Als ich wenige Minuten später zu Hause angekommen war, musste ich die ganze Zeit daran denken, wie mich dieser Typ angestarrt hat. Aber wahrscheinlich hätte jeder so gestarrt, der sehen würde, wie ein Mädchen einfach in ein Auto reinfährt. Jedem anderen wäre dies wahrscheinlich peinlich, und das war es ja eigentlich auch, aber ich machte mir nichts daraus. Irgendwie war es mir egal, was andere von mir dachten, das war es mir schon immer und vielleicht war ich deswegen auch einfach ein bisschen anders als die anderen. Nicht dass ich großartig auffallen würde, denn ich war bei weitem nicht das Mädchen, dass irgendwem ins Auge sticht, aber ich hatte trotzdem meine Stärken und dazu gehörte nunmal mein Selbstbewusstsein, was jedoch auch nur in mancherlei Hinsicht so ausgeprägt war.
Nachdem ich Mittag gegessen habe, was aus einer Lasagne und einem Salat bestand, war ich den ganzen Tag damit beschäftigt was für die Schule zutun, denn ich musste morgen eine Hausarbeit abgeben und dafür war noch einiges zutun, doch zwischendurch habe ich etwas geschlafen, denn ich merkte, dass mir der kleine Unfall von vorhin leichte Kopfschmerzen gebracht hat.
Am späten Abend kam meine Mutter zurück von der Arbeit, denn sie arbeitet in einem Restaurant und deswegen kann es schonmal etwas später werden. Meine Mutter und ich hatten ein gutes Verhältnis zueinander, wir hatten zwar nicht oft Zeit für uns, weil sie viel arbeitet und ich immer mit was anderem beschäftigt bin, aber am Ende des Tages war sie die Person, mit der ich am liebsten lange Gespräche führe. ,,Na Liebes, wie geht's dir?", fragte sie mich, als sie ohne zu klopfen in mein Zimmer kam. Viele würden sich vielleicht darüber aufregen, aber mich störte es nicht. Lächelnd sah sie mich an. ,,Hey, ganz gut und dir? Wie war die Arbeit?". Sie setze sich neben mich aufs Bett. ,,Es ging, war mal wieder viel los, aber was ist denn mit dir passiert?", fragte sie mich mit etwas großen Augen. In dem Moment fasste sie mir an die Stirn und ich verspürte einen leichten Schmerz, als sie mir über die Beule, die ich wohl nicht bemerkt hatte, strich. ,,Ach, ich hatte vorhin einen kleinen Unfall, aber nichts passiert. Bin einfach nur in ein Auto reingefahren und dann hat mir ein Mann aufgeholfen". Sie sah mich etwas besorgt an, ließ es aber darauf beruhen. ,,Ich habe übrigens noch was für dich", sagte sie und ich war neugierig, was es war. ,,Hier, schon wieder..", sie überreichte mir einen Brief und ich wusste genau von wem er war. Meinem Vater. Ich weiß, es war vielleicht nicht fair von mir seine Briefe, von denen ich gefühlt schon 100 hatte, nicht zu lesen, aber ich konnte nicht. Er hat uns verlassen und ich konnte mich nicht dazu überwinden auch nur einen davon zu lesen, was würde mich denn erwarten? Ich nahm ihn an, aber verstaute ihn direkt in der Box unter meinem Bett, und meine Mutter sagte nichts dazu. Sie hatte mir nie verboten Kontakt zu ihm haben, ganz im Gegenteil, aber ich hatte es für mich so entschieden und ich war kein Fan von Veränderung, denn ich war gewohnt daran nur meine Mutter in meinem Leben zu haben. Sie war Alles für mich.
Nachdem ich ihr erzählt habe, dass der Mann von vorhin mit seiner Familie neu war und gerade in ein Haus in unserer Straße eingezogen ist, verabschiedete sie sich mit einem Kuss auf die Stirn von mir und wünschte mir eine gute Nacht, da sie echt fertig war von der Arbeit. Ich lag noch ungefähr eine halbe Stunde nur so im Bett und dachte über alles nach. Familie, Freunde, Schule. Irgendwann gegen halb 12 schlief ich ein.
_______________________________Am nächsten Morgen musste ich mich beeilen nicht zu spät zum Zug zu kommen, denn ich habe vergessen mir einen Wecker zu stellen und somit wurde ich nur wach, weil meine Mutter irgendwann in mein Zimmer kam, um mich zu wecken. Ich putze mir schnell meine Zähne, sprang schnell unter die Dusche und zog mir eine normale blaue Jeans, ein schwarzes Top und darüber eine leichte Jacke an, da es draußen warm war. Mit Kopfhörern in den Ohren fuhr ich schnell zum Bahnhof und habe es noch gerade so geschafft. Im Zug konnte ich meine Freundinnen nicht finden und somit blieb einfach direkt an der Tür stehen. Als mein Blick kurz nach hinten schwank, bemerkte ich einen Jungen und auf den ersten Blick erkannte ich ihn nicht, bis es Klick machte und ich mich schnell wieder umdrehte. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie machte es mich nervös zu wissen, dass er hinter mir steht, wobei ich mir eigentlich ziemlich sicher bin, dass er nicht weiß, wer ich bin. Immerhin hat er mich gestern nur von weitem gesehen.
Als ich aus dem Zug ausgestiegen bin, machte ich mich auf den Weg zur Schule, die nur ungefähr 200 Meter vom Bahnhof entfernt war. Ich merkte, dass der Junge denselben Weg geht wie ich und die anderen Jugendlichen hier, die auf meine Schule gehen.. das heißt dann wohl, dass er ab jetzt auf dieselbe Schule gehen wird.
In der Schule angekommen, ging ich direkt die Treppen hoch zu meinem Klassenraum und dort traf ich auf meine Freundinnen. ,,Hey, alles klar?", fragte ich sie. Von allen kam nur ein:,, Immer". Nach ungefähr 3 Minuten kam unser Mathelehrer und schloss uns den Klassenraum auf, woraufhin wir ihm hinein folgten. ,,Guten Morgen, bevor wir mit unserem Thema von letzter Woche weitermachen, würde ich gerne eure Hausaufgaben kontrollieren", sagte er und da ich natürlich gestern viel zu beschäftigt war mit meiner Hausarbeit, habe ich es vergessen. Ich drehte mich um zu Maria und fragte sie:,, Pssst, hast du die Hausaufgaben? Ich hab es komplett verpeilt". Sie seufzte und schüttelte nur ihren Kopf. Als Herr Daver rumging, um die Hausaufgaben zu kontrollieren, machte er sich Notizen in das Klassenbuch, wenn sie jemand nicht hatte. Na super, dachte ich mir. Ich bin kein Streber, aber Schule war mir wirklich wichtig und da ich später einen guten Beruf ausüben wollte, war es wichtig gute Noten zu schreiben und Hausaufgaben zu machen. Vertieft in die Aufgaben, die wir machen musste, bemerkte ich nicht, wie es plötzlich an unserer Tür klopfte und ein Junge hereinkam. Fuck. Fuck. Fuck. Bitte nicht.
Ich sah zu wie der Junge unserem Mathelehrer irgendwas sagt und daraufhin ihm ein Dokument in die Hand reicht. Auf einmal dreht sich Herr Daver zu uns und hat seine Hand an der Schulter des Jungen. ,,Leute, das hier ist Kyle. Er ist neu hier und ich würde mich darüber freuen, wenn ihr ihn anständig behandelt", bat uns Herr Daver.
Kyle heißt er also. Ich habe ihn jetzt das erste Mal richtig ansehen können und ich muss gestehen, dass er wirklich gut aussieht, aber das wusste er wahrscheinlich auch, denn ich konnte sehen, wie er die Blicke der Mädchen, eingeschlossen die meiner Freundinnen, genossen hat. Plötzlich blieb er vor mir stehen und nicht nur ich, sondern auch der Rest der Klasse, beobachteten ihn und fragten sich, was jetzt wohl kommen würde. Ich ahnte Böses.
,,Hey, bist du nicht du diejenige, die gestern vor unserem Haus in ein Auto reingefahren ist?", fragte er und lachte dabei. Ich wusste, dass er mich damit irgendwie bloßstellen wollte, aber nicht mit mir. ,,Ja, kann schon mal passieren, aber juckt mich reichlich wenig", sagte ich zum ihm und lächelte dabei, um ihm zu zeigen, dass es mich nicht stört.
Nach der Schule ging ich mit Bonnie zum Bahnhof, da die anderen noch in die Stadt wollten. ,,Und, was war das vorhin? Wollte der dich blamieren?", frage sie und hob eine Augenbraue. ,,Ich weiß nicht, was er damit erreichen wollte, aber es hat nicht geklappt", lachte ich. ,,Solche Typen können mir gestohlen bleiben, ich bleibe bei denen in meinen Büchern", sagte ich ganz stolz und Bonnie schaute mich skeptisch an. ,,Stimmt, warum in der Wirklichkeit leben, wenn die Fantasiewelt doch so viel interessanter ist, was?", fragte sie mich sarkastisch und ich sah sie mit einem bösen Blick an, lachte daraufhin aber, denn irgendwie hatte sie ja zum Teil auch Recht.
Zu Hause erwartete meine Mutter mich mit einem leckeren Essen, Nudelauflauf, und gemeinsam saßen wir in der Küche, aßen den Auflauf und quatschten über dies und jenes. Um 4 musste meine Mutter los zur Arbeit und da ich heute keine Hausaufgaben aufbekommen habe, legte ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa und schaltete den Fernseher an. Während ich damit beschäftigt war eine gute Sendung zu finden, klingelte es an der Tür. Ich fragte mich, wer es sein könnte, denn unsere Familie wohnte nicht gerade in der Nähe und meine Freundinnen hätten vorher Bescheid gesagt. Als ich zur Tür ging, schaute ich zuerst durch den Spion, man weiß ja nie, und für einen Moment habe ich überlegt einfach wieder umzudrehen und nicht aufzumachen, aber so jemand bin ich nicht, also machte ich die Tür auf. Es war Kyle, wieso auch immer. ,,Hey, ich habe eine deiner Freundinnen gefragt, wo du wohnst und wollte mich für das von vorhin entschuldigen" kam von ihm und ehrlich gesagt, war mir das unangenehm. Ich meine, wir kennen uns nicht, also kann es ihm doch egal sein? Ich antworte mit einem schlichten ,,Ist doch okay, keine große Sache.. aber warum bist du hier? Das hätte doch auch bis morgen warten können", sagte ich ganz normal und er schien zu überlegen, antworte jedoch dann mit ,,Warum denn nicht? Man muss sich ja nicht gleich am ersten Tag in der Schule Feinde machen", sagte er irgendwie leicht belustigt und irgendwie hatte er einen Blick drauf, den ich nicht ganz deuten konnte. Es war so eine Art Arroganz.
Mit einer gehobenen Augenbraue schaute ich ihn an, verabschiedete mich mit einem ,,Achso na dann..
bis morgen, oder so?", und knallte die Tür zu.Was war das denn bitte?
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Just a Second
Roman pour AdolescentsAlex ist ein ganz normales Mädchen. Sie ist nicht sonderlich auffallend, was aber nicht da heißt, dass sie eine Außenseiterin ist, sie lebt nur in ihrer eigenen Welt. Dies ändert sich jedoch mit der Zeit, denn die Bekanntschaft mit dem Neuen, namen...