Trauer

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Die Beerdigung. Heute war die Beerdigung.

Harry hatte sich entschlossen, nur mich und Louis mitzunehmen. Liam, Zayn und Niall blieben im Hotel. Es war ein Hin und Her für uns. Heute Beerdigung in England, morgen noch ein Konzert in Bolivien und dann eine Woche Pause, in der wir wieder nach Hause fliegen würden.

Das Flugzeug hatte gerade abgehoben. Ich sah rüber zu Louis, der gerade wieder am Einschlafen war. Harry sah nur aus dem Fenster, völlig in Gedanken. Wie musste er sich jetzt wohl fühlen? Er war offensichtlich noch nicht über den Tod seines Cousins hinweg, aber ich war voller Zuversicht, dass die Beerdigung ihm helfen würde, alles zu akzeptieren.

Draußen zogen die Wolken an uns vorbei. In ein paar Stunden würden wir wieder im kalten, winterlichen England sein. Auf Wiedersehen, Sonne... Jetzt noch schwitzte ich etwas in meiner langen Hose. Die Jacke hatte ich unter meinen Kopf geknüllt. Ich versuchte, zu schlafen. Es war 5:46 Uhr und das Morgenrot hatte eine so beruhigende Wirkung auf mich, dass meine Gedanken in eine wunderschöne Welt der Träume abdrifteten, in der es niemanden außer mir gab. Keine Probleme, keine Sorgen, keine Trauer, kein Streit, nicht einmal Liebe. Nur ich. Ich ganz allein. Nichts, worüber ich mir Gedanken machen muss.

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17:28 Uhr. Wir liefen gerade am Gepäckband vorbei. Ein Glück, dass wir hier nicht auf irgendwelche Koffer warten mussten. Wir hatten unsere Kleidung, die wir nachher tragen wollten, in unser Handgepäck gequetscht. Besser- ich hatte alle Taschen gepackt, da die Sachen sonst ausgesehen hätten, als wären sie niemals gebügelt worden.

Kurz zog ich mein Handy aus meiner Tasche, stellte den Flugmodus ab und schrieb Niall eine Nachricht.

"wir sind angekommen und nehmen gleich ein Taxi zum Friedhof... Harry geht es soweit gut. genießt euren freien tag. hab dich lieb! xx"

"Wir sollten uns umziehen" schlug Louis vor, als ich mein Handy wieder wegpackte. Ich nickte und deutete auf die Toiletten. Wir setzten uns in Bewegung und verschwanden in den Kabinen, um eine Minute später in schwarz gekleidet wieder herauszukommen. Man sah Harry an, dass er immer schwächer wurde, je näher die Beerdigung rückte. Ich nahm seine Hand und ging mit ihm an einer Seite und Louis an der anderen nach draußen auf den Parkplatz. Komisch, dass niemand die beiden erkannte. Wir ernteten nur verwirrte und skeptische Blicke von Touristen.

Der Taxifahrer drehte sich um und sah uns mitleidig an. "Wir sind da." informierte er uns nach ein paar Augenblicken. Als hätten wir das nicht selbst mitbekommen. Ich sah nach links aus dem Fenster und betrachtete das große Tor, hinter dem schon die ersten Grabsteine standen, vor denen trauernde Menschen mit großen Blumensträußen knieten. Eine kleine Schicht Schnee bedeckte alles und als ich aus dem Wagen stieg, lief mir ein Schauer die Beine hoch. Die dünne Strumpfhose, die ich unter dem Kleid anhatte, schütze nicht sonderlich gut vor der eisigen Winterluft. Die kahlen Bäume rundeten das Bild des Friedhofs noch ab und machten es zu einem schrecklichen und doch so schönen Anblick. Harry trat neben mich und atmete tief ein. "Es wird schon dunkel" drang seine raue Stimme zu mir herunter. Sein Blick war in Richtung Eingang gerichtet, auf nicht bestimmtes Fokussiert. Er starrte einfach nur ins Leere und ich merkte, wie seine Gedanken wieder anfingen, abzudriften. Tränen stiegen in seine Augen. Ich schüttelte den Kopf, um selbst wieder zu mir zu kommen. "Komm, deine Mutter wartet da drin." Ich nahm ein weiteres Mal seine Hand uns zog ihn sanft durch das Tor, dicht gefolgt von Louis.

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Ich habe noch nie jemanden verloren. Einen geliebten Menschen gehen zu lassen muss aber unglaublich schwer sein. Zu wissen, dass er nie wieder kommt. Und zu wissen, dass es möglicherweise noch gar nicht seine Zeit war, von der Welt zu gehen. Bereut man dann alles Negative, was man jemals zu ihm oder über ihn gesagt hat? Fühlt man sich schuldig? Wenn ja, warum? Dinge passieren und man muss sie akzeptieren. Vielleicht fällt es mir leicht, das zu denken, weil ich keine Erfahrung habe. Aber ist es nicht so? Man muss das Leben nehmen wie es kommt. Und wenn es uns einen Menschen wegnimmt, dürfen wir zwar trauern und ihn vermissen und bereuen, was wir gesagt und getan haben, aber wir dürfen nicht in der ganzen Trauer versinken und unser eigenes Leben aufgeben. Wir müssen stark bleiben und damit abschließen, um uns mit ruhigem Gewissen an den Menschen zurückerinnern zu können, ohne jedes mal daran zu zerbrechen und uns Vorwürfe für etwas zu machen, für das wir keinerlei Schuld tragen.

Pressure (Niall Horan & One Direction FanFiction 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt