Kapitel 1

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"Mum, warum nennst du mich eigentlich Engelskind?"
"Ach Schatz, du wirst es schon..."
"ACHTUNG!"

Das waren die letzten Worte meiner Eltern, bevor ich ruckartig aus dem Sitz gegen die Lehne meiner Mutter geschleudert wurde und der Gurt sich schmerzhaft in meine Haut brannte.

Mein Kopf fühlte sich an als würde er jeden Moment zerspringen und
langsam durchdrangen auch die panischen Schreie meinen kleinen Körper und wickelten sich qualvoll um das wild pochende Herz in mir. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, mich irgendwie frei zu kämpfen, doch mein ganzer Körper war so schwer wie Zement, und bei jeder Bewegung hörte ich meine Knochen knacken.

Ein leises, unangenehmes piepen schlich sich in mein Ohr und vor meinen Augen fingen plötzlich die Lichter an zu flackern. Es war als würden sie tanzen. Ein großes durcheinander aus hellen und schwarzen Punkten, die sich irgendwann vor meinem inneren Auge ins Leere verloren.

Die ganzen Geräusche die vorher in meinem Kopf dröhnten, erschienen mir auf einmal unendlich weit weg und die Dunkelheit hatte den Raum aufgelöst. Es gab kein Unten und kein Oben mehr, kein Rechts und kein Links. Hier war niemand, und doch fühlte ich mich beengt, als wäre ich in eine Truhe gespärt worden.

War es ein Traum?
Wie lange war ich schon hier?

Ich hatte mein Zeitgefühl anscheinend komplett verloren. Es schien mir, als wäre es schon eine Ewigkeit. Aber vielleicht waren es auch nur ein paar Stunden. Oder Minuten.
Vorsichtig versuchte ich meinen Brustkorb mit sonst so frischer, kühler Luft zu füllen und das kitzelnde Kribbeln in meinem Bauch zu genießen, doch diesmal nahm ich nichts wahr. Das geliebte Gefühl, dass mir sonst so viel Geborgenheit gab, war weg. Das konnte doch nicht sein!

Hektisch sah ich mich um, doch das einzige was ich erkennen konnte, war völlige Dunkelheit. Also versuchte ich meine großen, schmalen Füße zu bewegen und meine langen Beine zu spüren. Doch wieder wurde ich enttäuscht.

War ich etwa gelähmt?

Langsam schaute ich mit steigender Panik in den Augen an mir herunter. Und was ich sah ließ mich erstarren. Ich hatte das Gefühl, als liefe mir der Angstschweiß gerade so an meinem Gesicht herunter. Mein Herzschlag erhöhte sich gefühlt um das zehnfache und ich merkte wie ich kurz davor war zusammen zu brechen. Denn anstelle meinen Körper zu sehen, blickte ich in die tiefe Leere.

Je länger ich dort hinunter starrte, desto ruhiger wurde ich.
Es war als wäre mein Blick an sie gefesselt, als würde sie mich immer weiter in ihren Bann ziehen.
Ein Gefühl der Schwerelosigkeit überkam mich und ließ alle in meinem Kopf rumschwirrende Gedanken verschwinden. Ich konnte mich einzig und allein nur darauf konzentrieren, ob ich es wollte oder nicht. Zum ersten Mal seit Jahren konnte ich mich endlich wieder fallen lassen. Ich merkte wie sich jeder Muskel in meinem Körper langsam entspannte und dieser ganze Druck von mir abfiel.
Die stressige Schule, die falschen Freunde, und die ganzen Tränen ließ ich einfach hinter mir. Dieser ganze Schmerz der mir wochenlang zusetzte, dem ich einfach nicht entkommen konnte, war weg.
Dieses Gefühl der Unbeschwertheit zog mich immer weiter nach unten, wie ein großer Strudel im tiefen Ozean. Es war als würde ich tauchen. Immer weiter und immer weiter. Niemand konnte mich mehr aufhalten. Es war einfach unbeschreiblich, besser als jeder Yoga oder Entspannungskurs den meine Mutter mir immer aufzwängte.

Doch plötzlich riss mich ein großer, weißer Blitz aus den Gedanken. Er schlug direkt neben mir ein, mit einer Helligkeit von tausend Sternen und ließ mich fast erblinden. Ich versuchte mich zu sammeln, wieder Herr über die Situation zu werden. Doch bevor ich es schaffte, kroch langsam und qualvoll ein weiterer, stechender Schmerz durch meinen Körper, von meinem Kopf, durch die Arme und Beine und wickelte sich letztendlich eng um mein armes Herz. Es schnürte mir schlagartig die Luft ab, so dass mir ein qualvoller Schrei empfuhr und ich hektisch nach Atem rang. Hilflos versuchte ich meinen Kopf zu umklammern, der jeden Moment drohte unter diesem unerträglichen Schmerz zu zerbersten, bis mich auf einmal eine eisige Kälte durchfuhr.

Mein Körper erstarrte und plötzlich schossen mir tausend Bilder durch den Kopf, die sich zusammen mit dem Schmerz zu einem riesigen Sturm in meinem inneren vermischten und alle anderen Gedanken und Gefühle verdrängten. Vor meinem Auge blitzte ein Bild von einem großen, alten Mann mit schneeweißem Haar, langem Bart und einem kleinen Bauchansatz auf. Er trug eine, mit goldenem Samt, verzierte Hose, darüber einen langen, goldenen Umhang, der bis zu seinen Knien ging und auf seinem Haupt saß eine große, goldene Krone, die mit blauen und gelben Diamanten, sowie vielen verschiedenen Einkerbungen verschönert wurde. Aus seinen gutmütigen, blauen Augen sah er liebevoll eine alte, etwas pumelige Frau mit langen, weißen Haaren und grünen Augen an, die sich gerade unter eine warme Decke kuschelte und ihm dabei mit einem strahlend weißem Lächeln zu grinste.

Auf dem nächsten Bild was aufblitzte, konnte ich nur rotes Gestein und Feuer erkennen, dass sich über die ganze Landschaft zog und jedes bißchen Leben auszulöschen schien.
Es war schier unaufhaltbar und glühte zu rot, als das es hätte echt sein können.

Beim nächsten aufblitzen sah ich ein unscharfes Zeichen, was sich nur schwer erkennen ließ. Es waren drei geschwungene Buchstaben, die sich ineinander verkeilten und jeweils mit Symbolen innen drin verziert waren. Der erste Buchstabe war golden, so wie der Samt des alten Mannes, der zweite war weiß und der dritte so rot wie das Feuer. Es schien fast als würde er selbst auch in Flammen stehen und alles verbrennen und zerstören wollen, was sich ihm in den Weg stellte.

Beim nächsten Bild zuckte ich panisch zusammen und die Angst kroch mir langsam den Rücken runter, so dass ich eine Gänsehaut bekam. Am liebsten hätte ich so laut es geht geschrien, doch das was aus meinem Mund kam, hörte sich eher wie das krächzen eines sterbenden Rabens an. Mir blieb die Spucke im Hals stecken und ich bemerkte dass ich hektisch nach Luft schnappen musste. Der Sturm in meinem Körper verstummte schlagartig und auch die Schmerzen waren verschwunden. Doch dass, was ich grade gesehen hatte, war um einiges schlimmer als alles was man hätte erleben oder fühlen können. Es übertraf alles, was ich mir jemals unter den schlimmsten Sachen vorgestellt hatte. Denn das, was sich gerade vor meinem Auge abgezeichnet hatte, war der blanke Tod.

Hi Leute,
Ich hoffe das erste Kapitel hat euch schon gefallen und ihr seit gespannt was als nächstes passiert und wo sie ist :)

Ich würde mich sehr freuen wenn ihr mir Feedback dalassen würdet, damit ich mich stetig verbessern kann und somit noch weitere tolle Geschichten entstehen können.

Ich werde versuchen pro Woche mindestens ein Kapitel zu Posten.

~L~

H&H- Mädchen des goldenen HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt