Die Straßen waren dunkel, sowie die Fenster der Häuser, die wie leere Augen auf mich herab schauten. Ich beeilte mich nicht, ich hatte Zeit. Niemand war zu sehen, unsere Stadt war viel zu klein, als dass das Nachts jemand auf den Straßen war. Kalte Nachtluft fegte durch die kleinen Gassen und brachte mich zum Zittern. Es war komisch, tagsüber tobten in mir Stürme. Wellen voller Gefühle, die einen zerstören und zerschmettern. Doch jetzt war alles Still, ein ruhiger See, in dem sich eine dunkle Nacht spiegelte. Trotzdem ist der Schmerz da, der, der alles verschlingt und wenn er einen hat nicht mehr gehen lässt. Der, der Wunden hinterlässt, die niemand sehen kann und niemand versteht.
Meine Gedanken brachten meine schritte zum Beschleunigten, ich wollte nicht daran denken, es würde bald vorbei sein, dann würde ich nichts mehr fühlen, die Wut und der Schmerz wären weg und niemand würde die Spuren die sie in mir hinterlassen hatten je finden. Sie könnten es gar nicht sehen, so was sah man nicht, aus dem Grund verstand mich auch niemand oder wollte es nicht, denn man sah ja nichts. Manchmal dachte ich, dass die anderen es doch sehen müssten, sehen wie ich litt, doch niemand nahm es wahr. Es hatte nie jemand gesehen oder mir geglaubt, als ich in starken Momenten sagte, dass ich Hilfe brauchte.
Meine Arme verschränkte ich vor der Brust, es war kalt. So kalt, dass es schon weh tat, doch es war ein Schmerz, der auf seine eigene Art wirkte, der half, da er im Grunde meine Gefühle einfror und ich so nicht denken musste.
Ich kam an einer kleinen Straße vorbei, in der ich mich einmal versteckt hatte. Ich war vor den Kindern weg gelaufen, die damals über mich gelacht hatten. Schnell versuchte ich meine Gedanken weg zu schieben, ich wollte mir in meiner letzten Stunde nicht darüber den Kopf zerbrechen.
Also ging ich weiter, noch schneller als zuvor. Die Stadt kam mir wie in einem Film vor, so unwirklich und gespenstisch, fast schon von einer anderen Welt.
Es würde enden, heute Nacht, dann wäre alles vorbei, der Hass und die Wut, die Trauer sie alle würden gehen und nie wieder da sein.
Fast zu schnell kam ich an der Brücke an, sie führte über Bahngleise, ich würde sterben.
Ich setzte mich auf das Geländer und schaute in die Tiefe. Eine innere ruhe hatte mich umfasst und so saß ich nur da und sah nach unten. Es war komisch auf der Kante zum Tod zu stehen. Selbst entscheiden zu können, ob man gehen oder bleiben sollte.
Auf einmal hörte ich Schritte, mein Herz raste, mich sollte niemand sehen, nicht jetzt.
Trotz der aufsteigenden Panik versuchte ich ruhig zu sein und zwang mich weiter nach unten zu sehe. Vielleicht ging die Person, unwahrscheinlich aber möglich. Sie ging nicht, sie stellte sich neben mich, sagte aber nichts. Sie stand nur da und schaute wie ich nach unten. Mein Blick glitt langsam neben mich. Es war ein Mädchen, kaum älter als ich, ihre Züge waren in der Dunkelheit kaum zu erahnen. Auch sie drehte sich zu mir und ihre Augen musterten mich, nicht anklagend oder verurteilend, nicht bemitleidend und auch nicht auffordernd, nein sie schaute fast neutral und irgendwie war es tröstlich.
Langsam drehte sie sich zu mir und tat etwas, was ich nie erwartet hätte, sie schloss mich nur in die Arme. Sie redete immer noch nicht und auch ihr blick war fast gleich.
Auf einmal spürte ich wieder die Kälte, doch noch mehr die wärme, die von dem Mädchen aus ging. Nun erwiderte ich ihre Umarmung und es war fast magisch, nicht im Sinn von funken und licht. Es war anders, ich fühlte etwas was lange nicht da war. Selbsterhaltung, ich wusste noch genau warum ich hatte sterben wollen, doch die Gründe verwischten und für einen kurzen Moment hatte ich wieder Hoffnung.
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The colour of Darkness
Short StoryIch werde in diesem Buch eine Reihe von Kurzgeschichten hochladen. Wahrscheinlich in unregelmäßigen abständen. Themen wie Liebe und Tod spielen dabei oft eine Rolle.