MAYBE NOT

Ein letztes Mal

Zoey

Ich schaute in den großen Badezimmer Spiegel und sah langes braunes Haar, welches die Figur eines dünnen, großen 16 Jährigem Mädchen umschlang. Ich würde sagen, sie sah wunderschön aus aber das tat sie nicht. Definitiv nicht.
Ihre Augen waren Angeschwollen, da ihr in der letzten Nacht ohne Pause die nassen Tränen über die Wangen kullerten. Ihre dunklen, erschöpften Augenringe hingen ihr bis zu den Mundwinkel und man erkannte, dass sie kein Auge zugemacht hatte. Alles in ihrem Gesicht deutete auf Traurigkeit hin und sie hatte allen Grund dazu.
Das Mädchen vor mir war ich. Zoey Müller. Ich war das Mädchen, das in kürze alle ihre Freunde im Stich lässt, ihren Freund, ihre Familie, jeden der nur die kleinste Bedeutung in ihrem Leben hatte.
Und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ich die einzige bin die deswegen so sehr trauerte...ich weiß noch, als mein Bruder mich verlassen hatte, fühlte ich mich einsam... es hat mein Herz aus meiner Brust gerissen. Er ist nicht gestorben, er hatte nur das perfekte Job Angebot, im perfekten Kontinent, in der perfekten Stadt bekommen... nur eins musste er opfern, seine Heimat. Und nun mache ich das gleiche, ein Jahr lang. Ich werde heute Abend in einen Flieger nach Seattle sitzen, ein Jahr lang bei meinem Bruder wohnen und in eine Highschool besuchen, was wohl ein Traum eines jeden Teenagers war.
Werde dafür aber ein Jahr lang meine Freunde nicht sehen, meine Schwester im Stich lassen, meine Eltern und auch meine Freunde.
Von München nach Seattle in einer Nacht...

Meine schlappen Füße tragen mich langsam die Treppen nach unten, wo meine Eltern und mein fünf Jähriger kleiner Bruder schon am Esstisch auf mich warteten.
Natürlich dachte meine Mutter, dass es zum Abschied ein Frühstück geben sollte, welches man sich wie in einer perfekten vorzeige Familie vorstellen konnte. Man sollte das jetzt nicht falsch verstehen, wir waren eine Familie wie jede andere auch. Wir hatten unsere Macken, stritten auch öfters mal aber meine Mom wollte, dass wenigstens heute alles perfekt ist.
„Guten Morgen Spätzchen" hörte ich die Müde Stimme meiner Mutter leise sagen, als sie mich die Treppen runter laufen sah. Sie deutete mir mit ihrer Hand, sich zu ihnen zu setzen und zu frühstücken. Und natürlich tat ich das auch.
Vor mir erstreckte sich über den ganzen Tisch leckeres Essen und ich hatte wirklich keinen blassen Schimmer wo ich Anfangen sollte.
„Und bist du schon aufgeregt?" wieder war es meine Mutter die etwas sagte. Ich blickte in die Augen meines Vaters in der ich jetzt schon sah wie sehr er mich vermissen wird. Ich war eben seine kleine süße Prinzessin. Zu der Frage meiner Mutter erwiderte ich dann nur ein kurzes Schulterzucken, sie konnte ruhig merken, dass ich meine Zweifel hatte.
„Zoey du weist, dass das die größte Chance für deine Zukunft ist... Es ist ein Jahr in einer Highschool, andere Mädchen in deinem Alter würden für so etwas alles machen und du hast die Möglichkeit dazu. Nutze sie." Ich wusste sie hatte recht. Doch nicht sie war diejenige, die alles im Stich lassen musste.

Nach gefühlten stunden voller Schweigen machte ich mich dann doch wieder auf den Weg in mein Zimmer, heute war der Tag an dem ich mich verabschieden musste. Dafür hatte ich meine beste Freundin, ihren Freund und meinen Freund um eine Verabredung gebeten in unserem Lieblingscafe im Zentrum Münchens.

Ich drücke den Türknopf nach unten und trete in das Licht durchströmte Zimmer ein in dem ich mich mein ganzes bisheriges Leben so wohl gefühlt hatte. Ich ziehe mein Handy aus meiner Hosentasche und sehe, dass es bereits 12 Uhr war. Ab 15 Uhr war ich verabredet, also noch genügend Zeit meine wichtigsten Sachen zusammenzupacken, mein Zimmer aufzuräumen und mich fertig zu machen. Naja, hoffentlich genügend Zeit.

Ich schaltete meine steinalte Stereoanlage an und drehte die Musik auf volle Lautstärke, dass sie ganze weite Welt um mich herum plötzlich verschwindet. In der Anlage lief das Lied 'Sign of the Times' von Harry Styles und sang laut und voller Emotionen mit weil ich wusste das mich niemand hörte.

Welcome to the final show
Hope you're wearing your best clothes
You can't bribe the door on your way to sky
You look pretty good down here
But you ain't really good