Himmelslicht und Teufelsfeuer

Prolog

“Aber das darfst du nicht machen“, flüsterte Luna leise während Moe einen Stuhl vor das hohe Regal in der Küche schob.
“Warum denn nicht?“, erwiderte dieser ebenso leise und kletterte auf den Stuhl.
Er streckte sich und erreichte mit Mühe und Not die Keksdose. Stolz hob er sie hinunter. Luna sah sich unterdessen ängstlich um, hatte die Ohren gespitzt und lauschte, ob sie vielleicht Schritte hören könnte, aber vorerst blieb alles still.
“Rafael hat gesagt, dass wir nur einen Keks essen dürfen und das haben wir schon gemacht.“
“Rafael schläft, der bekommt das gar nicht mit.“
Moe hatte die Dose auf den Boden gestellt und sich daneben gesetzt. Mit seinen kleinen Händen drehte er etwas unbeholfen den Deckel auf.
“Komm Luna“, forderte er sie auf und hielt ihr auffordernd die Dose hin, “Lass uns ein Abenteuer erleben!“
Luna zögerte einen Moment. In ihrem Kopf ratterte es. Für ein Kind das freien Zugriff auf eine Dose voll mit frisch gebackenen Keksen hatte, zögerte sie einen Moment zu lange.
“Nein“, sagte sie dann und schüttelte den Kopf, “Wir haben es Rafael versprochen!“
“Rafael wird nie etwas erfahren“, Moe griff entschlossen nach einem Keks.
“Mach das nicht Moe, wir wollen doch keinen Ärger und ich weiß, dass du nicht böse bist.“
Diese Aussage ließ Moe zögern. In der Grundschule wurde er immer als “böser Junge“ bezeichnet, weil er den anderen Kindern Streiche spielte und seine Hausaufgaben nicht machte. Sogar Rafael hatte schon einmal gesagt, dass er böse war, als er damals die Katze von ihrer Nachbarin Frau Lehmann am Schwanz gezogen hatte. Dass Luna ihn nicht für böse hielt, beeindruckte ihn schwer.
“Na gut“, murmelte er und ließ den Keks schweren Herzens wieder in die Dose fallen, “Aber kommst du dann mit raus auf den Spielplatz? Vielleicht wartet dort ein anderes Abenteuer auf uns.“
“Natürlich komme ich mit! Ich sag nur schnell Rafael bescheid, dass wir gehen und du stellst die Kekse wieder weg“, rief Luna und lief los.
Zum Glück bemerkte sie Rafael nicht, der die ganze Zeit hinter der Tür gestanden und gelauscht hatte. Er nickte anerkennend. Das Mädchen würde seine Aufgabe einmal mit Bravour erfüllen, da war er sich sicher.
Zu diesem Zeitpunkt wusste er allerdings noch nicht wie viele ungelüftete Geheimnisse ihren Erfolg noch beeinflussen sollten.