, mach ich!"
Ich schluckte, wieso musste er jetzt kommen. Meine Gute Laune war verflogen. Darauf hatte ich jetzt keine Lust und keinen Nerv.
Ich öffnete die Tür und blickte einem Hoseok mit einer Tüte in der Hand entgegen.
"Guten Morgen"
"Morgen", antwortete ich knapp.
Nach kurzem Schweigen drückte er mir die Tüte in die Hand.
"Jin wollte, dass du für heute Mittag nicht kochen musst und hat mich geschickt und ich wollte dich wirklich nicht stören."
Verwirrt und ein wenig berührt schaute ich ihn an.
"Danke..."
Plötzlich huschte Chang-gyun in seinem Schlafanzug um die Ecke und versteckte sich hinter mir.
"Hallo kleiner Mann"
Chang-gyun stellte sich trotzig mit den Armen verschränkt vor Hoseok.
"Hab ich was Falsches gesagt?", Hoseok schaute mich verwirrt und mit großen Augen an.
Ich lächelte.
"Er mag es nicht 'Kleiner' genannt zu werden"
Chang-gyun nickte heftig.
"Ahh ich verstehe, Entschuldigung Großer." Hoseok lächelte ihn an, sein Lächeln heiterte auf. Chang-gyun lächelte ihn an. Ich genoss diesen Moment. Auch wenn nur kurz.
"Wie heißt du?", fragte Hoseok dann. Mein Lächeln erstarb und Chang-gyuns ebenso. Er stellte sich wieder hinter mich.
"Ich-"
"Er spricht nicht"
"Was?"
"Er wird nicht mit dir sprechen, er spricht mit keinem."
Hoseok schaute mich an und dann ihn.
"Wie heißt er?"
"Chang-gyun", antwortete ich.
"Wooaaah~ Echt cooler Name! Ich bin Hoseok!""Maus?!? Wer ist denn an der Tür?"
"Eun-mi, es ist nur der-"
Doch bevor ich ihr antworten war sie auch schon im Flur.
"Hallo!Wer bist du denn?", meine Tante schien glücklich. Ich zwang mir ein Lächeln für sie auf. Auch wenn ich dieser Situation am liebsten entfliehen wollte. Ich schaute zu Hoseok. Er schien nicht erschrocken meine Tante im Rohlstuhl zu sehen.Er verbeugte sich und lächelte sie an. Dieses Lächeln brachte mich um den Verstand. Konnte er endlich damit aufhören?
"Ich bin Hoseok! Ein Freund."
"Hoseok! Komm doch rein!"
"Eun-mi, ich denke nicht, dass-"
"Maus, geh Gläser aus der Küche holen, okay?"
Meine Tante schaute mich eindringlich ein. Würde ich jetzt was sagen, würde sie mich später dafür köpfen. Ich tat wie gesagt.Hoseok betrat unsere Wohnung.
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Horizont
FanfictionEin Schritt, ein ewig langer Schritt, dann ist alles wieder gut, sagen sie. Spring über deinen Schatten, so dunkel wie er auch sein mag, sagen sie. Tu es, sagen sie. Vertrau mir, sagt er.