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Ich lasse gestresst die Luft aus meinem Mund raus, die ich zuvor in meiner Mundhöhle angestaut habe. Während ich mich durch die große Menschenmenge durchkämpfe, werde ich dadurch immer wieder hin und her geschubst und stoße andauernd gegen andere Menschen, die mir böse Blicke zuwerfen. Seufzend schaue ich auf mein Handy und betrachte die fünf Prozent Akku, die mir noch übrig bleiben bis sich mein Handy ausschaltet, fast so, als wären sie die Zeit einer tickenden Bombe.

Mit einem genervten Blick sehe ich mich im Einkaufszentrum um, versuche irgendwo zwischen den ganzen Köpfen meine Freundin, mit der ich mich eigentlich treffen sollte, zu finden, jedoch fehlt von ihr jede Spur.

Zappelnd folge ich weiter dem Flur, als ich merke, dass ich wieder am Eingang angekommen bin, wo ich die Suche begonnen hatte. Zum vierten Mal. Ich drehe mich verzweifelt um, gehe einige Schritte weiter, bleibe dann aber wieder stehen, da ich weiß, dass es eh nichts nützen würde sie erneut zu suchen.

„Wenn ich dich nochmal hier treffe, spendierst du mir einen Drink", ertönt plötzlich eine Stimme hinter mir, die mir mehr als bekannt scheint. Sie scheint alles andere als fremd, sie ist tatsächlich die schönste Stimme, die ich jemals hörte.

Verklemmt halte ich die Luft an und drehe mich sowohl skeptisch, als auch neugierig um, als ich in das Gesicht eines jungen Mannes schaue. Seine grünen Augen strahlen unglaublich stark, das Lächeln auf seinen roten Lippen lassen seine Grübchen hervor scheinen und seine Haare sind plötzlich kurz und perfekt nach oben gestylt.

Mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich merke, wie ein kalter Schauer meinen Rücken runterläuft und sich die Nackenhaare zu Bergen stellen. Mein Atem stoppt im selben Moment, ich bin weder in der Lage aus- oder einzuatmen und für einen Augenblick kann ich mich kaum bewegen.

Harry Styles.

Meine erste, wahre und große Liebe. Der Mann, der mir zeigte, was es hieß wirklich zu lieben und wie es war bedingungslos geliebt zu werden. Er war derjenige, mit dem ich für immer zusammen sein wollte und er war derjenige, der bis zum letzten Atemzug an meiner Seite sein sollte. Genau derjenige steht nach etwas mehr als zwei Jahren vor mir.

Meinen Körper überfluten unzählige, schmerzhafte Stiche, die sich anfühlen, als wäre mir mit jeder Sekunde, in der ich ihm regungslos in die Augen starre, ein Messer ins Herz gestochen worden. Ein kurzer, jedoch unmenschlich starker Stich.

Mein Gehirn wird überschwemmt mit alten Erinnerungen, während die Zeit um mich herum stehen bleibt und ich die ganzen Menschen ausblende. Ich werde unbewusst in unsere Vergangenheit zurückversetzt, sehe in Sekundenschnelle alle unsere besonderen und einzigartigen Momente vor meinen Augen abspielen.

Erschrocken schaue ich ihn an, merke wie mein Herz richtig zu pumpen beginnt, als er leise lacht. „Ich meine, wie oft bis du schon hier hergelaufen? Fünf, sechs mal?"

„Fünf mal", korrigiere ich ihn mit leiser, geschockter Stimmfarbe, ihn noch immer bestürzend anstarrend. Mein Kiefer beginnt zu kribbeln und ich presse schnell meine Lippen zusammen, wobei meine Mundwinkel nach oben zucken und ein Gefühlschaos in meinem Inneren herrscht.

Sein Augenpaar gleitet meinen Körper kurzerhand auf und ab, was mich ehrlich gestanden ein wenig einschüchtert. „Du siehst... umwerfend aus, Daisy" Ich senke meinen Blick auf dieses Kompliment, versuche mich währenddessen zu fassen und nicht so aufgelöst zu wirken. „Warte, sind deine Haare dunkler, oder bilde ich mir das ein?" Mein Kopf erhebt sich erneut, und ich kann mir vor kleiner Empörung ein Lächeln nicht verkneifen. Der Gedanke, dass ihm selbst eine Haartönung aufgefallen ist, lässt mich glauben, dass wir nie voneinander getrennt waren. Dass er ständig an meiner Seite war, obwohl das nicht der Fall war. Ich räuspere mich und komme wieder in die Realität zurück. „Zwei Nuancen dunkler", erwidere ich kurz und knapp und unterdrücke ein starkes Zittern in meiner Stimme, als ich mich zu einem erneuten Lächeln zwinge, um bloß nicht emotional zu werden, inmitten sich ein Kribbeln in meiner Bauchgegend bemerkbar macht.

„Sieht schön aus", murmelt er fast schon verträumt und beißt sich auf die Lippe. Ich stehe kommentarlos da und kann kein Wort über meine Lippen bringen. Er schaut kurz auf den Boden, legt seine Hand auf seinen Nacken, ehe er wieder seinen Blick hebt, mich intensiv mit seinen Augen durchbohrt. Es scheint für einen kurzen Moment so, als wäre uns die Stille unangenehm, trotzdem aber verliere mich im Handumdrehen förmlich in seiner Augenfarbe und dem Ausdruck, mit dem er mich ansieht.

„Uhm, brauchst du Hilfe oder so etwas? Du sahst nämlich gerade so aus, als hättest du irgendetwas gesucht und du kamst mir... irgendwie ziemlich verzweifelt rüber. Ich kann dir helfen, wenn du willst", holt er mich aus meiner kleinen Trance raus und sieht mich fragend an, während ich meine Schultern hängen lasse, mich noch einmal umsehe, dann langsam zu nicken beginne. „Ich... Also- Du erinnerst dich sicherlich noch an Maya, richtig? Eigentlich sollten wir uns vor einer Stunde hier treffen, aber, naja, anscheinend hat sie das Treffen irgendwie vergessen, schätze ich", antworte ich noch etwas perplex und fahre mir durch die Haare, ehe ich mich noch einmal umschaue, damit ich nicht wieder seinen Augen verfalle und mich einigermaßen unter Kontrolle habe.

„Hast du versucht sie anzurufen?", fragt er weiter und ich nicke, gaffe derweil auf eine große Pflanze, die meine komplette Aufmerksamkeit bekommt. „Ja, um genau zu sein siebzehn Mal", antworte ich schließlich und erspähe im Augenwinkel, wie er eine Augenbraue anhebt, inzwischen verunsichert grinst. Warum zähle ich alle Dinge so genau? „Und was willst du jetzt machen?" Etwas überfordert mit der Frage zucke ich mit den Achseln, stelle mir sie dabei selbst. Eine Antwort darauf zu finden scheint mir in diesem Augenblick viel zu kompliziert und umfangreich, weshalb ich es einfach bei einem simplen Schulterzucken belasse.

Er presst seine Lippen zusammen und gleichzeitig spüre ich für wenige Sekunden seine Augen auf meinem Gesicht, ehe er seine Hände ein wenig unentschlossen in seinen Hosentaschen vergräbt. „Möchtest du vielleicht- uh, also, wenn du Zeit hast und nichts vorhast- mit mir auf einen Drink oder so? Ich meine, wir haben uns sicherlich einiges zu erzählen"

Sofort schießt mein Blick wieder auf ihn und mein Herz schlägt bei den Worten sicherlich um das Dreifache höher, währenddessen ich noch einmal sicher gehen muss mich nicht verhört zu haben. Obwohl mein Herz nach einem lauten Ja schreit, bleibe ich trotzdem still, mustere ihn bloß mit offenem Mund. Ich bekomme eine Rückblende von unserem ersten Date und ich kann nicht glauben, dass er mich gerade, wie damals auch, auf einen Drink einlädt.

Es herrscht komplettes Schweigen zwischen uns beiden, nur das hektische und laute Atem meinerseits und das Gerede der Menschen, die sich an uns vorbei quetschten, ist zu hören, wobei mich diese so bekannte, jedoch fremde Stimmung zwischen uns beinahe in den Wahnsinn treibt.

„Gerne, Harry"

till death do us part x harry stylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt