07 - Als ich dich küsste

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Ich starrte dich an, versuchte zu erfassen, wie das gemeint gewesen war, fand nur eine sinnvolle Erklärung.

Du sahst mich nur an, mit deinen großen, nachtdunklen Augen, ohne zu blinzeln, und so saßen wir eine Weile einfach da.

Und dann, ganz plötzlich, beugte ich mich vor und presste meinen Mund auf deinen. Nur für Millisekunden. In denen mein Hirn erst überrascht war, dann entsetzt und mich dann zurückweichen ließ. Ich starrte dich mit aufgerissenen Augen an.

„Scheiße. Tut mir Leid, Juli", krächzte ich, bevor ich auf die Füße kam und zurück ins Haus stürzte.

„Sanne! Warte, bitte!", riefst du mir hinterher, doch ich blieb nicht stehen. Ich rannte die Treppe hinauf, ins Bad, und schloss die Tür hinter mir ab. Dann sank ich mit dem Rücken gegen das Holz und umschlang meine Beine so fest ich konnte.

Ich hörte, wie jemand die Klinke hinunter drückte und klopfte. Dann deine Stimme, sanft und leise.

„Sanne? Sanne, ich weiß, dass du drin bist. Bitte mach die Tür auf, lass uns reden." Ich biss mir auf die Lippe um nicht laut aufzuschluchzen.

„Weinst du? Oh verdammt, Sanne, ich will nicht, dass du weinst. Erst recht nicht wegen mir. Dafür mag ich dich viel zu sehr. Bitte, bitte, bitte, mach auf."

Als ich nicht reagierte, sagtest du nichts mehr und ich dachte schon, du wärst gegangen. Doch dann drang deine Stimme erneut durch das Holz, kaum hörbar dieses Mal.

„Du willst jetzt nicht reden. Okay. Dann geh ich jetzt. Aber melde dich bei mir, Sanne. Bitte."

Nach einigen Atemzügen hörte ich, wie deine Schritte sich entfernten, ließ meinen Kopf gegen die Tür fallen und fing hemmungslos an zu schluchzen.

Ich weiß nicht, warum ich die Tür nicht öffnete, ich glaube, ich war einfach gelähmt. Gelähmt vor Angst, in diesem winzigen Augenblick unsere Freundschaft zerstört zu haben, weil ich deine Andeutung falsch verstanden hatte, gelähmt vor Angst, du könntest mich hassen. Ich hatte mir zwar so oft vorgestellt, dich zu küssen, aber immer zu viel Angst gehabt, war immer zu vernünftig gewesen. Und nun hatte ich es getan, ohne dass ich es wirklich entschieden hatte. Es war einfach passiert.

Ich musste vor Erschöpfung eingeschlafen sein, denn als es an der Tür klopfte, schreckte ich hoch.

„Susi?" Das war Eli. „Alle sind weg. Kommst du raus und sagst mir, was los ist?"

Ich rappelte mich auf, wobei jede einzelne Faser meines Körpers schmerzte, und drehte den Schlüssel herum. Zu mehr reichte meine Kraft nicht aus.

Eli öffnete die Tür, streckte den Kopf hindurch und musterte mich prüfend.

„Was ist passiert?", fragte sie.

Ich brach erneut in Tränen aus.

Ich träume von SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt