Es war ein Tag im Herbst

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So nachdem ich jetzt Ferien habe, kann ich endlich neue Kapitel meiner Geschichten verfassen und posten...

Dieses Kapitel widme ich Merle Werpasch, die das Cover für 'Loving You' erstellt hat.

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Wenn ich so darüber nachdeke, habe ich Rissa, so nenne ich meine kleine Schwester, nicht immer geliebt. Das macht es anders als diese Bruder-Schwester-Beziehungen, wie sie in Büchern und Filmen dargestellt werden. In solchen Geschichten ist es doch meistens so, dass immer mindestens ein Geschwisternteil schon immer wusste, dass es den oder die andere schon immer liebte. Und meistens weiß es das andere Geschwisternteil insgeheim auch schon, dass es in einer 'schwierigen' Liebessituation steckt.

Ich weiß es erst, seitdem ich 10 bin und ich weiß nichteinmal, ob Rissa auch so fühlt wie ich.

Und wenn ihr jetzt denkt, dass bei mir ein langer Prozess nötig war, um zu erkennen, dass ich Rissa liebe, so muss ich euch enttäuschen. Leider.

Denn hätte ich damals bemerkt, dass ich immer mehr für Rissa empfunden hätte, dann nätte ich versucht es irgendwie zu... Verhindern.

Aber ich habe nicht, ich konnte nichts verhindern und so kam was kommen musste.

Meine Liebe zu Rissa entstand an einem einzigen Tag; Von diesem Tag an, wuchs meine Liebe zu ihr immer weiter. Über 2190 Tage wuchs diese falsche Liebe, dieses schreckliche Verlangen!, wie ein Unkraut heran.

Ein Unkraut, welches man an der Wurzel hätte ausreißen sollen, bevor es die Chance gehabt hätte seine gierigen Triebe tief verwurzeln zu können.

Aber das hat man nicht.

Und wenn ich an diesen verdammten Tag zurückdenke, dann wünsche ich mir jedes Mal aufs Neue, dass ich damas einen Tag vorher gestorben wäre, denn bis zu diesem Tag war mein Leben perfekt.

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Es war ein Tag im Herbst.

Das Datum weiß ich noch ganz genau: Es war der 4. Oktober 2007.

Eine Woche zuvor war ich 10 geworden und ich weiß das klingt jetzt schrecklich, aber Rissa war damals erst 8 Jahre alt. Eine Zweitklässlerin.

Der Tag fing ganz normal an: Meine Familie und ich frühstückten gemeinsam an unserem großen, runden Esstisch- Das ist so ein Familienritual bei uns, das wir bis heute auch so einhalten. Eben... Ohne mich.

Larissa hatte damals zwei kleine, pinke Schleifen im Haar und trug ein knielanges, hellblaues Kleid. Darin sah sie wirklich süß aus.

Dieser Morgen war wirklich schön: Wir aßen Honigbrötchen, zwar nicht besonders mein Fall aber das Lieblingsfrühstück von Larissa. Wir erzählten, was wir an diesem Tag noch machen wollten, während die Sonne bereits durchs Küchenfenster hereinschien.

Pünktlich um 7Uhr verließen Rissa und ich das Haus um gemeinsam zur Schule zu gehen. Damals besuchten wir noch dieselbe Grundschule.

Unsere Mutter gab mir beim Verlassen des Hauses noch einen Kuss und winkte uns lächelnd hinterher. Auch ich lächelte und winkte ihr noch einiige Schritte hinterher. Damals hatte mich Mutter noch geliebt und noch nicht das Monstrum in mir gesehen, zu dem ich schon an diesem Tag werden sollte.

Larissa und ich liefen gemeinsam die Straße entlang, ich legte dabei meinen Kopf in den Nacken, um mir von der Sonne das Gesicht bescheinen zu lassen. Indessen hüpfte Rissa plappernd vor mir herum und sang ein Lied, das sie damals gerade neu in der Schule gelernt hatte.

„Ain't nothing in the world is tear Bussaaaaaard!"

Ich lachte belustigt auf und wurde sobald von zwei wütend funkelnden Augen angestarrt.

Sie blieb stehen und schaute mich mit einer Mischung aus Vorwurf und Beleidigung an.

„Na und?! Du kennst den Text auch nicht!"

Ich blieb stehen und strubbelte ihr durchs Haar: „Gut, erwischt!"

Wir beide lachten hell auf und gingen Hand in Hand weiter, während wir gemeinsam laut sangen:

„Ain't nothing in the world is tear Bussaaaaaard!"

Rissa war noch nie ein Mädchen, das lange auf beleidigt tat, das mochte ich schon immer an ihr.

Insgesamt hatten wir aber eine ganz normale Bruder-Schwester-Beziehung, heißt:

Damals war es wirklich so, ich musste nicht vorspielen, dass ich sie ganz so liebe, wie ein großer Bruder seine kleine Schwester liebt.

Und als Larissa und ich so zur Schule gingen, mit den Vögeln um die Wette trällernd, durchschnitt plötzlich das laute Aufheulen einer Sirene die Luft.

Und jeder Vogel verstummte.

Loving you...Where stories live. Discover now