Part 3

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Den Blick langsam von der Decke lösend, richtete sie sich auf. Ihr war kalt, dennoch wollte sie nicht in ihren Klamotten schlafen, lieber fror sie die ganze Nacht hindurch. Sie beugte sich unter leichten Schmerzen nach vorne, um dann mit einigen Handgriffen ihre Schuhe zu öffnen und abzustreifen, jedoch sah sie nicht wirklcih hin, wodurch es ein wenig Zeit beanspruchte, Sie wendete ihre eigentliche Aufmerksamkeit lieber einer kleinen, silbernen Kugel zu, die auf dem Boden vor- und zurückrollte, wie durch einen sanften Windstoß angetrieben. Verwundert blieb ihr Blick eine Weile darauf Ruhen.

Eine solche Kugel besaß sie nicht, das wusste sie ganz genau. Auch war ihr niemand bekannt, der sie hier vergessen haben könnte - wer sollte so ein Ding auch überhaupt mit her nehmen?

Ihre Schuhe stellte sie neben dem Bett ab und hob die Kugel behutsam auf. Prüfend hielt Sora sie ins Licht, betrachtete sie in aller Ruhe und wendete sie einige Male, bis sie schlussendlich ein paar eingestanzte Buchstaben darauf entdeckte. Sofort hielt sie die Kugel näher vor ihre Augen und versuchte, die Worte entziffern zu können.

"Jene Welt in Satan's Klauen"

Ein lautes Klack ertönte, als das Ding auf dem Boden auftraf. Wie erstarrt saß Sora mit stockendem Atem auf dem Bett. "Was hat das zu bedeuten?!", fragte sie sich angsterfüllt, während sie geradezu spürte, wie das Blut durch sämtliche Adern ihres Körpers schoss. Ihre Hände zitterten, der Puls schien auf 180 zu sein. Ihr Atem ging flach und schnell, und es kostete sie große Anstrengung, nicht zu hyperventilieren. Noch als sie spekulierte, woher und vorallem, wie diese Kugel in ihr Zimmer kam, ließ sie ein äußerst beunruhigender Gedanke zusammen zucken. 

Langsam hob sie den Kopf Richtung Fenster. Ihr gesamter Körper durchfuhr ein Schauer, fast so, als häte sie einen Stromschlag erlitten. Sie bemerkte etwas erschreckendes:

Das Fenster, be dem sie sich so sicher war, es geschlossen zu haben, stand nun offen, bloß leicht am Rahmen angelehnt. Gehetzt und von Angst geschürt sprang sie auf und drückte es sofort zu. Fest verriegelte sie es, zog die Decken darüber und wollte zurück zur Kugel, um sie aus ihrem Zimmer zu bringen. Sie besah den Boden, doch... 

Sie war weg. Nirgends zu finden. Nach einigem erneuten Umsehen wurde ihr immer unwohler. Zwar konnte das kleine Ding auch einfach nur unter das Bett gerollt sein, aber sie wollte kein Risiko eingehen, egal wie lächerlich es auch sein würde - zumindest heute, diese eine Nacht will sie risikofrei sein. Mit einigem Kraftaufwand drückte sie sich mit einer Hand am Bett nach oben, den verletzten Arm nah bei sich haltend. Vor ihren Augen tanzten einige Lichtpunkte, wie sie es immer hatte, wenn sie zu schnell aufstand.

Obwohl es ihr schwindelte, griff sie nach ihrer Decke und warf sie sich mit einiger Mühe über die   Schulter. Fast schon rennend begab sie sich zur Tür, stürmte hinaus die Treppe herunter. Sora wusste sich selbst ihre Hektik nicht zu erklären, wo doch in ihrem Zimmer keine Menschenseele war - wobei wahrscheinlich grade das der Grund für ihre Aufregung war. 

Dort war niemand im Zimmer, niemand im Haus - auf jeden Fall kein Mensch, dem war sie sich sicher. Voller steigender Hysterie übersah sie die letzte Stufe der Treppe, was sie zum Stolpern brachte. Mit instinktiv ausgestreckten Händen versuchte sie den Sturz abzufangen, jedoch knickte sie noch in der Sekunde des Aufpralls mit ihrem rechten Arm ein, was die fast verschorfte Wunde wieder aufriss. Ein kurzer, heller Schrei kam unbewusst über ihre Lippen, aber sie landete leichter als erwartet, denn die Decke federte ihren Sturz ungemein ab. Der teilweise weiche Untergrund raubte ihr eine knappe Minute den Atem, so keuchte und jappste sie wie bei einem Asthmaanfall. Warum musste das alles auf einmal passieren? Diese Reihe an Unglücken war doch schon seltsam genug, warum muss das ganze jetzt noch im Zusammenhang mit diesem unheimlichen Gangtypen stehen? 

Sie hörte die Eingangstür knarren. Dies verschlimmerte ihre Atemnot nur - krampfhaft gruben sich ihre Finger in die Decke. Ihr rasender Atem übertönte jedes andere Geräusch, was sie hätte vernehmen können. Nun spürte sie das vibrieren großer, eilender Schritte... definitiv, dass waren die Schritte ihres Vaters! Erfolglos versuchte sie ihn zu rufen, denn ihre Stimme versagte allein beim ersten Versuch. Plötzlich fühlte sie, wie die vertrauten Hända sie hoch hieften. Die Decke entglitt ihrem Griff und sie merkte, wie ihr Atem immer ruhiger wurde. Ihre Lungen füllten sich mit Luft, alles drehte sich wie in einem Karussell vor ihren Augen. Die Stimme ihres Vaters gelang nun auch immer deutlicher an ihr Ohr, bis sie ihn zwar dumpf, aber verständlich hörte. 

"...ist denn nur passiert?! Wir müssen sofort ins Krankenhaus! Ach Süße, lass ich dich einmal allein, passiert sowas...!!", rief er aufgeregt und trappte hilfesuchend durch die Wohnung. Er drückte sie nah an sich heran, was Sora zum zusammen zucken brachte. Erst jetzt bemerkte er die Wunden an ihrem Arm und in ihrem Gesicht. Die Farbe wich aus seinen Wangen, er wurde Kreidebleich. "Oh mein Gott...Sora!! Du hast dich bei dem Sturz so verletzt?! Wäre ich doch bloß früher von der Arbeit gekommen!", krakelte er weiter, garnicht auf die Reaktion seiner Tochter achtend. Genau was sie befürchtet hatte: Eine absolute Überreaktion. Er war schon immer ein zu sogenvoller Mensch. Wahrscheinlich war es genau das, was ihre Mutter so sehr an ihm liebte, obwohl es nicht selten eine Last darstellen konnte. 

Ihr Vater übersah die Tatsache, dass man sich solche verletzungen nie bei einem Sturz von der Treppe zufügen konnte - vielleicht bei einer mit stählernen Spitzen und Klingen, aber sicher nicht bei solchen Holzstufen. Ebenso schien er nicht mal die eingeritzte Runenform zu sehen, egal wie offensichtlich sie wirkte. 

Dennoch, sie war einfach erleichtert ihn jetzt bei sich zu haben. Zwar würde er sie kaum vor dem Jungen beschützen können, aber es war allemal besser, als alleine zu sein. 

Behütend drückte ihr Vater sie an sich und lief mit ihr zur Tür nach draußen um sie ins Auto zu bringen. Kaum hatte er das Haus verlassen, fiel die Tür ins Schloss bevor ihm auffallen konnte, dass er in aller Aufregung seine Schlüssel drinnen vergaß. Ihm wurde das jedoch erst bewusst, als er vor dem verschlossenen Auto mit seiner freien Hand seine Hosentaschen durchsuchte.

"Verdammt, wo zum Teufel sind sie?!", gab er fluchend die Suche auf. Mit "zum Teufel" hatte er wohl garnicht so Unrecht, dachte Sora halb bei Bewusstsein. Es wäre nicht unwahrscheinlich, wenn eben dieser seine Finger im Spiel gehabt hätte. Als ihr Vater dann bei dem Versuch die Haustür zu öffnen bemerkte, dass diese verschlossen war, schlug er voll Frustration gegen die Tür. Sora zuckte zusammen - so kannte sie ihren Vater überhaupt nicht, er wurde sonst nie aggressiv. Genau realisierte sie es aber nicht, da ihr Bewusst sein immer öfter entglitt.

Eines nahm sie aber noch ganz genau wahr, bevor ihr Geist entgültig aufgab:

Die Augen ihres Vaters, die auf sie hinab blicken - und das alles verschlingende schwarze Leere in ihnen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 15, 2014 ⏰

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