♥78. Kapitel♥

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„Aber Schwesterherz, jetzt mal im Ernst, so wie ich dich kenne, traust du es dich nicht, Disse die Wahrheit zu sagen, dein Geheimnis schleppst du dann neun Monate mit dir rum und plötzlich haltet ihr ein Kind im Arm und dann wäre es kein Wunder, wenn er dich verlässt. Denk mal logisch, Julia", fuhr Nora fort. „Das würde ich nie machen!", wehrte ich mich, doch tief im Inneren wusste ich, dass sie mit ihrer Vermutung ins Schwarze treffen würde. Ich würde es nicht übers Herz bringen, Disse zu sagen, dass ich schwanger bin. Ich erinnere mich nur allzu gut an seine Aussage vor wenigen Wochen: „Naja... jetzt könnte ich es mir noch nicht vorstellen, aber in ein paar Jahren vielleicht". Seine Worte von damals hatten mich richtig hart getroffen, ich kann mich noch genau erinnern. Der Abend in der Disco – ich habe auf der Toilette mit Christian rumgemacht. Ich war komplett dicht an jenem Tag. Disses Vermutung, ich könnte schwanger sein, er hat mich gesucht, ich war nicht bei ihm. Er war weg – ungefähr die gleiche Situation wie in Dortmund, nur anders herum – ich bin heimgefahren, lag im Wohnzimmer und Disse kniete sich neben mir auf den Boden, ich habe ihn aufgeklärt, dass ich nicht schwanger sei, er war erleichtert.

Ich klärte Anna und Nora über meine Ängste auf. „Vielleicht kann ich ja mal Niclas fragen, ob er mit Disse reden kann, halt unauffällig, vielleicht gibt es neue Erkenntnisse". Dann Anna: „Ich sage Felix, er soll Disse fragen, ob er sein Papa werden will und ob er generell Kinder haben möchte, so Kinder in dem Alter sind doch sowieso immer direkt und schämen sich nicht". „Oder wir reden einfach mal mit Disse", kam es wieder von meiner Schwester. „Ach Leute, ihr seid so lieb, aber ich glaube, ich muss das alleine hinbiegen, das sollte ich wirklich schaffen, danke aber für eure Hilfe". „Wenn du doch noch Unterstützung brauchst, du weißt ja wo du sie findest", meinte Anna. „I know". Ich umarmte die beiden und versank in meiner Gedankenwelt. Anna fragte Nora währenddessen wie es mit ihrer Schwangerschaft so lief und wann sie ihr Kind bekomme. „Also wenn es gut läuft im Juni", sagte sie stolz und streichelte ihren Bauch. Die Beiden unterhielten sich noch ziemlich lange – ich hatte andere Probleme...

Disse konnte sich jetzt noch kein Kind vorstellen. Wie sollte es eigentlich mit seiner Karriere gehen? Er war ja sowieso kaum zuhause und wenn er mal kein Auswärtsspiel hatte, war er im Training. Würde ich das Kind dann also alleine großziehen? Die Gedanken ließen mich erschaudern und ich begann zu zweifeln. Wie sollte das jemals gutgehen? Ich dachte eigentlich immer nur an die schönen Dinge, aber dass man auch ziemlich viel Zeit in das Neugeborene investieren musste, war mir irgendwie nicht direkt klar. Im Hinterkopf hatte ich den Gedanken natürlich schon, aber ich habe mir die den Kopf darüber zerbrochen, wie es wirklich werden würde. Vielleicht war ich ja auch gar nicht schwanger und es lag einfach daran, dass mein Körper gerade nicht ganz klarkam. Wobei wenn ich jetzt so nachdenke: Die entscheidenste Sache habe ich immer vergessen, so ziemlich die klarste Andeutung auf eine vermeintliche Schwangerschaft: Seit zwei Wochen hätte ich eigentlich meine Tage bekommen sollen... „Fuck", flüsterte ich vor mich hin.

Nora und Anna schreckten auf. „Was los?". Ich erzählte ihnen von meinen Gedanken, von meiner ausbleibenden Periode. „Die Anzeichen werden immer deutlicher, du gehst morgen früh zum Arzt", verordnete Nora und lächelte mich dann glücklich an. „Dann werden unsere Kinder beste Freunde, gehen zusammen in die Schule und wohnen ganz nah zusammen, Julia, das wird so schön". So was kannte ich gar nicht von ihr. Woher die Euphorie? Hat sie Kinder nicht immer abgelehnt? Hat Niclas sie wirklich dazu gebracht, ihr Weltbild zu verändern? Dann war meine Vermutung von Anfang wohl falsch: Ich dachte eigentlich immer, dass sie ihn beeinflussen würde, niemals hätte ich gedacht, dass es andersrum sein würde, Nora hatte in ihren bisherigen Beziehungen immer die Oberhand.

Ich verabschiedete mich von meinen beiden Mädels und rief Sprengi an um zu fragen, ob er mich heimfahren könne. Mein werter Herr Dissinger hielt es ja nicht für nötig sein Handy anzuschalten. Und nachher kommt er mir wahrscheinlich wieder mit: Oh, bin ich dir nicht gut genug oder was. Okay, so übertrieben auch nicht, aber so was in der Art erwartete ich schon. Meine Schwester hatte noch ein Shooting und fuhr deshalb bei uns mit. Wir brachten sie zum Bahnhof, dort wartete Marcel, ihr Manager, auf sie. Sprengi fuhr eine kleine Extrarunde über den Burger King, weil ich Hunger hatte. „Anna ist in deiner Mannschaft, oder?", wollte er wissen. „Jap", nickte ich mit vollem Mund. „Cool". „Tolles Gespräch", witzelte ich und stopfte mir eine Pommes in den Mund. „Ey, nicht frech werden", warnte er lachend, tunkte eine seiner Pommes tief in das Ketchup und näherte sich damit meinem Gesicht. „Wehe", drohte ich, doch da war es schon zu spät. Er zeichnete irgendwas damit in mein Gesicht und lachte danach hämisch – er könnte locker die Hexe bei Hänsel und Gretel im Märchen spielen – es klang täuschend echt, sogar besser wie das Original. „Was machst du?", fragte ich lachend. Er machte schnell ein Bild davon, postete es in seiner Instastory und antwortete dann: „Dich verarschen". „Das bekommst du zurück", deutete ich an und überlegte mir schon eine gute Rache. Die musste ja nicht unbedingt heute sein, aber sie würde noch kommen, das stand fest! Ein Ketchup-Herz im Gesicht würde noch ein Nachspiel für meinen Kumpel haben.

Heavy.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt